Beiersdorf-Marke La Prairie „Man wird fast süchtig danach“

La Prairie Skin Caviar Creme Quelle: imago images

Der für Luxusmarken zuständige Beiersdorf-Vorstand Patrick Rasquinet erklärt, warum eine Creme für 1000 Euro ihr Geld wert sein soll und wie Beiersdorf im Premiumsegment noch wachsen will.

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WirtschaftsWoche: Herr Rasquinet, Sie tragen die Verantwortung für Hautpflegemarken wie La Prairie oder Eucerin. Wie viele Schritte hat Ihre eigene Hautpflege-Routine?
Patrick Rasquinet: Ich habe keine Routine, die etwa neun Schritte jeden Tag umfasst. Aber es gibt einige Produkte in unserem Portfolio, die ich regelmäßig nutze und liebe.

Zum Beispiel?
Die La Prairie Skin Caviar Creme hat eine tolle Textur. Wenn man anfängt sie zu nutzen, wird man fast süchtig danach. Ich verwende die „Sheer“-Version, da sie sehr leicht ist. Und wenn ich mich draußen aufhalte, trage ich natürlich eine Sonnencreme auf, beispielsweise Eucerin Hydro Protect mit Lichtschutzfaktor 50.

Eine Dose mit 20 Millilitern Creme von La Prairie kann 1000 Euro kosten. Das muss man sich erst mal leisten können. Ist es richtig, dass La Prairie die teuerste Hautpflege der Welt ist?
Ich würde sagen, sie ist die luxuriöseste Hautpflege der Welt.

Zur Person

Was macht La Prairie luxuriös, wenn nicht der Preis?
Es gibt einige Faktoren, die eine Marke zu einer Luxusmarke machen. Der erste Faktor ist die Formel, diese muss hocheffektiv sein. Die Menschen wollen die beste Hautpflege, die es auf der Welt gibt. Wir nutzen hochwertige Inhaltsstoffe, wie Kaviar, Gold, Platin, die der Haut einen zusätzlichen Nutzen bieten. Die Textur unserer Creme ist für jeden, der sich mit hochwertiger Hautpflege auskennt, von größter Bedeutung. Das ist der zweite Faktor. Der dritte sind unsere Verpackungen, die an kleine Kunstwerke erinnern. Ein weiterer Faktor ist der Service. Wenn Konsumenten und Konsumentinnen sich im Luxus-Segment bewegen, dann erwarten sie nicht nur ein Produkt, sondern eine ganzheitliche Erfahrung. Deshalb haben wir auch Beauty-Berater, die die richtigen Empfehlungen geben können und auch Behandlungen anbieten.

Cremes mit Kaviar und Gold gibt es auch von Aldi. In Großbritannien wirbt Aldi damit, dass Verbraucher so 990 Euro sparen können, wenn sie auf die Eigenmarke des Discounters statt auf La Prairie setzen. Ist das für Sie ein Problem?
Das ist für uns kein Thema. Es reicht ja nicht, ein bisschen Kaviar in eine Creme zu geben. Es geht um das Gesamtprodukt, um die Formel, um die Wirkungskraft. Wir verwenden sehr viel Zeit darauf, das beste Produkt zu entwickeln, denn am Ende geht es um die Zufriedenheit der Konsumenten und Konsumentinnen.

Im ersten Quartal dieses Jahres ist der Umsatz von La Prairie um 12 Prozent zurückgegangen. Haben die Menschen genug von Kaviarcremes?
Der Rückgang ist auf die Nachwehen der Coronazeit zurückzuführen. Wir hatten noch Lockdowns in China, und es gibt immer noch Reiserestriktionen. In Korea bestehen noch große Einschränkungen beim Travel-Retail. Unterm Strich betrifft es vor allem den asiatischen Markt. In anderen Teilen der Welt sehen wir Zugewinne. Wir erwarten jedoch, dass der asiatische Markt, insbesondere das Travel-Retail-Geschäft, bald wieder anzieht.

Der asiatische Markt und insbesondere China sind von enormer Bedeutung für Ihr Geschäft. Machen Ihnen die politischen Spannungen zwischen China und Taiwan Sorgen?
Ich kann gegenwärtig nicht beurteilen, ob die Spannungen zunehmen werden. Aber internationale Ereignisse oder Konflikte können in jedem Teil der Welt vorkommen und Einfluss auf das Geschäft haben.

So wie in Russland und der Ukraine. Sie waren selbst als Manager fünf Jahre lang in Russland. Wie sehr trifft es Sie, dass die Produkte von La Prairie dort nicht mehr verkauft werden?
Wir haben uns gleich nach dem Ausbruch des Kriegs entschlossen, keine Luxusprodukte mehr in Russland zu verkaufen. Und wir haben unser Produktportfolio von Nivea und Eucerin erheblich reduziert auf Produkte zur elementaren Haut- und Körperpflege. Ich bin verantwortlich für einen Teil des Unternehmens. Der Vorstand hat sich mit der Gesamtsituation befasst und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich habe Freunde in Russland, ich habe Freunde in der Ukraine, und ich hoffe natürlich, dass dieser Krieg bald endet.

