BASF „Ein Verkauf von Wintershall Anfang 2024 ist sehr realistisch“

BASF verkauft Teile des Konzerns, darunter auch die umstrittene Öl- und Gas-Beteiligung Wintershall. Findet diese trotz ihres Russland-Desasters noch Anklang? Quelle: imago images

Zum Ende seiner Amtszeit will BASF-Chef Martin Brudermüller mehrere Konzernteile verkaufen. Geschätzter Gesamtwert: rund zehn Milliarden Euro. Darunter ist auch die umstrittene Öl- und Gas-Beteiligung Wintershall, die trotz ihres Russland-Desasters noch Anklang findet.

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Seine Zeit an der Spitze der BASF hatte sich Martin Brudermüller wohl etwas anders vorgestellt. Ständig kam irgendwas dazwischen. Erst war es die Corona-Pandemie, dann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seit 2018 führt Brudermüller die BASF. Ungefähr seitdem versucht er, Wintershall loszuschlagen. Brudermüller will die BASF zum Vorreiter im Klimaschutz machen – ein Öl- und Gas-Unternehmen, an dem die BASF einen Anteil von 73 Prozent hält, passt da schlecht ins Bild.

2019 fusionierte Brudermüller Wintershall, das vor allem in Russland förderte, mit dem Unternehmen Dea, das wiederum dem russischen Investor Michail Fridman gehört. Der Plan war, das Unternehmen an die Börse zu bringen. Dann kam Corona. 2021 erschien der erzielbare Preis nicht hoch genug. Im Frühjahr 2022 startete Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine – mit fatalen Folgen für Wintershall, das vor allem im Russland-Geschäft aktiv war

„Natürlich ist es unglücklich, dass es nicht gelungen ist, das Öl- und Gasgeschäft vor dem Ukrainekrieg zu veräußern“, sagte Brudermüller Ende 2022 gegenüber der WirtschaftsWoche. „Aber es hilft ja nichts, darüber zu jammern. Das Ziel des Ausstiegs verfolgen wir weiter. Wir arbeiten daran, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden.“

Milliarden abgeschrieben   

Die könnte nun näher rücken: Wie Insider gegenüber dem „Handelsblatt“ berichteten, treibt Brudermüller, dessen Amtszeit nur noch bis April 2024 läuft, ein Verkaufsprogramm voran. Geschätztes Volumen: rund zehn Milliarden Euro. Größter Einzelposten: Wintershall.  

Dass es nun mit einem Verkauf von Wintershall klappt, hält Markus Mayer, langjähriger BASF-Kenner und Leiter Aktienresearch bei der Baader Bank für „sehr realistisch“, die Gespräch seien weit fortgeschritten: „Anfang 2024 wird es so weit sein.“ Als wahrscheinlichste Kandidaten gelten Mayer zufolge die französische Konzern Totalenergies sowie die norwegische Gesellschaft Equinor. Sechs bis acht Milliarden Euro soll Wintershall einbringen. Vor Jahren lagen die Schätzungen noch höher. Da wurde Wintershall von Analysten auf bis zu 25 Milliarden Euro taxiert.

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Dass der Wert so massiv gesunken ist, hängt vor allem mit dem für Wintershall einst so wichtigen Russland-Geschäft zusammen. Wintershall förderte in Sibirien, kooperierte mit Gazprom und pflegte gute Beziehungen zu Putins Kadern. Kurz: Durch den Ukraine-Krieg bekam der Öl- und Gasförderer ein massives Problem und musste Milliarden abschreiben. Anfang dieses Jahres kündigte Wintershall den Rückzug aus Russland an.     

Top bei der CO2-Speicherung     

Und dennoch: Für potenzielle Käufer wie Totalenergies und Equinor besitzt die BASF-Beteiligung durchaus Attraktivität. Ein Grund: „Beim Auffangen und Speichern von Kohlendioxid im Boden, dem sogenannten Carbon Capture and Storage (CCS), ist Wintershall technologisch führend“, erklärt BASF-Kenner Mayer von der Baader Bank. Auch die Gas-Aktivitäten von Wintershall in Europa sind durchaus ein Kaufargument, sagt Arne Rautenberg, Fondsmanager beim BASF-Aktionär Union Investment. „Nachdem russisches Gas ausbleibt, gewinnen die Gasförderanlagen in Europa zunehmend an Bedeutung. Und da hat Wintershall einiges zu bieten.“ Die BASF-Tochter ist in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Großbritannien aktiv.

Die möglichen Bieter – genannt werden auch ein Staatsfonds aus Abu Dhabi sowie das britische Unternehmen Harbour Energy – wollen sich nicht äußern. Der Verkauf gilt durchaus als kompliziert, auch wegen der unklaren Position des Miteigentümers Letter One. Die Investmentgesellschaft ist zwar nicht von den westlichen Sanktionen gegen Russland betroffen, ihr Mitbesitzer Fridman hingegen schon. Seine Anteile und Rechte an Letter One sind aktuell eingefroren. BASF wollte sich zu den Wintershall-Plänen nicht äußern. Bis zur Hauptversammlung im April 2024 soll der Verkauf abgeschlossen sein, fordern Investoren.

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Bleibt die Frage, wer danach BASF-Chef Brudermüller nachfolgt. Am häufigsten genannt wird Asien-Vorstand Markus Kamieth. Doch auch Technologievorständin Melanie Maas-Brunner werden Chancen eingeräumt – sie vertrat die BASF kürzlich beim Chemiegipfel im Kanzleramt


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