Elektronisches Rezept Wenn die Patienten schneller in der Apotheke sind als das E-Rezept

E-Rezept: Patienten sind oft schneller in der Apotheke als das elektronische Rezept. Quelle: imago images

Der Start des elektronischen Rezepts in Deutschland verlief holprig. Zwei börsennotierte Unternehmen zählen allerdings zu den Gewinnern.

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Ist Ihnen das auch schon passiert? Nach einem Arzttermin Anfang Januar erhielt ich in der Praxis wieder nur das gewohnte, rosafarbene Papierrezept. Dabei sind die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland seit dem 1. Januar 2024 verpflichtet, ein elektronisches Rezept, das sogenannte E-Rezept, auszustellen. Es gebe technische Schwierigkeiten, erklärte mir die freundliche Dame an der Rezeption.

Das war kein Einzelfall, wie ich inzwischen weiß. Der Start des E-Rezeptes in Deutschland verlief holprig, in zahlreichen Praxen gab es Probleme. Auch das Einlösen in der Apotheke klappte oft nicht.

In einer Umfrage des Apothekerverbandes Nordrhein klagten 77 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker über Schwierigkeiten beim Abrufen und Bearbeiten der E-Rezepte. Grund sei zumeist, dass Ärzte die elektronischen Rezepte fehlerhaft ausgefüllt hätten, hieß es.

Probleme mit Signatur der E-Rezepte

Und manchmal dauerte es auch schlichtweg zu lange: Einige Patientinnen und Patienten waren nach dem Arztbesuch schneller in der Apotheke als ihr E-Rezept, hat Jens Naumann, Geschäftsführer von medatixx, einem Softwareanbieter für Arztpraxen, beobachtet. „Das führt natürlich zu Unmut bei den Patienten und zu Verwunderung bei den Arztpraxen“, berichtet Naumann.

Er kann auch erklären, woran das liegt: „Die Praxen nutzen die sogenannte Stapelsignatur, bei der mit zeitlicher Verzögerung mehrere Rezepte gleichzeitig signiert werden, und nicht die für E-Rezepte geeignete unmittelbare Komfortsignatur.“ Mit der Umstellung auf die Komfortsignatur in den Praxen konnten die Probleme dann allerdings behoben werden.

Viele Patienten wissen nichts vom E-Rezept

Eine weitere Hürde, erläutert Naumann, sei die fehlende Aufklärung der Patientinnen und Patienten. Denn noch ist das E-Rezept in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Die Praxisteams müssen viel erklären und diskutieren – während sich die Wartezimmer mit zahlreichen Erkältungspatienten füllen. „Einmal mehr werden Lasten aus der Digitalisierung auf die Praxen abgewälzt“, kommentiert Naumann.

Wer vom E-Rezept profitiert

Bei allen Problemen und Pannen: Es gibt auch Gewinner des E-Rezepts. Die Aktienkurse von Redcare Pharmacy (ehemals Shop Apotheke) und DocMorris legten zu Jahresbeginn tendenziell zu. Die Berenberg Bank hat die Kursziele für die beiden holländischen Versandapotheken im Januar angehoben. Der elektronische Übertragungsweg soll künftig das Geschäft der Großversender erleichtern.

Allerdings ist noch nicht ganz klar, auf welchem Weg die E-Rezepte künftig in den Versandapotheken am besten eingelöst werden. Bislang nutzen die meisten Deutschen ihre elektronische Gesundheitskarte zum Einlösen – über die entsprechenden Kartenlesegeräte in den Apotheken. Allerdings funktioniert diese Steckkartenlösung nur in den Vor Ort-Apotheken – und nicht in den Versandapotheken.

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An einer digitalen Lösung, die im ersten Quartal 2024 einsatzfähig sein soll, wird gearbeitet. Wie das dann funktionieren soll, erklärt DocMorris so: Über das Smartphone rufen Patienten künftig in der DocMorris-App die Funktion „Gesundheitskarte einlesen“ auf. Anschließend geben sie die auf der elektronischen Gesundheitskarte (Vorderseite) aufgedruckte sechsstellige Zugangsnummer ein, halten die Karte an das Smartphone, wo dann die ausgestellten E-Rezepte angezeigt werden. Dann müssen die Medikamente noch ausgewählt werden und können mit einem weiteren Klick bei DocMorris eingelöst werden.

E-Rezept soll Schub für DocMorris & Co. bringen

Bislang ist der Übertragungsweg für DocMorris-Kunden noch deutlich komplizierter: Die meisten Patientinnen und Patienten scannen den entsprechenden QR-Code, den sie in der Arztpraxis erhalten, oder schicken den Papierausdruck gleich per Post ein.    

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Der neue elektronische Übertragungsweg soll die Geschäfte der Online-Anbieter beflügeln. Immer vorausgesetzt, dass sich genügend Interessenten finden – und sich bis dahin nicht allzu viele Patientinnen und Patienten an die Stecklösung in der Vor-Ort-Apotheke gewöhnt haben.

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Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 11. Januar 2024 bei der WirtschaftsWoche. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.

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