Millionen für Canyon Im Fahrrad-Duell gegen Rose holt sich Canyon starke Unterstützer

Für 2020 erwartet Canyon einen Betriebsgewinn in Höhe von 54 Millionen Euro. Quelle: imago images

Die Koblenzer Fahrradschmiede Canyon hat neue Investoren, deren Einstieg viele überraschen dürfte. Zum Zuge kommen ein großer Apple-Visionär und ein belgischer Investor, der in Deutschland kein Unbekannter ist.

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Die beiden Finanzinvestoren Carlyle und KKR haben im Rennen um den deutschen Radhersteller Canyon den Kürzeren gezogen. Beide galten als aussichtsreiche Bieter in einem Verfahren, dass Canyon-Gründer Roman Arnold vor einigen Monaten gestartet hatte. Er gab nun der Investmentholding Group Bruxelles Lambert (GBL) den Vorzug.

Die Belgier erwerben vom Unternehmensgründer, Beiratschef und Haupteigentümer Arnold und dem US-Finanzinvestor TSG Consumer Partners eine Mehrheitsbeteiligung. GBL ist in Deutschland beileibe kein Unbekannter. Die Belgier sind unter anderem am Herzogenauracher Dax-Konzern Adidas beteiligt, der Anteil liegt aktuell bei knapp sieben Prozent. Auch im Mediengeschäft war GBL lange aktiv. Die Belgier waren in der Vergangenheit mit einem Viertel der Anteile am Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann beteiligt.

Wert liegt bei 800 Millionen

Mit der Übernahme von 60 Prozent der Anteile an Canyon samt Schulden liegt die Unternehmensbewertung laut Finanzkreisen bei 800 Millionen Euro – dabei war Canyon einst aus einem kleinen Fahrradladen in Koblenz hervorgegangen.

Heute ist Canyon Bicycles, das beim Marketing seit Jahren auf die Unterstützung von Profiradteams sowohl bei Männern wie Frauen, als auch auf prominente Athleten wie den Triathleten Jan Frodeno setzt, einer der am schnellsten wachsenden Fahrradhersteller der Welt. Allein in den vergangenen sieben Jahren, heißt es, sei der Umsatz im Schnitt um 25 Prozent pro Jahr gestiegen. Inzwischen liege er bei mehr als 400 Millionen Euro.

Jan Frodeno 2019 beim Ironman World-Chamionship auf Hawaii. Quelle: imago images

Ärger mit Händlern

Für 2020 erwartet Canyon einen Betriebsgewinn in Höhe von 54 Millionen Euro, getrieben durch eine international stark steigende Markenbekanntheit, aber auch dadurch, dass mehr und mehr Kunden die Scheu, Räder im Internet zu kaufen, abgelegt haben. Klassischen Fahrradhändlern sehen die Koblenzer daher mit einer Mischung aus Respekt vor der Leistung, aus einem Start-up eine Millionen-Marke zu schaffen, und der Vertriebspolitik, die allein auf E-Commerce setzt – manche Händler weigern sich daher beispielsweise, Canyon-Räder zu reparieren. Wachstum erzielte Canyon jedoch auch, weil dank des zeitweiligen Miteigentümers TSG der Einstieg in den wichtigen US-Markt gelang.

Gründer Arnold hatte inzwischen den CEO-Posten an Armin Landgraf abgegeben. Der setzt in den kommenden Jahren noch auf Wachstumsmöglichkeiten in Europa und den USA und auch im schnell wachsenden E-Bike-Markt.
Hilfe vom iPod-Mann

Unterstützung verspricht sich Canyon nun von GBL – und einem Apple-Veteranen. Denn neben GBL wird auch der frühere Apple-Manager Tony Fadell mit einer Minderheitsbeteiligung mit von der Partie sein. Der Computeringenieur Fadell war maßgeblich an der Entwicklung des iPods und des iPhones beteiligt. Nach seiner Zeit bei Apple war er einer der Mitgründer des Thermostat-Entwicklers Nets Labs, der später an Google verkauft wurde. Über seine Denkfabrik Future Shape, heißt es, werde er Canyon künftig auch beraten.

Dass die Koblenzer durchaus bereits ein Händchen dafür haben, mit aufsehenerregenden Entwürfen innerhalb der Fahrradszene aufzufallen, zeigten sie vor zwei Jahren. Da stellten sie mit dem Modell Grail ein schwer spezielles Design vor – der Lenker sah aus wie eine Art Doppeldecker. Das Design spaltete die Radgemeinde in Liebhaber und Verächter, für Marketingprofis die perfekte Mischung. Der Entwurf sorgte dafür, dass bei Radtreffs und Rennen international über das Für und Wider des Grail diskutiert wurde und Canyon seine Bekanntheit spürbar steigern konnte.

Vom Boom des Zweirads profitiert der Bikehersteller Storck aus dem südhessischen Idstein. Das Unternehmen ist bisher mit einem blauen Auge davon gekommen und arbeitet fast wieder im Normalbetrieb.
von Mario Brück

Duell mit Rose

In Deutschland liefert sich Canyon als Hersteller ein Duell mit dem Bocholter Hersteller und Händler Rose. Wie Canyon setzt auch das Traditionsunternehmen vom Niederrhein massiv auf den Online-Verkauf, betreibt aber mittlerweile auch einige stationäre Showrooms. Rose sorgte zuletzt auch für Aufmerksamkeit, als das Unternehmen mit einer Essener Digitalagentur eigens Spezialisten übernahm, um den eigenen Online-Auftritt zu verbessern.

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