Absatzschwäche bei Fleischersatz Der Fleischlos-Boom im Supermarkt ist vorbei

Das Geschäft mit Fleischersatzprodukten flaut ab. Vor allem Produkte zur warmen Zubereitung haben im ersten Halbjahr 2023 an Absatzmenge verloren. Quelle: imago images

In den vergangenen Jahren eroberten Lupinen-Würstchen, Soja-Schnitzel und Erbsen-Bratlinge die Supermarktregale. Doch inzwischen stockt der Absatz von Fleischersatzprodukten – aus diesen drei Gründen.

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Jahrelang kannte der Markt für Fleischersatzprodukte nur eine Richtung: aufwärts. Von 2019 bis 2022 stieg die im Einzelhandel verkaufte Menge sogenannter „fleischanaloger Produkte“ um beeindruckende 143 Prozent. Doch nun scheint der Boom deutlich abzuflauen. „Nach Jahren mit einer starken Dynamik ist das Wachstum im ersten Halbjahr 2023 ins Stocken geraten“, heißt es in einer neuen Analyse des Marktforscher GfK. „Die Umsatzentwicklung ist mit plus zwei Prozent nur noch leicht positiv, die Mengenentwicklung mit minus drei Prozent sogar leicht negativ.“

Über die Hintergründe können die GfK-Experten zwar nur spekulieren. Sicher sei aber, dass die „derzeitige Wachstumsschwäche der fleischanalogen Kategorie kein ‚Back to Meat‘ bedeutet“. Im Gegenteil: Die Zahl der Käufer von Fleisch- und Wurstersatzprodukten habe insgesamt sogar zugenommen.

Immer mehr Menschen würden die Produkte also zumindest einmal ausprobieren. „Aber die Haushalte kaufen seltener und so viel weniger Menge pro Einkaufsakt, dass dies von dem Mehr an Käuferhaushalten nicht ausgeglichen wird“, heißt es in der GfK-Analyse.

Dies sei teilweise auch erwartbar gewesen. Nach dem Ende der Coronapandemie essen schließlich wieder mehr Menschen auswärts. Wahrscheinlich noch wichtiger: die hohe Inflation, die das Einkaufsverhalten beeinflusst. Vor allem jüngere Haushalte litten in den vergangenen Monaten unter den steigenden Lebenshaltungskosten und passten ihre Ausgabenbudgets an. Die Folge: „Die relativ hohen Preise in der Kategorie der fleischanalogen Produkte in Kombination mit den sinkenden Reallöhnen und den schmalen Budgets in sehr jungen Haushalten haben die Kaufneigung deutlich gedrückt“, konstatieren die Marktforscher. 

Bio-Fleisch statt Fleischersatz?

Ein Indikator für diese Entwicklung sei, dass generell weniger Menschen 2022 als 2021 sagten, sie seien bereit, für regionale, fair gehandelte oder Bio-Produkte einen höheren Preis zu zahlen. „Von dieser geringeren Bereitschaft, für ‚Verantwortungsprodukte‘ einen höheren Preis zu zahlen, sind natürlich auch die fleischanalogen Produkte betroffen.“

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von Bert Losse

Der Effekt könnte durch eine Neuausrichtung der großen Supermarktketten noch verstärkt worden sein. Sie hätten mit ihren Tierhaltungsinitiativen und den entsprechenden Tierwohlkennzeichnungen seit einiger Zeit einen Trend zu höheren Haltungsformen angestoßen, schreiben die GfK-Experten. Für viele Flexitarier, die gern Fleisch essen, den Fleischkonsum aber reduzieren möchten, könnte daher die höchste Haltungsform in Kombination mit Bio-Qualität den ausgesuchten Konsum von hochwertigem Fleisch wieder attraktiver machen. „Gerade vor dem Hintergrund der relativ hohen Preise der fleischanalogen Produkte könnte also die punktuelle Zuwendung zu Bio-Fleisch hoher Haltungsformen zu Lasten des Konsums fleischanaloger Produkte gehen“, vermuten die Marktforscher und verweisen auf einen weiteren Grund für die abflachende Wachstumsdynamik. Nämlich, der „inzwischen erlangte Reifegrad der Kategorie.“ 



Wie bei allen erfolgreichen Innovationen würde auf einen kurzen flachen Anschub eine sehr steile Wachstumsphase folgen, die dann mit der Zeit wieder abflacht. „Genau an dieser Stelle scheint die Kategorie sich gerade zu befinden.“ Für die These würden auch die unterschiedlichen Dynamiken in Teilbereichen des Marktes sprechen. So würde die bereits etablierte Subkategorie der fleischanalogen Produkte zur warmen Zubereitung im ersten Halbjahr 2023 knapp fünf Prozent an Absatzmenge verlieren. Die jüngere Subkategorie der Wurst-analogen Produkte für das Brot verzeichne dagegen einen Mengenzuwachs von fünf Prozent. „Die jüngere Subkategorie scheint noch in der steilen Wachstumsphase zu sein, die ältere Subkategorie hat diese dagegen hinter sich gelassen“, folgern die Marktforscher.

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