US-Banken Jamie Dimon als Präsident? Für JPMorgan-Aktionäre ist eine andere Frage viel wichtiger

Jamie Dimon, Vorstandsvorsitzender und Chief Executive Officer von JPMorgan Chase & Co. Quelle: REUTERS

Der Hedgefonds-Manager Bill Ackman fordert den JP Morgan Chase-Chef zur Kandidatur auf. Dimon hat als CEO Außerordentliches geleistet, die Bank steuerte er durch alle Krisen – und sie war oft Profiteur. Seine Nachfolge ist indes eine Baustelle.

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Joe Biden, Donald Trump, Ron DeSantis, Nikki Hager, Chris Christie, Mike Pence – das Feld der Präsidentschaftskandidaten füllt sich immer mehr, vor allem auf Seiten der Republikaner. Wer kann Donald Trump schlagen? Das scheint dabei eine fast wichtigere Frage zu sein als: Wer schlägt Joe Biden?

Wenn es nach Hedgefonds-Legende Bill Ackman geht, soll noch ein mächtiger Manager in den Ring steigen – und zwar für die Demokraten, also als innerparteilicher Herausforderer von Biden: niemand Geringeres als JP Morgan Chase-Chef Jamie Dimon. Ackman setzte vor einigen Tagen einen langen Tweet ab, der es in sich hatte:

„Jamie Dimon ist einer der angesehensten Wirtschaftsführer der Welt“, schrieb er. „Politisch steht er in der Mitte. Er ist für die Wirtschaft und das freie Unternehmertum, befürwortet aber auch gut durchdachte Sozialprogramme und eine vernünftige Steuerpolitik, die den weniger Begünstigten helfen kann.“ Und dann gab es einen Seitenhieb auf Biden, den man im Original lesen sollte (): „@POTUS ist extrem schwach und in kognitivem Verfall begriffen. 70% der Demokraten wollen nicht, dass er kandidiert. Bidens Schwäche eröffnet eine große Chance für einen qualifizierten Außenseiter, als Demokrat zu kandidieren“ (POTUS steht als Abkürzung für: „President of the United States“):



Ich halte es für unrealistisch, dass Dimon kandidiert – aber Ackmans Tweet lenkte meinen Blick noch mal auf JP Morgan Chase & Co.

Was Dimon geschaffen hat, ist außerordentlich. Seit 2005 steht er an der Spitze von JPMorgan, hat die Bank durch die Finanzkrise navigiert – aus der sie stärker denn je hervorgegangen ist. Die Großbank ist nicht irgendeine Bank, sie ist die Bank der USA, und sie hat in der jüngsten Bankenbeben Mitte März wieder eine Schlüsselrolle gespielt – als Retter und Ordnungsmacht.

Sie tut das immer mit einem schalen Beigeschmack: Die Banken sind zu groß, hieß es einmal nach der Finanzkrise – und durch Rettungen macht man sie oft noch größer. So geschehen in der Schweiz mit der UBS (die die Credit Suisse schluckte); so geschehen in den USA: JP Morgan hat sich gerade erst First Republic einverleibt – ein ziemlich guter Deal mit guten Assets.

Größe und Rettung gehören zu der Geschichte der Bank dazu, schließlich wurde der Mythos der Bank begründet, während der Panik von 1907, als der alte J.P. Morgan die Stützung des Finanzsystems orchestrierte. Die Kurse an der New York Stock Exchange fielen damals um fast die Hälfte, es kam zu zahlreichen Bankruns – und diese Krise führte schließlich zur Gründung der US-Notenbank Fed.

Am Ende gewinnt immer JP Morgan

In Anlehnung an Gary Lineker könnte man sagen: „Banking ist ein Geschäft mit vielen Nullen und am Ende gewinnt immer JP Morgan“ – auch weil man gegebenenfalls die Regeln ändert. JP Morgan hatte schon vor der First Republic-Übernahme 13 Prozent aller US-Einlagen, obwohl eigentlich nur ein Marktanteil von zehn Prozent erlaubt ist. Aber es gab dann eben eine Sondergenehmigung.

Auch als Inbegriff von Systemrelevanz ist JP Morgan der Profiteur der jüngsten Bankenkrise, da viele Kunden von Regionalbanken Teile ihrer Einlagen bei der Großbank in Sicherheit gebracht haben – zu teilweise sehr niedrigen Zinsen von unter einem Prozent, während JPM das Geld entweder zinsbringend verleiht oder zu fünf Prozent bei der Fed deponieren kann. Der Zinsüberschuss dürfte im zweiten Quartal weiter kräftig gestiegen sein.

