Viele deutsche Unternehmen haben nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine das Ende ihrer Geschäftsaktivitäten in Russland angekündigt. Dass der Rückzug alles andere als einfach ist, müssen die Manager der deutschen Baumarktkette Obi gerade erfahren. Die Tengelmann-Tochter will sich rechtlich dagegen wehren, dass die Marke Obi fast ein Jahr nach dem Verkauf an Investoren in Russland weiterhin genutzt wird.
„Die übergangsweise Gestattung zur Weiternutzung der Marke Obi durch den Käufer der russischen Tochtergesellschaften ist inzwischen ausgelaufen“, erklärte das Unternehmen der WirtschaftsWoche. Trotzdem werde die Marke „zum derzeitigen Zeitpunkt unberechtigt benutzt“. Logos von Obi tauchten weiterhin in den Märkten auf, seien etwa auch an Eingängen deutlich zu sehen. „Hiergegen geht die Obi-Gruppe rechtlich vor.“
27 russische Obi-Baumärkte mit rund 5000 Mitarbeitern gab es bis zum vergangenen Jahr, etwa in Metropolregionen um Moskau, St. Petersburg und Wolgograd.
Nachdem Russland die Ukraine überfiel, kündigte das deutsche Unternehmen im März 2022 an, die Geschäftstätigkeit in Russland einzustellen. Die Märkte wurden geschlossen. Danach, erläutert das Unternehmen im Gespräch mit der WirtschaftsWoche, „gab es Beeinflussungsversuche seitens der russischen Behörden, sowohl gegenüber dem lokalen Management als auch den lokalen Mitarbeitenden, die Märkte entgegen den Weisungen der Obi-Zentrale geöffnet zu halten.“ Die Märkte seien jedoch geschlossen geblieben.
Im April erklärte Obi, „alle juristischen Einheiten ohne Kaufpreiszahlung an einen Investor übertragen“ zu haben. Unter der Bedingung, „dass die Marke Obi in Russland zukünftig nicht mehr verwendet wird“.
10 Euro für 27 Baumärkte
Wer der neue Investor ist, wurde zunächst nicht öffentlich. Im vergangenen August meldete sich dann der Geschäftsmann Josef Liokumowitsch, der sich zu einer 60-Prozent-Beteiligung an den ehemaligen russischen Obi-Märkten bekannte. Er habe umgerechnet zehn Euro dafür gezahlt und mehr als 30 Millionen Euro Schulden abgelöst, sagte er „Forbes Russia“. Wem die restlichen 40 Prozent gehören, verriet er nicht.
Weniger verschlossen gab er sich bei seinen Plänen: Er wolle ein Unternehmen schaffen, das kundenorientierter und effizienter ist. Und offenbar russischer als bislang: Lieferanten sollten laut dem neuen Mehrheitseigner vor allem aus Russland kommen. Die Musik, die in den Baumärkten dudelt, soll Liokumowitsch zufolge auch nicht von internationalen Künstlern stammen, sondern von Russen. Liokumowitsch war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
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