VW, Bahn, Lufthansa Gehaltsverzicht bei Vorständen ist viel mehr als Symbolpolitik

Das Unternehmen spart, der Vorstand ein bisschen: Volkswagen-Zentrale in Wolfsburg. Quelle: dpa

Gehaltskürzungen bei Vorständen werden schnell als symbolische Gesten abgetan. Welch ein Trugschluss! Ein Kommentar.

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Wer hätte das gedacht: In Sachen Timing kann die Lufthansa tatsächlich noch etwas von der Deutschen Bahn lernen. Eher nicht, wenn es um die Ankunftszeiten ihrer Flieger geht, wohl aber beim Zusammenspiel zwischen verschiedenen Unternehmensnachrichten. „Mitten im Streik: Lufthansa verkündet dritthöchsten Gewinn ihrer Geschichte“, so oder ähnlich titelten jüngst diverse Medien, als der Luftfahrtkonzern seine ausgezeichneten Zahlen für das vergangene Jahr vorlegte – an eben jenem Tag, als das Bodenpersonal mehrere Flughäfen lahmlegte, um für eine angemessene Bezahlung zu streiten. Mag es auch keinen direkten Zusammenhang zwischen den Nachrichten geben, die Botschaft für die nächste Verhandlungsrunde ist damit gesetzt: Das Geld ist da, also gebt uns auch etwas davon ab.

Die Bahn hat es zu solchen unschönen Dissonanzen nicht kommen lassen, ganz im Gegenteil. Anfang Februar, mitten in den Verhandlungen mit der Lokführer-Gewerkschaft GDL, sendete der Aufsichtsrat ein anderes Zeichen: Er kündigte einen Boni-Stopp fürs Jahr 2023 an. Die Nachricht saß. Dass sich der Vorstand zuvor hohe Boni für 2022 genehmigte, dass der einjährige Verzicht danach gleich wieder ausläuft, dass die Modalitäten sehr im Sinne der Vorstände konstruiert sind, all das wurde zwar ebenfalls bekannt, hängen blieb aber eine andere Botschaft: Der Bahn-Vorstand müht sich, in einer schweren Zeit für das Unternehmen seinen Teil beizutragen. Währenddessen schaut die GDL nur auf ihren Vorteil, möge um sie herum auch der Bahnverkehr zusammenbrechen.

Gute Gründe interessieren nicht

Die Beispiele belegen exemplarisch, wie wichtig Symbolik auch im unternehmerischen Umfeld ist. Natürlich wird es das Ergebnis der Deutschen Bahn nicht wesentlich beeinflussen, ob ihre Vorstände jetzt ein paar Millionen an Boni mehr oder weniger einstreichen. Und natürlich stecken in den aktuellen Gewinnen der Lufthansa diverse Sondereffekte und damit gute Gründe, diese und die Tarifverhandlungen nicht direkt miteinander in Verbindung zu bringen.

Und doch haben all diese Aspekte miteinander zu tun: Weil sich auch bei Tarifverhandlungen oder Debatten über Sparprogramme letztlich Menschen gegenübersitzen, die menschliche Emotionen haben. Wer sich einem gierigen Egoisten gegenüber meint, der wird sich schwertun, auch auf dessen beste Argumente zu hören. Wer hingegen den Willen zu erkennen glaubt, dass der Verhandlungspartner auch bereit ist bei sich selbst zu sparen, der wird sich eher selbst auf einen Verzicht einlassen.

Zu billig aber dürfen auch diese Symbole nicht gemacht sein, sonst verkehrt sich ihre Wirkung ins Gegenteil – wie sich gerade bei Volkswagen zeigt. Dort beginnt gerade ein drastisches Sparprogramm, zehn Milliarden Euro soll der Konzern an jährlichen Kosten sparen. Als ersten Schritt müssen alle Führungskräfte einen pauschalen Gehaltsverzicht von 3,3 Prozent verkraften.

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Und der Vorstand? Bietet jetzt von sich aus an, auf fünf Prozent zu verzichten. Allerdings nur beim Grundgehalt, das lediglich ein Drittel der Vergütung ausmacht. Zudem läuft der Verzicht, anders als bei allen anderen Managern, nach einem Jahr wieder aus. Auch das soll nach Verzicht klingen, Empathie ausdrücken. Und wirkt doch wie Hohn.

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