Chemieindustrie Was hinter dem Megageschäft zwischen OMV und Adnoc steckt

Adnoc-Chef Sultan Ahmed Al Jaber ist gleichzeitig Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate. Quelle: REUTERS

Der arabische Ölkonzern Adnoc und die österreichische OMV sind sich offenbar einig über eine Fusion ihrer Petrochemie-Geschäfte. Adnocs nächster Schritt könnte die Übernahme eines deutschen Konzerns sein.

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Für den Chef des arabischen Ölkonzerns Adnoc geht es gerade Schlag auf Schlag: Am Mittwoch noch stand Sultan Ahmed Al Jaber als Präsident der UN-Klimakonferenz in Dubai auf der Bühne, um das gemeinsame Abschlussdokument zu verteidigen. Am Folgetag kündigte sich bereits zwei nächste Großereignis für den Manager an.

Nach monatelangen Verhandlungen mit Österreichs größtem Industriekonzern OMV haben sich die Konzerne offenbar auf die Fusion ihrer beiden Petrochemie-Sparten geeinigt, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstagnachmittag unter Berufung auf Insider meldete. OMV und Adnoc wollten sich bisher nicht dazu äußern. Wieder einen Tag später, am Freitag, vermeldete der niederländischen Chemiekonzern OCI, seine 50 prozentige Beteiligung an seiner Düngemittelsparte für 3,6 Milliarden Dollar an Adnoc zu verkaufen.

OMV und Adnoc sind sich alles andere als unbekannt. Die Emiratis halten knapp 25 Prozent an OMV. Darüber hinaus sind die Konzerne durch verschiedene Beteiligungen eng miteinander verbunden. Von dem Deal betroffen sind zwei Joint Ventures der Unternehmen: Die OMV-Kunststofftochter Borealis, an der Adnoc 25 Prozent hält, wird mit dem in Abu Dhabi gelisteten Joint Venture Borouge fusioniert, an dem Adnoc mit 54 Prozent die Mehrheit und OMV 36 Prozent hält.

Nach der Fusion soll offenbar Schluss sein mit den komplizierten Eigentumsstrukturen: Adnoc und OMV sollen die gleichen Anteile an dem neu entstehenden Petrochemiekonzern halten und somit künftig gleichberechtigte Partner sein. Knapp 30 Milliarden Euro soll das Unternehmen nach der Fusion wert sein. Der Plan: Borouge profitiert vom technologischen Wissen von Borealis. Borealis profitiert im Gegenzug von günstigeren Rohstoffen. Das gemeinsame Ziel: Expansion - vor allem auf dem vielversprechenden Wachstumsmarkt Asien.

Als OMV im Juli erstmals Verhandlungen über eine Fusion bestätigte, sprach OMV-Chef Alfred Stern von einer „starken und überzeugenden industriellen Logik“. Betrachtet man die Zukunftsstrategien der Konzerne, lassen sich durchaus Überschneidungen erkennen. Um sich unabhängiger zu machen, wollen beide Unternehmen das traditionelle Öl- und Gasgeschäft kontinuierlich zurückfahren und setzen stattdessen auf die Chemiebranche als Wachstumstreiber.

Übernahmeverhandlungen mit Covestro dauern an

Stern hat im Frühjahr 2022 eine neue OMV-Strategie präsentiert, der zufolge sich der Konzern künftig stark auf Chemie, Recycling und Kreislaufwirtschaft konzentrieren will. Auch Adnoc will sich diversifizieren und investiert deshalb in Zukunftsgeschäfte. Im Fokus steht die Expansion im Bereich Veredelung von Öl und Gas und somit einer Vertiefung der Wertschöpfungskette. 150 Milliarden Dollar hat der Staatskonzern für Übernahmen abseits der Ölförderung bereitgestellt.

Für Adnoc ist das Geschäft mit OMV also wohl nur der Anfang. Die Emiratis haben gerade erst mit ihrer Einkaufstour in Europa begonnen. Das nächste Ziel dürfte ein deutscher Konzern sein: Seit Monaten buhlt Adnoc mit einem fast zwölf Milliarden Euro schweren Übernahmeangebot um den deutschen Kunststoffkonzern Covestro. Ein konkretes Angebot liegt den Leverkusenern bisher aber nicht vor. Laut Covestro werden derzeit „ergebnisoffene Gespräche“ geführt. Mit der Übernahme des Chemiekonzerns will sich Adnoc Expertise im chemischen Recycling und für die Kreislaufwirtschaft sichern. Die Leverkusener richten sich komplett auf die Nutzung erneuerbarer Rohstoffe aus und entwickeln Verfahren, mit denen komplexe Kunststoffe und Gase zur Wiederverwertung in Einzelteile zerlegt werden können.

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Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg prüft Adnoc außerdem eine Übernahme von BASFs Öl- und Gastochter Wintershall, die mit mehr als zehn Milliarden Euro bewertet werden könnte. Das Unternehmen versuchte zuletzt, sich als Schlüsselkonzern der Energiewende zu profiliere: sich in ein Gas- und Dekarbonisierungsunternehmen zu verwandeln. Dazu investiert CEO Mario Mehren in Carbon-Capture-and-Storage-Systeme (CCS), die Kohlenstoff auffangen, und in die Entwicklung von Wasserstoff. In Nachhaltigkeitstechnologien also, die auch für Adnoc von Interesse sind.

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