Die starke Marktposition der Bank spiegelt sich auch an der Börse wider: Mit 410 Milliarden Dollar Börsenwert ist JP Morgan die größte Bank der USA, die Bank of America auf Rang zwei folgt erst mit großem Abstand (228 Mrd. US-Dollar). Inklusive reinvestierter Dividenden (Gross Total Return) hat die Aktie mit einem Plus von 410 Prozent während der Amtszeit von Jamie Dimon sogar den S&P 500 (+ 380 Prozent) geschlagen – und das trotz Tech-Euphorie und Niedrigzinsphase. Der Aktienkurs ist seit Ende 2005 von 40 auf 140 Dollar gestiegen; dazu gab es in Summe brutto knapp 35 Dollar Dividende. Man holte also den Einstiegskurs zu 80 Prozente über Dividenden „raus“.

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Zwar hatte JP Morgan die Dividende 2009/10 wie alle US-Banken drastisch gesenkt, aber bereits 2014 wieder eine höhere Dividende gezahlt als vor der Finanzkrise. Mit 4,12 Dollar je Aktie – eine Rendite von immerhin knapp drei Prozent – ist die Dividende zweieinhalbmal so hoch wie vor der Finanzkrise. Nur zum Vergleich: Bei der Bank of America ist die Dividende noch immer nur die Hälfte dessen, was 2008 gezahlt wurde; Wells Fargo hatte nach einem Dividendenrekord 2019 dann 2020/21 die Dividende dritteln müssen.

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis von JP Morgan liegt bei 1,5. Man zahlt für die Bank also mehr als das, was an Assets in der Bilanz steht. Das ist ein besonderer Vertrauensbeweis im Hinblick auf die Ertragskraft. Die drei anderen großen Universalbanken Bank of America (0,91), Wells Fargo (0,98) und Citi (0,48) werden an der Börse unterhalb ihres Buchwerts gehandelt. Auch wenn die Ratios nicht so niedrig sind wie bei der Deutschen Bank, wo man noch immer darüber streiten kann, ob die 0,29 eine dramatische Unterbewertung oder ein Misstrauensvotum darstellen.

Von der KGV-Bewertung her ist JP Morgan mit neun bis zehn etwas teurer als die Rivalen. Aber relativ zu anderen Branchen ist das für einen Marktführer noch immer eine niedrige Bewertung. Auch aus guten Gründen: Das Bankgeschäft ist vielfältigen Risiken ausgesetzt – nur diese Risiken werden selbst bei einem Qualitätstitel noch attraktiv prämiert.

Insofern: Wenn man US-Banken im Portfolio haben will, ist JP Morgan Chase die erste Wahl. (Auch ich habe diese Aktie seit Ende letzten Jahres im Depot – obwohl ich Bankaktien sonst eher meide.)

Nur eine Frage quält uns Aktionäre: Wer kommt nach Jamie Dimon? Sein Vertrag läuft dieses Jahr aus und es ist nicht klar, ob er noch mal fünf Jahre dranhängt. Er ist 67, hat eine schwere Krebserkrankung überstanden, 2020 einen Aorta-Durchbruch und kokettiert gelegentlich mit einem Wechsel in die Politik. Aber wie so viele erfolgreiche Manager hat er es versäumt, einen klaren Nachfolger aufzubauen: Klar, sein COO könnte übernehmen, aber Daniel Pinto ist eben auch schon 60 und gilt als nicht sonderlich erpicht auf den Chefsessel. Also vielleicht eine Doppelspitze? Jennifer Piepszak (CFO, 51) und Marianne Lake (Ex-CFO, Head of Consumer Banking, 53) wären vom Know-how, ihrer Bilanz und vom Ansehen in der Bank prädestiniert – verfügen allerdings nicht über die „Gravitas“ von Dimon. Und das bei JP Morgan Chase – siehe Bankenrettungen – außerordentlich wichtig.

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Also bleibt meine Prognose: Dimon kandidiert nicht für die Präsidentschaft, sondern bleibt noch zwei Jahre, bis die Nachfolge bei JP Morgan Chase geklärt ist.

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