Champagner, Sekt, Schaumwein Diese fünf Grafiken zeigen die Champagner-Laune weltweit

Quelle: Getty Images

Mon Dieu, den Franzosen kommt das Lebensgefühl abhanden. Jeder Fünfte verzichtet auf prickelnden Luxus im Glas. Doch das Geschäft mit den teuren Tropfen wird ohnehin im Export gemacht.

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Dieser Text hat prickelnden Inhalt, weshalb er sich ihm sachte nähert. Wie beim fachgerechten Öffnen einer Champagner-Flasche. Da knallen keine Korken, so oft diese Redewendung auch zur Beschreibung ausgelassener Freude bemüht wird. Schließlich befinden wir uns weder bei der Formel 1 noch bei einer Schiffstaufe, wo solches Getöse und die damit verbundenen Fontänen ihre Berechtigung haben mögen, sondern kurz vor einem Jahreswechsel. Nicht, dass es da gar nichts zu feiern gäbe.

Wer aber nicht schon in den ersten Sekunden nach Mitternacht in der Nachbarschaft am Ruf der neureichen, aber ahnungslosen Familie von nebenan arbeiten will, stellt die Flasche(n) nun kalt und entkorkt sie zu gegebener Zeit möglichst geräuschlos. Die Winzer haben viel zu viel Mühe darauf verwendet, dass das edle Getränk nicht nur perlt, sondern fein moussiert. Genussmenschen gehen deshalb mit Umsicht ans Werk, damit kein Tropfen verloren geht, im Glas keine leblose Plörre schwimmt, und der Geschmack erhalten bleibt.

Genug der einleitenden Worte. Werden Sie überhaupt mit Champagner oder einem anderen Schaumwein anstoßen?

Wahr ist nämlich auch, dass in Deutschland immer weniger davon konsumiert wird. Das kann das Bundesamt für Statistik auf Basis der anfallenden Schaumweinsteuer errechnen. Jedes Jahr im Dezember gibt es deshalb die Zahlen für das vorangegangene Jahr bekannt. 2022 wurden demnach in Deutschland 267,8 Millionen Liter Sekt, Prosecco, Cava oder Champagner abgesetzt. Im Durchschnitt trank somit jede Person ab 16 Jahren hierzulande fünf Flaschen Schaumwein oder 38 Gläser à 0,1 Liter. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag damit geringfügig über dem des Jahres 2021, das noch stärker von der Covid-19-Pandemie geprägt war. Damals fanden Feste und Feiern nur eingeschränkt statt. Im Zehn-Jahres-Vergleich ging der Konsum jedoch um mehr als ein Fünftel (21,2 Prozent) zurück: 2012 hatte jede Person ab 16 im Schnitt noch 6,6 Flaschen beziehungsweise 49 Gläser Schaumwein getrunken.



Doch auch im Heimatland des Königs der Schaumweine scheint die Champagner-Laune verflogen. Die Marktforscher von NielsenIQ gaben gerade bekannt, dass der Absatz von Champagner in Frankreich zwischen Januar und Anfang Dezember 2023 um etwas mehr als ein Fünftel (20,7 Prozent) zurückgegangen sei. Ein Zeichen für eine Zurückhaltung bei alkoholischen Getränken ist dies nicht. Denn gleichzeitig griffen die Nachbarn NieselnIQ zu Folge häufiger zu den heimischen Schaumweinen Crémant (plus 4,4 Prozent) und zu italienischem Prosecco (plus 9,2 Prozent). Die Forscher machen dafür unter anderem eine gestiegene Preissensibilität in Zeiten von Krisen und Inflation verantwortlich: Eine Flasche Champagner kostet durchschnittlich 23,60 Euro, ein Crémant dagegen lediglich 6,73 Euro und Prosecco 6,80 Euro.

