Interview Neuer Strabag-Chef verordnet Baukonzern ehrgeizige Ziele

Klemens Haselsteiner will den Baukonzern bis 2030 deutlich rentabler machen. Die operative Marge soll demnach von 4,0 auf 6,0 Prozent gesteigert werden.

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Eines der größten Projekte wickelt der Konzern derzeit in Großbritannien ab, wo die Hochgeschwindikeits-Bahnstrecke zwischen London und Birmingham gebaut wird. Quelle: REUTERS

Der neue Strabag-Chef Klemens Haselsteiner will die Expansion in Märkte wie Großbritannien und Kanada vorantreiben und Österreichs größten Baukonzern bis 2030 deutlich rentabler machen. „Wir wollen Vorreiter im klimagerechten Bauen sein und die Energiewende aktiv mitgestalten, aber dabei nicht aus den Augen verlieren, dass wir auch Geld verdienen wollen“, sagte der Manager in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Das bedeutet, dass die operative Marge (Ebit-Marge) in den nächsten sieben Jahren auf 6,0 Prozent von zuletzt rund 4,0 Prozent gesteigert werden soll.
„Ich bin ein Freund davon, sich ambionierte Ziele zu setzen, auf die Gefahr hin, dass man sie vielleicht nicht erreicht“, sagte Haselsteiner. Er verwies darauf, dass die Marge vor zehn Jahren noch bei rund zwei Prozent lag. „Ich bin aber überzeugt, dass es machbar ist“. Branchenkenner bezeichnen seine Pläne als ehrgeizig, liegen doch die Margen in der europäischen Baubranche im Schnitt klar darunter. 

Zudem schwächelt derzeit die Bauindustrie, vor allem der Wohnungsneubau. Die Branche leidet unter einem Auftragschwung, da gestiegene Zinsen und hohe Materialkosten viele Projekte unrentabel machen. Haselsteiner sieht darin aber keine Krise, sondern eine Normalisierung nach Jahrzehnten des Baubooms. „Ich bin überzeugt, dass es weiterhin möglich ist, profitable Projektentwicklungen zu machen“. 

Der Preiskampf wird seiner Ansicht nach aber zunehmen. „Player, die solide gewirtschaftet haben, solide finanziert sind, ein vernünftiges Risikoprofil haben und dem Ruf des billigen Geldes nicht verfallen sind, werden weiterhin gute Geschäfte machen“.
Der Sohn des Firmengründers Hans Peter Haselsteiner hatte das Ruder im Januar von Thomas Birtel übernommen, der nach zehn Jahren altersbedingt ausgeschieden war. Der 42-Jährige verordnete der Strabag, die als fünftgrößter Baukonzern Europas gilt, eine neue Strategie bis 2030. Präsentiert wurde sie bei der Hauptversammlung in der vergangenen Woche.
Auf der Aktionärsversammlung stand zudem der vom russischen Oligarchen Oleg Deripaska kontrollierte Kernaktionär Rasperia im Fokus. Der Gründer und Eigentümer von Basic Element, einer der größten russischen Industriegruppen, steht seit Kriegsausbruch in der Ukraine auf der Sanktionsliste und seine Vermögenswerte wurden eingefroren. Strabag schüttet seitdem keine Dividenden mehr an Rasperia aus und hat den von ihr entsandten Aufsichtsrat abberufen. 

Der russische Aktionär wehrt sich vor Gericht. „Es ist kein Thema, das uns jeden Tag beschäftigt, aber es kommt vor. Und wenn es vorkommt, ist es immer ein unangenehmes Gespräch“, so Haselsteiner. Um Schaden von der Strabag abzuwenden, die kritische Anfragen deswegen bekommt und in Polen um Aufträge fürchtet, stimmten die Aktionäre für Maßnahmen, die den Anteil von Rasperia unter die Sperrminorität von 25 Prozent drücken. Derzeit hält Raspiera 27,8 Prozent.

Prall gefüllte Orderbücher

Für die nächsten zwölf bis 18 Monate macht sich der Strabag-Chef kaum Sorgen. Schließlich wurde kürzlich die 24-Milliarden-Euro-Marke beim Auftragsbestand geknackt. Der operative Gewinn (Ebit) schrumpfte jedoch im Vorjahr um rund ein Fünftel auf 706 Millionen Euro - dennoch das zweithöchste Ebit. „Unsere Auftragsbücher sind voll und der Bedarf an Infrastrukturmaßnahmen in den Kernmärkten ist ungebrochen“. 

Er verwies auf den Infrastrukturplan von Deutschland, der bis 2030 Investitionen von 270 Milliarden Euro vorsieht. „Die Deutsche Bahn schiebt ein Investitionsvolumen von 90 Milliarden Euro vor sich her, die Gelder sind da und warten darauf ausgegeben zu werden“. Die deutsche Strabag mit Sitz in Köln, die zur Gänze zur Konzernmutter in Wien gehört, ist Marktführer im Straßenbau.
Eines der größten Projekte wickelt der Konzern derzeit in Großbritannien ab, wo die Hochgeschwindikeits-Bahnstrecke zwischen London und Birmingham gebaut wird. Darüber hinaus gebe es in Kanada mehrere Großprojekte. „Das verschafft uns eine gewisse Strahlkraft und diese Chance wollen wir nutzen, um eine Flächenpräsenz aufzubauen“, so Haselsteiner. Auch nach Zukäufen sehe man sich um, die „Kriegskasse“ sei schließlich gut gefüllt. Mittelfristig sei auch eine Expansion in die USA denkbar und langfristig brauche es auch eine Afrika-Strategie.

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