Chefwechsel bei Vodafone Deutschland Einfach mal die Hausaufgaben machen

Marcel de Groot übernimmt bei Vodafone Deutschland das Ruder. Quelle: dpa

Deutschland-Chef Philippe Rogge verlässt Vodafone, ohne Lücken in IT- und Vertriebssteuerung geschlossen zu haben. Sein Nachfolger Marcel de Groot bläst zum Angriff. Vorher sollte er saubere Arbeit im Vertrieb durchsetzen. Ein Kommentar.

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Ehrlicher und transparenter werden, das war das erklärte Ziel vom früheren Microsoft-Manager Philippe Rogge, als er vor etwa einem Jahr bei Vodafone Deutschlandchef wurde. Am liebsten hätte er gleich die gesamte Branche mit reformiert. Doch dazu fehlte ihm die Macht im eigenen Haus. Der Belgier blieb ein Außenseiter. Seine bedachte und leise Art passte nicht zu dem roten Konzern, bei dem eigentlich alles auf Giga eingestellt war.

Sogar der entscheidende Vertrag während seiner Amtszeit, das Roaming von Ralph Dommermuths 1&1 von Telefónica auf eigene Netze zu holen, wurde in London ohne Rogges Zutun verhandelt. Er selbst investierte in eher subtile Verbesserungen. Er sanierte das Kabelnetz, das während der Pandemie viele Kunden erzürnte. Er warb nicht mehr mit übertriebenen Leistungsversprechen wie „spare bis zu“, sondern mit „spare mindestens“. Und er passte die im Kleingedruckten versprochene Geschwindigkeit des 5G-Netzes von 500 auf realistischere 300 Mbit je Sekunde an. Das war die richtige Richtung – der große Wurf war es nicht.

Ausgerechnet die von ihm durchgesetzte Gebührenerhöhung im Kabelsegment wird jetzt vor Gericht mit einer Sammelklage angefochten – Rückzahlungen in Millionenhöhe drohen. Es wäre Rogges Aufgabe gewesen, die Preiserhöhung so zu gestalten, dass sie rechtssicher ist. Der Aktienkurs der Vodafone Group brach um fünf Prozent ein, als Investoren das Risiko für Vodafones wichtigsten Markt, Deutschland, klar wurde. Jetzt, da Rogges Rücktritt zeitgleich mit dem Verkauf des Italien-Geschäfts bekannt wird, erholt sich die Aktie nur um drei Prozent.



Schon vor seinem Start war Rogge von einem Whistleblower ins Bild gesetzt worden über Missstände in der Vertriebsstruktur in seinem Haus, die dazu führen, das Vodafone bei Verbraucherschützern sehr viel häufiger negativ auffällt als die Konkurrenz. Doch statt die genau dokumentierten Fälle zu überprüfen und zu beheben, folgte Rogge dem Spin seines Vorgängers Hannes Ametsreiter, der den Whistleblower als Erpresser bei den Behörden anzeigte.

Vodafone verliert Marktanteile

Das aber könnte noch zum Eigentor für Vodafone werden: Bei der Verhandlung könnten auch Verhältnisse aufgedeckt werden, die das Vodafone-Management selbst belasten.

Richtig hart griff Rogge vielleicht auch deshalb nicht gegen die saloppen Sicherheitsregeln im eigenen Hause durch, weil das weiter Kunden gekostet hätte. Den bedrohlichsten Trend nämlich hat Rogge nicht stoppen können: Vodafone verliert Marktanteile. Im Mobilfunksegment schaffte Rogge zwar die Schubumkehr, wuchs aber längst nicht so kraftvoll wie die beiden Konkurrenten. Im Kabel- und TV-Segment droht sich der Kundenrückgang wegen Änderungen der gesetzlichen Bestimmung zur automatischen Abrechnung sogar erheblich zu beschleunigen. 

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Für den begeisterten Segler und früheren Olympioniken Philippe Rogge übernimmt der jetzige Privatkundenchef Marcel de Groot das Ruder. Der Niederländer gilt als Mann für schwierige Zeiten, der schon in Irland und den Niederlanden den Turnaround geschafft hat. Er verspricht in einem LinkedIn-Post, „weiter die Hausaufgaben zu machen“. Vodafone-Kunden können nur hoffen, dass er das angesichts der vielen offenen Baustellen im Vertrieb sehr ernst meint. Zugleich kündigt der 54-Jährige, der seit 2008 für Vodafone arbeitet, nämlich auch an: „Wir werden gleichzeitig auf Angriff schalten.“ Sein Versprechen: „Wir werden wieder ein starker, schneller, mutiger und erfolgreicher Telko-Spieler.“ 

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