Der österreichische Investor René Benko ist in Konkurs. Das Landgericht Innsbruck eröffnete am Freitag ein entsprechendes Insolvenzverfahren, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Der Gründer der maroden Immobilien- und Handelsgruppe Signa hatte als Unternehmer selbst Konkurs beantragt und haftet nun mit seinem Privatvermögen.
Die österreichischen Finanzbehörden haben Benko Steuerschulden von knapp zwei Millionen Euro fällig gestellt, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die Forderungen an den Unternehmer könnten jedoch noch wesentlich höher ausfallen. Zum Beispiel versucht der Staatsfonds Mubadala in Abu Dhabi, 713 Millionen Euro von Benko und von Signa-Gesellschaften einzutreiben.
Bei einem Konkursverfahren wird das Vermögen des Schuldners auf die Gläubiger aufgeteilt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, im Zuge des Verfahrens einen Sanierungsplan zu erstellen. Dann würden die Schuldner 20 Prozent der geforderten Summe erhalten. Wenn ein Schuldner nicht direkt ein Sanierungsverfahren anstrebe, sondern wie Benko in einem ersten Schritt Konkurs anmelde, könne das daran liegen, dass der Schuldner nicht über die Mindestquote von 20 Prozent verfüge, sagte Gerhard Weinhofer von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform der dpa.
Ohne Abitur zum Selfmade-Milliardär: So lautete die Kurzversion der Aufstiegsgeschichte des Immobilien- und Handelstycoons, bis Benko Anfang Dezember seinen Milliardärs-Status verlor. Der 1977 in Innsbruck geborene Benko begann schon als Teenager, Dachböden zu sanieren. Er verließ das Wirtschaftsgymnasium ohne Abschluss und stieg in das Immobiliengeschäft ein. 2004 machte der damals 26-Jährige Schlagzeilen mit dem Ankauf eines Innsbrucker Kaufhauses, das danach vom britischen Stararchitekten David Chipperfield als Shopping-Center umgestaltet wurde.
Benko gelang es, finanzkräftige Unterstützer an Bord zu holen – etwa Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, Unternehmensberater Roland Berger oder Torsten Toeller, den Gründer der Fressnapf-Heimtiermärkte. „Das ist ganz einfach. Investoren sind daran interessiert, dass das Geld, das sie einsetzen, anständig verzinst wird“, sagte der österreichische Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, der in der Signa-Gruppe verschiedene Beratungs- und Aufsichtsfunktionen ausgeübt hat. „Die Investoren haben immer gut verdient“, sagte Gusenbauer dem Sender ORF.
Benko wollte weit mehr als Immobilien entwickeln. „Signa soll eine europäische Industrie- und Beteiligungsholding im Familienbesitz sein. Ähnlich wie die Familienholdings der Agnellis, Oetkers oder Reimanns“, sagte er 2018 dem österreichischen Magazin „Trend“. Die italienische Autobauer-Familie Agnelli (Stellantis), die Oetkers mit ihren Lebensmittel- und Getränkeunternehmen und die Getränke-Dynastie Reimann (Jacobs) sind nicht nur in ihren Kerngeschäften, sondern in mehreren Branchen aktiv.
Wie die Agnellis setzte Benko auch auf Medien, wie die Oetkers setzte er auch auf Hotels. Außerdem investierte er in die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof und in den Online-Handel mit Sportartikeln. Heute ist die Galeria-Gruppe erneut insolvent, genauso wie die Sport-Sparte. Die Medienbeteiligungen stehen vor dem Verkauf. Zu Benkos prestigeträchtigen Investitionen gehören auch das Elbtower-Projekt in Hamburg, das Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin und das Chrysler Building in New York.
Doch bereits seit Monaten ruht die Baustelle des Hamburger Wolkenkratzers Elbtower wegen der Zahlungsprobleme der wankenden Immobiliengruppe Signa. Nun könnte eine Lösung für das Debakel näher rücken. Der Berliner Sanierungsexperte Torsten Martini will als Insolvenzverwalter der Elbtower-Projektgesellschaft auf die Suche nach einem Käufer gehen, der das Filetgrundstück am Rande der Hafencity übernehmen und die Bauruine vollenden könnte. Der Verkaufsprozess soll Mitte März starten, wie Martini der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage bestätigte. Bei der Investorensuche soll der weltweit operierende Immobiliendienstleiter CBRE helfen.
Intransparentes Firmenkonstrukt
Als aktuelle Auslöser der Signa-Krise gelten die Zinsen, Energiepreise und Baukosten, die im Zuge des Ukraine-Krieges stark gestiegen sind. Es gab aber schon früher Anzeichen für mögliche Probleme. „Ich bin 2016 bei Signa als Aktionär ausgeschieden, weil die Zahlen, die mir vorgelegt wurden, nicht mit dem übereinstimmten, was uns Benko in den Sitzungen vorgetragen hat“, erzählte der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking dem „Handelsblatt“. Zudem fehlte die Transparenz im kaum durchschaubaren Signa-Firmennetzwerk mit hunderten Teilgesellschaften.
Benko hatte bis vor einigen Monaten als einer der reichsten Österreicher gegolten. Laut dem US-Magazin „Forbes“ hatte Benkos Wert 2023 einen Höchststand von 6 Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) erreicht. Doch Anfang Dezember strich ihn „Forbes“ angesichts der wachsenden Probleme von Signa aus seiner internationalen Milliardärs-Liste.
Wo ist Benkos Vermögen geblieben?
„Ich halte das eigentlich für die spannendste Insolvenz in dem gesamten Signa-Komplex“, sagte Gerhard Weinhofer von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Wien. „Wo ist das Geld? Warum ist er illiquid?“, so der Fachmann über die Vorgänge. In Medien war zuletzt mehrmals über Geldtransfers geschrieben worden, in denen die Privatstiftungen Benkos eine Rolle spielten.
Zu den finanziellen Forderungen gegen ihn und zu der Signa-Krise hat sich Benko bislang nicht öffentlich geäußert. Dazu hätte er Anfang April Gelegenheit. Er ist zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen, welcher der möglichen Bevorzugung von politisch gut vernetzten Großunternehmern durch Behörden nachgeht.
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