Harter Lockdown „Die Corona-Maßnahmen verstärken die Zombifizierung der Wirtschaft“

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„Es steigt das Risiko, dass sich weitere Wirtschaftszweige anstecken“

In welchen Branchen wird es 2021 krachen?
Es liegt auf der Hand, dass im kommenden Jahr Unternehmen aus Branchen besonders gefährdet sind, die 2020 dramatische Umsatzeinbrüche erlitten haben. In der Gastronomie, bei Hotels, in Kultur-, Messe- und Reiseunternehmen dürfte es daher Verwerfungen geben. Darüber hinaus steigt das Risiko, dass sich weitere Wirtschaftszweige anstecken.

Was meinen Sie damit?
Nehmen Sie den Einzelhandel, der extrem unter den Schließungen leidet und diesen wirtschaftlichen Druck über kurz oder lang an die Vermieter weitergeben wird. Durch Filialschließungen könnten die Mieten ins Wanken geraten, die Politik will die Eigentümer zudem stärker in die Pflicht nehmen. Auch der Trend zum Homeoffice wird nicht ohne Folgen bleiben. Da viele Vermieter ihre Gewerbeimmobilien fremdfinanziert haben, könnten Ausfälle am Ende auch die Kreditinstitute treffen. Das ist nun ein Beispiel von zahlreichen Verflechtungen. Sie sorgen dafür, dass die Probleme weniger Branchen die gesamte Wirtschaft treffen können. Hinzu kommt, dass durch die staatlichen Rettungskredite die Schuldenlast vieler Firmen enorm gestiegen ist. Selbst wenn sich ihr Geschäft nach Corona normalisiert, werden sie kaum in der Lage sein, ihre hohen Verbindlichkeiten zu begleichen.

Das Justizministerium hat bereits ein neues Sanierungsgesetz auf den Weg gebracht, dass dabei helfen soll, Firmen außerhalb der Insolvenz zu restrukturieren und ihre Schuldenlast zu senken. Rechnen Sie damit, dass es pünktlich im Januar starten wird?
Momentan sieht es so aus, als ob das neue Gesetz kommt – offen ist allerdings, ob es noch wesentliche Änderungen daran geben wird. In jedem Fall wird es bei dem neuen Sanierungsgesetz aber primär um die finanzielle Sanierung von größeren hochverschuldeten Unternehmen gehen. Es ist kein Gesetz, das kleineren Unternehmen im Kampf gegen die Corona-Auswirkungen hilft.


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Was wäre stattdessen sinnvoll?
Im Insolvenzrecht gibt es bereits das Schutzschirmverfahren, das sich für die Rettung von Firmen bewährt hat, bislang aber nicht von kleineren Unternehmen genutzt wird. Denn der Aufwand für Gutachten und juristische Expertise ist schon im Vorfeld sehr hoch. Hier könnte der Gesetzgeber ansetzen und beispielsweise die Hürden etwas reduzieren, um das Verfahren auch für kleinere Mittelständler attraktiver zu machen.

Wie lange wird die Pandemie in Ihrer Tätigkeit als Insolvenzverwalter eine Rolle spielen?
Corona wird uns als Insolvenzverwalter noch viele, viele Jahre beschäftigen. Wir haben das bei anderen Ereignissen wie etwa der Hochwasserkatastrophe gesehen. Einzelne Unternehmen mussten Jahre später Insolvenz anmelden. In den Bilanzen kann man aber sehr genau nachvollziehen, wann der Abwärtstrend begann. So wird es auch bei Corona sein.

Mehr zum Thema: Ein neues Gesetz soll die Sanierung klammer Firmen erleichtern – ohne Insolvenz. Ob das Verfahren im Januar starten kann, ist aber weiter offen. Experten bringen jetzt eine Alternative für kleine Unternehmen ins Spiel.

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