Zero Zucker Aspartam in Fritz Kola – darum halten Unternehmen an dem Süßstoff fest

Quelle: imago images

Der Süßstoff Aspartam gilt nun laut WHO als „möglicherweise krebserregend“. Der große Aufschrei auf Seiten der Unternehmen bleibt bisher aus. Das Beispiel Glyphosat zeigt, dass das ein Fehler sein könnte.

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Zero-Produkte versprechen seit jeher Großes: voller Geschmack, Zero Zucker, keine Kalorien – kein schlechtes Gewissen?

Zumindest das könnte seit vergangenem Freitag auch inklusive sein: Die Krebsforschungsagentur IARC und der WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe JECFA halten Aspartam, einer der weltweit meistverwendeten Süßstoffe in Zero-Produkten, für „möglicherweise krebserregend“.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerhalb der WHO bezeichneten die Evidenz der WHO-Studien zwar als schwach: So werde bei der Einstufung nicht berücksichtigt, wie viel von dem Stoff Verbrauchende zu sich nehmen müssen. Ein 70 Kilogramm schwerer Erwachsener müsste laut JECFA neun bis 14 Dosen Diät-Limonade pro Tag trinken, um die zulässige Grenze zu überschreiten. Der WHO-Ausschuss empfiehlt, den Konsum unter 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu halten.

Doch selbst wenn der Verzehr in den üblicherweise verwendeten Mengen unbedenklich sein soll, könnte diese Einstufung dem Ruf von Diät-Produkten massiv schaden.

Wie gefährlich die Einstufungen der IARC für Unternehmen werden können, zeigt das Beispiel Glyphosat. 2015 wurde der umstrittene Unkrautvernichter als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, eine Stufe höher als Aspartam. Das löste eine Klagewelle gegen die Bayer AG aus, die den Konzern am Ende mehr als zehn Milliarden Euro kostete. In den Prozessen haben sich die Klägerinnen und Kläger vor allem auf die IARC-Einschätzung berufen – obwohl viele andere Studien und Regulierungsbehörden zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen sind.

Während Glyphosat vor allem der Bayer AG zum Verhängnis wurde, steckt Aspartam in vielen bekannten Produkten. Nicht nur große internationale Konzerne wie Coca-Cola und PepsiCo nutzen den Süßstoff, auch deutsche Getränke-Hersteller wie Afri Cola und Fritz Kola nutzen Aspartam in ihren Produkten.

Bisher zeigen sich die Unternehmen gelassen. Fritz-Kola beruft sich auf Anfrage der WirtschaftsWoche auf die Menge, die konsumiert wird: „Kola ist für uns keine Massenware zum literweise Reinkippen, sondern Genussmittel und Kulturgut für Erwachsene“, sagt Mirco Wolf, Gründer und Geschäftsführer von Fritz. Deswegen biete Fritz-Kola ihre Produkte nur in kleinen Portionen an: „Dank kleiner Portionen sinkt bei gleichen Absatzzahlen der Gesamtkonsum und damit der Zuckerkonsum“, sagt Wolf.

PepsiCo-Finanzchef Hugh Johnston sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man sehe keinen Grund, etwas an der Rezeptur der eigenen Produkte zu ändern. PepsiCo war einer der ersten Nutzer von Aspartam, rückte 2015 von dem Süßstoff ab und führte ihn ein Jahr später teilweise wieder ein. „Es ist vielleicht in einigen Produkten, aber es ist kein großer Teil“, sagte Johnston. Beim Rivalen Coca-Cola machen kalorienreduzierte Süßgetränke wie „Coke light“ ein Drittel des Absatzes aus. Laut Analysten könnte Coca-Cola notfalls leichter von Aspartam auf natürliche Süßstoffe wechseln als viele andere Hersteller.

Nach einem Umdenken und Umsehen nach Alternativen klingt das nicht. Doch wieso haben sich Getränke-Hersteller so auf das Süßungsmittel eingeschworen? Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin erklärt, dass Aspartam vor allem wegen des neutralen Geschmacks so beliebt sei. „Andere Süßungsmittel wie Saccharin und Stevia haben einen starken Eigengeschmack und müssen gut kombiniert werden, damit das Getränk noch schmeckt“, sagt sie. So versuchte beispielsweise Coca-Cola mit „Coca-Cola Life“ vor einigen Jahren, eine gesündere Alternative zu dem Originalgetränk zu schaffen. Der Geschmack konnte nicht überzeugen, der Konzern musste Coca-Cola Life wieder vom Markt nehmen.

Alternativen wie Stevia seien außerdem teilweise komplizierter zu verarbeiten, sagt Schautz. „Aspartam kennt der Markt, es kommt seit Jahrzehnten zum Einsatz und ist im Vergleich günstiger als andere Süßungsmittel“.

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Dass Unternehmen sich nach der WHO-Einstufung von Aspartam abwenden, bezweifelt die Expertin. Trotzdem könne es sein, dass der Markt sich anpasst: „Ich kann mir vorstellen, dass wieder mehr mit Alternativen gearbeitet und die Menge an Zucker überdacht wird“.

Lesen Sie auch: Zuckerschock für die Süßwarenhersteller

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