Güterbahn Nikuttas Plan für DB Cargo: mehr Verlässlichkeit, mehr öko

Vor einem Jahr startete Sigrid Nikutta ihren Job bei der Deutschen Bahn als Vorstand Güterverkehr. Quelle: dpa

Die Coronakrise trifft DB Cargo mit voller Härte. Transportchefin Sigrid Nikutta will nun neue Kunden für den Schienenverkehr begeistern und fordert ein Gütesiegel für den Endverbraucher. Bleibt nur die Frage, wie der Bahnstrom produziert wird. 

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Mit Marketing kennt sich Sigrid Nikutta aus. Vor einem Jahr, als der erste Lockdown die Grenzen in Europa verriegelte, trommelte die DB Cargo-Chefin für ihren „Pasta-Express“. Lebensmittelproduzenten hätten in der schwierigen Zeit die Schiene als Transportmittel entdeckt, sagte sie. DB Cargo sei auch im Lockdown etwa zwischen Italien und Deutschland verlässlich gefahren – mit Nudeln in den Güterwaggons. Der Umsatz brach zwar ein, aber das Image glänzte. 

Nikutta hat nun eine neue Idee – und fordert ein neues Gütesiegel für den Cargoverkehr. „Wir arbeiten daran, dass wir irgendwann ein Transportsiegel haben“, sagte die Bahnmanagerin im WirtschaftsWoche-Podcast „Chefgespräch“. Ziel müsse es sein, dass Verbraucher im Supermarkt auf den Verpackungen sofort erkennen könnten, „wie das Produkt transportiert wurde“, sagte Nikutta. Kunden sollen so sehen, ob die Waren etwa mit einem Diesel-Lkw oder mit der Schiene zum Kunden kämen. Einen Vorschlag für den Siegeltext hat sie bereits: „Transportiert auf der umweltfreundlichen Schiene“. Sie habe das Thema auch schon in Brüssel vorgestellt – als Maßnahme für ganz Europa. Es sei gut angekommen. 

Positive Botschaften kann die Güterbahn gut gebrauchen. Die Coronakrise hat das ohnehin notorisch dicke Minus der Bahntochter weiter aufgerissen. „Der Einbruch im ersten Quartal war massiv“, sagte Nikutta im WiWo-Podcast. Konkrete Aussagen zum Umsatzminus für 2020 machte sie keine. Nur so viel: bei den wichtigen Kunden Stahlindustrie und Autosektor habe es ein deutliches Minus gegeben. „Wir können nur das fahren, was auch produziert wird“, sagte Nikutta. „Wir stehen am Anfang und am Ende der Produktionsketten.“ Im Gesamtjahr dürfte der Umsatz daher deutlich zweistellig eingebrochen sein.

Sigrid Nikutta hat einen der härtesten Jobs der Republik. Im Podcast erzählt sie, wie sie führt, warum die europäische Kleinstaaterei Innovationen bremst und wie sie den Güterverkehr der Bahn wieder sexy machen will.
von Beat Balzli, Christian Schlesiger

Vor einem Jahr startete Nikutta ihren Job bei der Deutschen Bahn. Die Aufgabe ist gewaltig. Ausgerechnet in einer Pandemie muss sie das sanierungsbedürftige Transportgeschäft auf der Schiene umbauen. Seit Jahren schreibt DB Cargo Verluste in dreistelliger Millionenhöhe. Ihre wichtigste Entscheidung im ersten Lockdown: „Ruhig bleiben.“ Ihr sei klar gewesen: „Nach dem starken Runterfahren wird es wieder ein Anfahren geben.“ Dafür müsse DB Cargo gerüstet sein. 

In Zukunft will Nikutta DB Cargo zu einem unverzichtbaren Teil der Logistikketten in Unternehmen machen. Dazu müsse die Güterbahn „verlässlicher“ werden. Dafür hat sie 2020 ein neues Projekt auf den Weg gebracht. Seit Spätsommer gibt es auf der Güterverbindung zwischen Köln und Hamburg einen Fahrplan nach Beispiel des Personenverkehrs: mit konkreten Abfahrts- und Ankunftszeiten. „Nachtsprung“ nennt das Unternehmen das Pilotprojekt. Die Besonderheit: Der Güterzug fährt immer, auch mit wenigen Güterwagen. 

Das Projekt sei gut angelaufen. „Wir schalten immer mehr Relationen zu“, sagte Nikutta im „Chefgespräch“. Mittlerweile gebe es den Nachtsprung-Zug auch zwischen München und Köln, Mannheim und Hamburg sowie Köln und Berlin. Ein Großkunde könne seine Waren bis Abends abliefern. „Die Waren sind jeden Morgen verlässlich beim Kunden“, so Nikutta. DB Cargo werde die Prozesse weiter hochfahren. Das mache sie „fast euphorisch“, sagt sie. Immer mehr Kunden wollten umweltfreundlich transportieren. 
So umweltfreundlich, wie die Bahn sich gerne vermarktet, ist der Güterzug aber nur bedingt. Schließlich wird Bahnstrom auch durch Kohleenergie und Kernkraft produziert. Man sei konzernweit bei mehr als 60 Prozent grünem Strom. Allerdings macht auch Nikutta keinen Hehl daraus, dass der Weg noch weit ist. Es sei das absolute Ziel, nur noch Ökostrom anzubieten. „Aber wir sind ein Teil Deutschlands. Es muss auch möglich sein, den Strom zu kaufen.“

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Immerhin: Die Nachfrage nach Gütertransporten mit Ökostrom steige. DB Cargo bietet Unternehmen und Speditionen die Energievariante „Öko Plus“ an. Bei Öko-Plus garantiert DB Cargo grünen Strom. „Da sehen wir eine totale Entwicklung“, sagt Nikutta. Gerade die großen Autokunden würden sagen: „Für den CO2-Footprint wollen wir den Ökostrom.“

Mehr zum ThemaSigrid Nikutta erzählt im „Chefgespräch“, wie sie führt, warum die europäische Kleinstaaterei Innovationen bremst und wie sie den Güterverkehr der Bahn wieder sexy machen will. Hören Sie hier den Podcast!

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