Geprellte Müllgebühren Tausenden Onlineshops droht Verkaufsverbot

Recycling von Verpackung und Schuhkarton: Onlineshops müssen Verpackungsgebühren zahlen. Quelle: imago images

Wer Produkte in Deutschland verkauft, muss für die Verpackung Gebühren zahlen. Tausende Händler, die ihre Waren bei Amazon oder eBay anbieten, tun das nicht. Im Juli können die Onlineplattformen die Shops abschalten.

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Ab sofort könnten hunderttausende Produkte von Plattformen wie Amazon und eBay verschwinden. Der Grund: Den Shopbetreibern droht ein Verkaufsverbot, wenn sie in Deutschland keine Verpackungsgebühren zahlen. Die Plattformbetreiber können die Konten der Anbieter dann sperren. „Ab dem 1. Juli müssen sie die Shops schließen“, sagt Gunda Rachut, Vorstand der Zentralen Stelle Verpackungsregister.

In das Verpackungsregister müssen sich alle Unternehmen eintragen, die in Deutschland verpackte Produkte verkaufen – dazu zählen zum Beispiel auch Versandkartons. Die Inverkehrbringer der Verpackungen zahlen dafür Gebühren, durch die zum Beispiel die Sammlung und Entsorgung des Mülls bezahlt werden.

In der Vergangenheit aber sind viele Unternehmen dieser Pflicht nicht nachgekommen. Vor allem im Onlinehandel ist das Problem groß – viele ausländische Verkäufer wissen nichts von den Verpackungsgebühren. Und in der Coronapandemie ist deren Zahl stark gewachsen: Etwa 200.000 zusätzliche Shops seien in den vergangenen zwei Jahren entstanden, sagt Rachut.

Zwar steigt auch die Zahl der Registrierungen im Verpackungsregister stark an: Etwa 3500 Unternehmen registrieren sich jeden Tag, die meisten kommen aus Deutschland, auf Rang zwei stehen bereits Anmeldungen aus China, danach folgen Anmeldungen aus Großbritannien. Trotzdem gebe es „noch immer viele Trittbrettfahrer“, sagt Rachut.

Die Onlineplattformen können die Gebührenpreller schnell erkennen. Über eine Schnittstelle sind sie mit dem System des Verpackungsregisters verbunden und können dort über die Steuernummern der Shopbetreiber prüfen, ob die Anbieter sich im Verpackungsregister registriert haben oder nicht.

Die Verkaufsplattform Ebay etwa teilt mit: „Ab dem 1. Juli müssen wir kontrollieren, ob sich die Händler und Händlerinnen nach dem Verpackungsgesetz registriert haben.“ Die Mehrheit der Händler und Händlerinnen im deutschen Markt seien jedoch gut vorbereitet. Anbieter, die nicht ordnungsgemäß im Verpackungsregister angemeldet seien, „werden wir zukünftig bezüglich des Verkaufs über unseren Online-Marktplatz einschränken müssen“, so Ebay.

Konkurrent Amazon hat damit bereits begonnen: „Amazon sperrt ab dem 15. Juni 2022 Angebote, die gegen die ab dem 1. Juli 2022 geltenden EPR-Vorgaben verstoßen“, erklärte der Onlinehändler bereits Anfang Juni auf auf der Plattform für die Anbieter auf dem Marktplatz. Offiziell teilt Amazon mit: Man habe die Marktplatzanbieter „bereits seit Ende vergangenen Jahres wiederholt über verschiedene Kanäle an ihre Verantwortung erinnert.“ So hat der Onlinehändler über Rundmails und auch auf seinen Social Media Angeboten vor den Konsequenzen der Gesetzesänderung gewarnt. „Amazon kann da sehr strikt sein“, sagt Rachut.

Dass der Onlinehandel zusammenbreche, erwartet die Leiterin der Zentralen Stelle Verpackungsregister damit nicht. Doch sie rechnet damit, dass viele Shopbetreiber von der Meldepflicht überrascht werden könnten. „Es ist wahrscheinlich schlau, wenn unsere Servicehotline am 2. und auch am 3. und 4. Juli gut besetzt ist.“

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Nicht nur die Onlinehändler sind von der Gesetzesänderung betroffen: Auch Restaurants oder Cafés könnten Probleme bekommen, wenn Sie zum Beispiel Salate, Muffins oder auch Kaffee in To-Go-Verpackungen an Kunden abgeben und diese Verpackungen nicht registriert haben. Auch Mehrwegverpackungen müssen angemeldet sein. Die zuständigen Vollzugsbehörden in den Landkreisen und Kommunen könnten gegen die Gastronomen sonst ebenfalls Verkaufsverbote verhängen.

Dieser Artikel erschien erstmals am 2. Juni 2022 bei der WirtschaftsWoche und wurde zum 1. Juli 2022 aktualisiert.

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