Der Durchbruch gelang mit Mänteln, Jacken und Decken aus Lamahaar. Auf die setzte der Modehändler Peter Hahn schon kurz nach der Gründung 1964 – und besetzte damit eine lukrative Marktnische. Das Unternehmen mit Sitz in Winterbach nahe Stuttgart eröffnete ein Jahr später die erste Filiale, wuchs kräftig weiter und spezialisierte sich bald schon auf Mode für Frauen im Alter ab 45 Jahren, sogenannte Best-Ager.
Inzwischen beschäftigt Peter Hahn nach eigenen Angaben europaweit rund 1000 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro. Das Unternehmen ist in zahlreichen europäischen Ländern aktiv und verkauft Mode-, Fashion- und Lifestyle-Produkte über Katalog, Internet und stationären Einzelhandel. So betreibt das Unternehmen unter anderem 17 Filialen in Deutschland und der Schweiz, heißt es auf der Firmenhomepage.
Ob das so bleibt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Nach Informationen der WirtschaftsWoche soll Peter Hahn über ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren saniert werden.
Dem Vernehmen nach gab es schon in vergangenen Monaten intensive Verhandlungen mit Finanzierern und Investoren über die langfristige Neuaufstellung und -finanzierung des Unternehmens. Diese sollen inzwischen zwar weit fortgeschritten sein, einzelne Sanierungsmaßnahmen könnten nun aber im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens am schnellsten umgesetzt werden. Ziel sei es, die Restrukturierung und den Investoreneinstig im ersten Quartal 2024 abzuschließen.
Zuletzt litt die gesamte Branche unter der Konsumzurückhaltung der Verbraucher aufgrund der hohen Inflation. Steigende Kosten und höhere Zinsen können so nur noch schwer kompensiert werden. Und auch das milde Wetter im September und der ersten Oktoberhälfte dürfte für den Verkauf von Winter- und Übergangsware nicht zuträglich gewesen sein.
Die Krise der Branche spitzt sich zu
Der Geschäftsbetrieb von Peter Hahn soll zunächst ohne Einschränkungen weiterlaufen. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter dürften dabei über das Insolvenzgeld für die nächsten Monate gesichert sein. Nach Informationen der WirtschaftsWoche steuert der erfahrene Restrukturierungsexperte Detlef Specovius, Partner der Kanzlei Schultze & Braun, als zusätzlicher Geschäftsführer von Peter Hahn die Sanierung. Die Juristen Andreas Kleinschmidt und Nicolai Fischer von der Kanzlei White & Case unterstützen das Unternehmen zudem als Sanierungsbevollmächtigte.
Peter Hahn ist Teil der TriStyle Group, die wiederum mehrheitlich im Besitz des Finanzinvestor Equistone Partners Europe ist. TriStyle war auch Eigentümer des Modeversandhändlers Madeleine, der bereits im August ein Eigenverwaltungsverfahren gestartet hatte und bei dem Specovius ebenfalls im Einsatz ist.
Dem Vernehmen nach sollen die Insolvenz der Schwestergesellschaft, Umstellungen in der IT und die allgemeine Marktlage im Versandhandel eine Neuausrichtung und -finanzierung von Peter Hahn erforderlich gemacht haben.
Die Modebranche steht allerdings schon seit Jahren unter Druck. Erst nahm der Onlinehandel den stationären Anbietern Umsatz weg, dann sorgte die Coronapandemie für drastische Einbußen im stationären Geschäft und veränderte die Einkaufsgewohnheiten. Nun verschärft die hohe Inflation und die Zurückhaltung der Verbraucher die Krise der Branche.
Schon in den vergangenen Monaten hatten daher zahlreiche Modeanbieter die Reißleine gezogen. Der Schuhhändler Reno musste den Geschäftsbetrieb mittlerweile einstellen, der Versandspezialist Klingel dürfte Anfang 2024 folgen. Für andere Unternehmen wurden im Rahmen von Insolvenzverfahren zumindest Fortführungslösungen gefunden, darunter unter anderem die Modeanbieter Gerry Weber und Ahlers, der Düsseldorfer Fashionfilialist Peek & Cloppenburg sowie der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof.
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