Champagner: Statistik bestätigt schleichende Abkehr in Frankreich

Ein Blick auf die Statistiken bestätigt eine schleichende Abkehr vom Champagner in Frankreich. Mit einem Umsatz von 2,2 Milliarden Euro war der heimische Markt zwar auch 2022 noch der wichtigste für die Produzenten. Waren 2010 noch 185 Millionen von insgesamt 319 Millionen Flaschen für den heimischen Markt bestimmt, sank die Zahl laut dem Branchenverband Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne (CIVC) 2022 auf nur noch 138 Millionen von 325,5 Millionen Flaschen.



Ein Schaden für die Produzenten muss das nicht sein. 2022 überstieg ihr Umsatz erstmals sechs Milliarden Euro. Während der Kilo-Ertrag Trauben pro Hektar vom Branchenverband reglementiert wird, stieg mit den Jahren der Absatz in Ländern, wo pro Flasche deutlich höhere Preise erzielt werden können als in Frankreich. 2023 stiegen die Preise zwar auf allen Märkten um durchschnittlich zehn Prozent. In Frankreich mussten Verbraucher allerdings nur 6,7 Prozent mehr bezahlen, in der EU wurde Champagner um 9,3 Prozent teurer und in allen anderen Ländern um durchschnittlich 12,3 Prozent. Ein Vergleich zwischen der Absatzmenge und dem erzielten Umsatz zeigt: Außerhalb Frankreichs lässt sich besser Geld verdienen.



Die deutlichen Unterschiede beim Volumen und Umsatz von EU und Drittländern zwischen 2019 und 2022 sind auf den zwischenzeitlichen Austritt Großbritanniens aus der EU zurückzuführen. Es zählt seither zu den Drittländern.

Hier wird der meiste Champagner getrunken

Die drei trinkfreudigsten Champagner-Abnehmer sind die USA, Großbritannien und Japan. Deutschland lag 2022 mit 12,2 Millionen Flaschen für insgesamt 245,1 Millionen Euro auf Rang 5. Damit kamen 6,6 Prozent mehr Champagner-Flaschen ins Land als 2021, der Umsatz stieg um 17,1 Prozent. Wenn schon Schaumwein, dann gerne den teuren. Prosecco-Exporteur Italien verdrängte Deutschland voriges Jahr beim Umsatz von Platz 4 – weil die Deutschen preissensibler sind. Für die 10,6 Millionen nach Italien verkauften Champagner-Flaschen wurde ein Gesamtpreis von 247,9 Millionen Euro erzielt.



Vom Trend zum Export profitieren vor allem die großen Champagner-Häuser, die Maisons de Champagne, mit ihren teuren Tropfen. Vier von fünf Flaschen, die in die EU gelangen, tragen die Etiketten dieser Kellereien und beinahe neun von zehn mit dem Ziel Drittländer. Dass Franzosen zu – günstigeren – Alternativen greifen, geht dagegen vorwiegend zu Lasten von unabhängigen Winzern und Kooperativen. Die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lancierte Strategie zur „Demokratisierung“ des Champagnerkonsums habe in eine Sackgasse geführt, urteilt Aurélie Ringeval-Deluze von der Universität Reims Champagne-Ardenne. „Dieser Trend war von Vorteil für die Winzer, aber die Entwicklung anderer Schaumweine hat die Grenzen aufgezeigt.“



Ende September 2023 hatten die Champagner-Produzenten 195,6 Millionen Flaschen an die Abnehmer verschickt – ein Rückgang von insgesamt 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Wirtschaft sei nun einmal weltweit träge, sagt Charles Goemaere, Direktor des Comité Champagne. Zudem sei 2022 auch ein Rekordjahr gewesen, das schwer zu toppen sei. Er rechnet bis Jahresende mit dem Absatz von insgesamt 314 Millionen Flaschen. Die Rechnung wird in Frankreich nicht ohne den stärksten Verkaufsmonat Dezember gemacht.

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Angesichts der Preisanstiege sollten unter dem Strich auch wieder gut sechs Milliarden Euro Umsatz stehen. Dafür kann man schon eine Flasche aufmachen – ganz vorsichtig.

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