Die Stimmung ist mau, die Kunden sind sparsam: Wenige Tage vor Heiligabend hat der Einzelhandel das diesjährige Weihnachtsgeschäft schon abgehakt. Mit dem bisherigen Verlauf sind jedenfalls zwei Drittel der Händler unzufrieden, zeigt eine aktuelle Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Es fehle schlicht der Schwung, konstatiert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Das gilt nicht nur für die Läden in den Innenstädten. Auch online wird in sämtlichen Warensegmenten vor Weihnachten weniger bestellt als im Vorjahr, berichtet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (Bevh). Unter dem Strich lagen die Gesamtumsätze mit Warenbestellungen von Anfang Oktober bis Ende November demnach über alle Branchen hinweg 7,7 Prozent niedriger als 2022. Doch es gibt Ausnahmen: Notebooksbilliger (NBB) etwa.
Bei dem Online-Anbieter für Technikprodukte verlief schon das November-Geschäft – entgegen den eigenen Erwartungen – „über dem Vorjahr mit einem sehr starken Zuwachs insbesondere in den Bereichen Notebooks und Desktops“, sagt NBB-Manager Martin Schwager. Auch generell sieht er noch Potenzial im Onlinehandel mit Computern & Co. Das Wachstum sei „für diesen Kanal noch lange nicht vorbei“, so Schwager, auch wenn die prozentualen Steigerungsraten schon aufgrund der Marktgröße nicht mehr so stark ausfallen würden wie in der Vergangenheit.
„Shoppe wie ein Milliardär“
Ganz ähnlich klingt Florian Teuteberg, Chef des Onlinehändlers Digitec Galaxus. Der Umsatz von Galaxus Deutschland sei im 3. Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal deutlich gewachsen, „im hohen zweistelligen Prozentbereich“, sagt Teuteberg. Der gesamte E-Commerce-Markt habe sich in den Coronajahren enorm entwickelt. Es sei deshalb nicht verwunderlich, dass nun eine „gewisse Kompensation“ stattfindet, so Teuteberg. Mittelfristig sei er aber überzeugt, dass „E-Commerce weiter zulegen wird und sich die Verschiebung vom stationärem zum digitalen Handel fortsetzt.“
Otto.de-Chef Marc Opelt blickt immerhin „vorsichtig optimistisch auf das Weihnachtsgeschäft“ und auch bei Media Markt sei man in die umsatzstärkste Zeit des Jahres „gut vorbereitet gestartet“, teilte die Konzernmutter Ceconomy jüngst mit.
Auf Kurs sieht sich auch der Tierbedarfsspezialist Zooplus. „Haustierfutter ist ein unverzichtbares und täglich benötigtes Gut, weshalb zooplus weiterhin ein starkes Wachstum verzeichnet und nicht an Fahrt verliert“, teilt das Unternehmen mit. Auch das Weihnachtsgeschäft werde immer wichtiger. „Immer mehr Menschen übertragen ihre Gewohnheiten, Wünsche und Vorlieben auf ihre Haustiere, was sich auch in der Nachfrage zeigt, die wir rund um Weihnachten beobachten“, heißt es bei Zooplus. „Dies zeigt sich beispielsweise in der Beliebtheit von eigenen Haustier-Adventskalendern und Weihnachtsgeschenken.“
Und auch dem Onlinemarktplatz Ebay bescheren zumindest einzelne Produktgruppen weiter Umsatzzuwächse. Vor allem gebrauchte Haushaltsgeräte, Laptops und Netbooks seien derzeit gefragt, heißt es bei Ebay.
Die wohl größten Gewinner im diesjährigen Weihnachtsgeschäft kommen jedoch aus China: Die Onlinediscounter Temu und Shein erobern mit Kampfpreisen den deutschen Markt. Jeansjacken gibt es beim Fashionspezialisten Shein bereits ab 20 Euro, Pullover schon für weniger als sechs Euro. Temu, bietet derweil einen wilden Mix aus Mode-, Beauty- und Lifestyle-Produkten: Ein Dreierset Armbänder kostet dort 1,79 Euro, eine Sonnenbrille 3,79 Euro, ein Staubsauer 13,49 Euro. Offizielles Temu-Motto: „Shoppe wie ein Milliardär.“ Das wollen offenbar viele.
Eine „positive, aufbauende Rolle“
„Temu setzt auf stetiges Wachstum und langfristige Investitionen in Deutschland“, teilt das Unternehmen mit und bedankt sich schon mal, „für die freundliche Aufnahme“ durch die Verbraucher. In deren Leben wolle man künftig eine „positive, aufbauende Rolle“ spielen. Daher versuche man, „für den deutschen Markt relevanter zu werden“ und „den Verbrauchern zu helfen, ihr Geld weiter zu strecken.“
Auch für Shein ist Deutschland „ein wichtiger und wachsender Markt“. 2024 will das Unternehmen sein „Engagement für die deutschen Verbraucher“ noch ausbauen, mehr Produkte und Dienstleistungen einführen, „die den lokalen Geschmack und die lokalen Bedürfnisse ansprechen“, teilt Shein auf Anfrage mit. Auch die Einführung eines Marktplatzmodells, auf dem externe Händler ihre Waren anbieten können, sei geplant. Ebenso wie der Ausbau des deutschen Teams und Partnerschaften mit deutschen Marken und Designern.
Klingt ganz so, als würde eines den chinesischen Newcomern nicht fehlen: genug Schwung.
Lesen Sie auch: „Es ist schon erstaunlich, wie aggressiv einige Online-Player auftreten“