Beiersdorf hat angekündigt, Anbieter von Premium-Hautpflege zukaufen zu wollen. Sehen Sie noch interessante Kandidaten, oder hat Konkurrent L’Oréal bereits alle aufgekauft?
Wir haben erst kürzlich mit Chantecaille gezeigt, dass wir bereit für Zukäufe sind. Und wir haben im Premiumsegment auch noch Lücken in unserem Segment.

Wo sind diese Lücken denn?
Mit Nivea sind wir sehr stark im Massenmarkt. Im dermatologischen Kosmetikmarkt und dem Apothekensegment sind wir mit Eucerin und Aquaphor präsent. Und dann gibt es noch das Premiumsegment – diese Produkte finden sich in Parfümerien oder Ketten wie Douglas und Sephora. Das ist eines der am stärksten wachsenden Segmente und das dürfte auch in den kommenden fünf Jahren so sein. Die Einstiegsprodukte in diesem Segment kosten um die 40 Euro. Wir sind mit Chantecaille und La Prairie sehr stark im oberen Ende dieser Kategorie, die wir Luxus oder auch Ultraluxus nennen. Das bedeutet, wir haben großes Potential in der Premium-Kategorie und in der Konsequenz halten wir in diesem Bereich die Augen nach Übernahmemöglichkeiten offen.

L’Oréal hat kürzlich den größten Zukauf in der Geschichte des Konzerns angekündigt. Beiersdorf war früher sehr zurückhaltend bei Zukäufen, denken Sie nun auch in solchen Größenordnungen?
Wir sind sehr interessiert und bestrebt, Übernahmen in diesem Bereich zu machen. Natürlich müssen der Preis und unsere Erwartungen übereinstimmen, und die Marken müssen zu unserer Strategie passen.

Die Kaviarcremes von La Prairie zählen zu den teuersten Hautpflegeprodukten der Welt. Die Schweizer gehören dem Nivea-Konzern Beiersdorf – der künftig noch stärker auf Luxus setzt.
von Jacqueline Goebel

Das heißt?
Die Marken müssen über eine Kernkompetenz in der Hautpflege verfügen. Sie müssen stark in den geografischen Gebieten sein, die für uns eine strategische Bedeutung haben, wie Nordamerika oder Asien.

Beiersdorf scheut sich also nicht mehr, Geld auszugeben?
Nein, wir sind bereit zu investieren. Wir haben viel Liquidität, die uns noch einige gute Übernahmen erlauben würde.

Das verdanken sie auch ihrem Apothekengeschäft mit Eucerin und Aquaphor. Der Umsatz ist in den ersten Monaten um über 30 Prozent gewachsen – haben die Menschen so viele Hautprobleme?
Wir schätzen, dass weltweit 400 Millionen Menschen an Hautkrankheiten leiden. Das Schlimmste daran ist die Stigmatisierung. Hautkrankheiten, gerade im Gesicht oder an den Händen, sind sichtbar. Diese Menschen leiden häufig stärker unter der Stigmatisierung als an der Hautkrankheit selbst. Ich bin immer wieder beeindruckt von dem Unterschied, den wir im Leben dieser Menschen bewirken können. Aber die wichtigsten Wachstumsfaktoren waren für Eucerin die Innovationen, wie unser Wirkstoff W630 gegen Pigmentflecken. In Wachstumsmärkten wie China, Brasilien und Polen hat sich die Verbreitung von Eucerin deutlich beschleunigt. Und auch das Nordamerika-Geschäft floriert.

W630 gibt es auch in Produkten von Nivea für unter 20 Euro, und in Produkten von La Prairie für mehrere hundert Euro… Kannibalisiert sich Beiersdorf nicht selbst? Wer kauft schon das teure Produkt, wenn man auch das günstige haben kann?
W630 ist nur ein Inhaltsstoff. Jede Formel besteht aus mehreren Inhaltsstoffen. Die Konzentration der Wirkstoffe kann in jeder Formel variieren und es kommt auf deren Kombination an. Und natürlich haben die Produkte dadurch unterschiedliche Zielgruppen.

Bei der Hautpflege ist Wirkstoff-Marketing voll im Trend, bei TikTok und Instagramm werben Influencer für Retinol oder Peelings mit BHA...
Das sind nicht nur die Influencer, auch die Verbraucher haben ein besseres Wissen darüber, welche Art von Produkten oder Inhaltsstoffen sie nutzen sollten, um ihre Hautprobleme zu lösen. Die Menschen sind durch die sozialen Medien besser informiert – sie haben ein gesteigertes Interesse an besserer Hautpflege. 

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Es gibt auch Anti-Influencer, die das sehr kritisch sehen. Einige Studien legen nahe, dass zu viel oder die falsche Pflege der Haut eher schadet. Fühlen Sie sich verantwortlich?
Ich fühle mich verantwortlich, die höchstmögliche Qualität für jeden einzelnen Konsumenten zu liefern. Deshalb testen wir systematisch Inhaltsstoffe und Produkte. Wenn Sie sehen, wie viele Tests unser Testcenter in einem Jahr durchführen, ist das schon sehr beeindruckend. Es ist unser größtes Anliegen, Produkte anzubieten, die von hoher Qualität und Sicherheit sind.

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