Investor Cevian will mehr Macht Hiesinger könnte das Koch-Schicksal drohen

Die schlechten Bilfinger-Quartalszahlen waren nicht der einzige Grund für den Rauswurf von Roland Koch. Auch ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger muss gewarnt sein.

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Nach der Demission von Roland Koch ist ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger gewarnt, falls bei der nächsten Hauptversammlung ein Cevian-Vertreter in den Aufsichtsrat einziehen sollte. Quelle: dpa

Roland Koch, Ex-Chef des Baukonzerns Bilfinger und seit vorvorigem Freitag Privatier, ist ein Freund knapper Worte. „Wir müssen nicht nur den Kunden, sondern auch dem Kapitalmarkt dienen“, sagte er kürzlich einem seiner Betriebsräte. Nur fünf Minuten später war für Koch das Telefonat beendet und der Arbeitnehmervertreter informiert, dass seine Niederlassung geschlossen werden würde.

So schnell kam Koch bei Jens Tischendorf nie davon. Der gebürtige Hesse, 40 Jahre jung und Ex-Unternehmensberater, sitzt für den schwedischen Finanzinvestor Cevian, der 21,2 Prozent an Bilfinger hält, im Aufsichtsrat des Bauriesen.

An diesen Unternehmen ist Cevian beteiligt

Im Namen der Skandinavier nahm er den ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten nicht nur während der Sitzungen des Kontrollgremiums unnachgiebig ran, berichtet ein Teilnehmer. Tischendorf habe sich den Ex-CDU-Politiker auch zwischen den Sitzungsterminen geschnappt, um ihn mit Fragen zu bombardieren.

Letztlich war es Tischendorf, der zusammen mit Ex-Metallgesellschaft-Chef Udo Stark Konzernchef Koch nach Angaben eines Mitkontrolleurs so lange „regelrecht gegrillt“ hatte, bis Oberaufseher Bernhard Walter die Demission erzwang.

Der neue Vorstandsvorsitzende, Kochs Vorgänger im Amt Herbert Bodner, soll das Unternehmen nun wieder in ruhiges Fahrwasser führen. Er übernimmt den Chefposten übergangsweise bis zum 31. Mai 2015. Bilfingers Gewinn wurde wegen eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes im Energiemarkt und im europäischen Öl- und Gassektor gedrückt, wie der MDax-Konzern am Montag mitteilte.

Die Leistung blieb trotz Schwächen im Kraftwerks- und Industriedienstleistungsgeschäft von Januar bis Juni mit 3,63 Milliarden Euro aber praktisch stabil. Beim operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) im fortgeführten Geschäft war der Rückgang mit 47 Prozent auf 80 Millionen Euro hingegen deutlich. Der Gewinn sank um 19 Prozent auf 55 Millionen Euro. Dabei ist auch das zum Verkauf gestellte Tiefbaugeschäft enthalten. Es gibt laut Bilfinger dafür zahlreiche Interessenten, aber noch keinen Käufer.

Die Bedeutung des Rauswurfs reicht weit über Deutschlands zweitgrößten Baukonzern hinaus. Denn der von Tischendorf vertretene Großinvestor Cevian hat sich mit rund 15 Prozent in einen weiteren deutschen Konzern eingekauft, um kräftig an ihm zu verdienen: ThyssenKrupp.

Die größten Baustellen von Thyssen-Krupp

Zwar sitzt Tischendorf bei dem Essener Stahl und Technologieriesen nicht im Aufsichtsrat, aber das muss nicht so bleiben. Bei der nächsten Hauptversammlung, so heißt es bei ThyssenKrupp, sei zu erwarten, dass ein Cevian-Vertreter in das Kontrollgremium einzieht. Und eine Erhöhung der Anteile an ThyssenKrupp „sei derzeit nicht ausgeschlossen“, heißt es aus dem Cevian-Umfeld.

Damit ist ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger gewarnt. Der Ex-Siemens-Manager hat die finanzielle Krise nach Fehlinvestitionen im Stahl vor seiner Amtszeit noch nicht überwunden; der Gewinn in der ersten Hälfte dieses Geschäftsjahrs lahmte nach Milliardenverlusten und operativen Rückschlägen im Vorjahr.

Jagd in drei Stufen

Was Cevian bei Bilfinger und zuvor beim Düsseldorfer Kranbauer Demag Cranes veranstaltete, mutet wie eine Blaupause für ThyssenKrupp an. Wenn die Schweden als Großaktionäre einsteigen, loben sie die Strategie des Vorstands zunächst über den Klee und zeigen sich kooperativ. Danach beginnt Stufe zwei des „Prozesses“. So nennt Cevian das Heranpirschen an die Chefetage. Dabei entdecken die Skandinavier dann plötzlich „ein noch höheres Potenzial“, berichtet ein Cevian-gebeutelter Manager.

In Stufe drei jagen die Schweden schließlich das Management vor sich her, die ausgemachten Potenziale schnellstmöglich zu heben. Dazu beschäftigt Cevian in Pfäffikon im Kanton Zürich 20 Analysten, die die Beteiligungen unablässig unter die Lupe
nehmen und von den Unternehmen ständig Berge von Daten einfordern. „Wir sitzen nicht mit verschränkten Armen im Aufsichtsrat und hören uns die Vorträge an“, sagt ein Cevian-Vertrauter.

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Hinter Cevian steht ein Investitionsvolumen von zehn Milliarden Euro, das in weltweit mehr als 50 Unternehmen steckt. Das Meisterstück in Deutschland war Demag Cranes, wo Statthalter Tischendorf nach dem Einstieg 2010 mit dem Management
die Sanierung durchzog. Als jedoch der US-Konkurrent Terex Interesse für Demag bekundete, ging Cevian auf Konfrontation und setzte Verhandlungen zunächst gegen den Willen des Managements durch. Am Ende erzielte Tischendorf dadurch 2011 einen
Preis, der den Einsatz von Cevian bei Demag verdoppelte.

Auch bei ThyssenKrupp lobte Cevian nach dem Einstieg 2013 erst einmal Konzernchef Hiesinger für seine Aufräumstrategie. Doch dann sprachen Cevian-Emissäre Hiesinger direkt an. Der kam nicht umhin, ausführlich Rede und Antwort zu stehen, diesmal Cevian-Co-Chef Lars Förberg persönlich, der gut Deutsch spricht und für Kontinentaleuropa zuständig ist.

Der Schwede wollte Hiesinger kennenlernen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, ob er den Umbau packen kann. Sein abschließendes Urteil steht noch aus.

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