Conrad Electronic „Amazon ist für jeden Händler ein Wettbewerber – auch für uns“

Quelle: dpa Picture-Alliance

Vom Spezialisten für Hobbybastler zum Beschaffungsdienstleister für Tausende Unternehmen: Der Elektronikanbieter Conrad hat sein Geschäftsmodell radikal gedreht. Doch reicht das, um Amazon & Co. auf Abstand zu halten?

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Alles begann mit dem Radio. 1923 erkannte Max Conrad das Potenzial des Mediums und startete den Verkauf von Spulen, Detektoren und Kondensatoren, eben alles, was Kunden brauchten, um sich ein einfaches Radiogerät selbst zusammenzubauen. Es war die Geburtsstunde des Technikhändlers Conrad, der den Zweiten Weltkrieg überstand, in der Wirtschaftswunder-Ära aufblühte und später als Elektronikhändler die Einkaufsstraßen der deutschen Großstädte eroberte. Doch inzwischen sind die Zeiten, als Conrad noch als „blauer MediaMarkt“ um Hobbybastler, Techniktüftler und andere private Kunden buhlte, vorbei. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen fast alle Filialen geschlossen und sein Geschäftsmodell radikal umgestellt und konzentriert sich nun auf das Geschäft mit Businesskunden (B2B). 

Der Hintergrund: „Amazon hat eine Verschiebung in Richtung E-Commerce ausgelöst“, sagt Conrad-Chef Ralf Bühler. Mit gravierenden Folgen für das stationäre Geschäft. „Auch dadurch haben wir unsere Strategie auf den Prüfstand gestellt und uns dann entschieden, unseren Fokus auf die B2B-Kunden zu verschieben“, sagte Bühler. Das habe schließlich auch zum Rückzug aus dem klassischen Endkundengeschäft über eigene Läden geführt.

Ein gewagtes Manöver für das Familienunternehmen. Schließlich lag der B2B-Umsatz nur bei 25 bis 30 Prozent, als die Neuausrichtung beschlossen wurden. „Inzwischen sind es über 70 Prozent“, sagt Bühler. Bei einem jährlichen Gesamtumsatz von rund 1,1 Milliarden Euro sei das „eine ordentliche Steigerung“.

Die Verunsicherung macht sich bemerkbar

Verkauft wird nun primär über eigene Onlineshops und Marktplätze, man biete „Großkunden aber auch eine direkte elektronische Anbindung zu ihrem Einkauf“ an, sagt Bühler. Auch dabei dürfte wiederum Amazon eine Rolle spielen. Schließlich sind die Amerikaner mit Business-Sparte ebenfalls in dem Geschäftsfeld aktiv ist und beliefern Unternehmenskunden.

„Amazon ist für jeden Händler ein Wettbewerber – auch für uns“, räumt denn auch Bühler ein. Aber gerade Großkunden wollten sich eben nicht an die Prozesse eines Techgiganten anpassen, sondern möchten, dass sich ihre Geschäftspartner in ihre Prozesse integrieren. „Genau das tun wir über die unterschiedlichsten Schnittstellen“, so Bühler. Über diese könnten die Mitarbeiter eines Unternehmens dann bequem bestellen. Ärger mit den Einkaufsabteilungen seiner Kunden gebe es dabei nicht. Im Gegenteil: „Die Einkäufer sind dankbar, wenn sie bestimmte Kriterien wie Orderlimits bei uns hinterlegen können und dann können die Kolleginnen und Kollegen in den Fachabteilungen ihre Bestellungen direkt auslösen“, sagt Bühler.

Angesichts der aktuellen Wirtschaftsflaute sparen Firmen momentan allerdings auch bei Technikbeschaffung. „Wir dürfen uns nichts vormachen“, sagt Bühler. Seit Beginn des zweiten Halbjahres 2023 würden sich die Unternehmen zurückhalten. „Das merken wir sehr stark in Deutschland, Österreich und inzwischen auch in anderen europäischen Ländern.“

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Kurzum: „Die Investitionsbereitschaft ist äußerst schwach“ und „die wirtschaftliche Verunsicherung macht sich bemerkbar“. Vor allem die Autobranche, der Maschinen- und Anlagenbau, aber auch Bau- und Immobilienunternehmen hätten zuletzt weniger Elektronikartikel bestellt. „Das schwierige Marktumfeld ändert aber nichts an unserer Strategie“, sagt Bühler. Der Bedarf an Elektronikartikeln sei weiterhin vorhanden, „es geht eher um eine zeitliche Verlagerung von Bestellungen.“

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