Kampfflugzeuge „Die F35 bringt Wissen für künftige Rüstungsprojekte“

Ein Kampfflugzeug vom Typ F-35 Quelle: dpa

Tom Jones, Chef des Flugzeuggeschäfts beim US-Konzern Northrop Grumman, über den Bau des modernsten Kampfjets der Welt in Deutschland und künftige Luftkampfsysteme.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

WirtschaftsWoche: Herr Jones, für welches Unternehmen arbeiten Sie?
Tom Jones: Northrop Grumman. Warum fragen Sie?

Sie habe gerade in Weeze am Niederrhein den ersten Spatenstich für eine Fabrik von Lockheed Martin getan.
Sie meinen die Fabrik, in der Rheinmetall Teile des Kampfflugzeugs F-35 baut? Das ist quasi unsere Fabrik. Lockheed Martin hat als sogenannter Prime Contractor zwar die Führung bei der F35. Aber Lockheed Martin und wir waren von Anfang an Teamkollegen und haben das Flugzeug  gemeinsam entwickelt. Darum baut Northrop Grumman baut zentrale Teile – unter anderem der Rumpf, dessen Mittelteil Rheinmetall künftig in Weeze fertigt. Diesen Vertrag kontrollieren und managen wir.

Und was machen Sie noch bei der F35?
Wieviel Zeit haben Sie? (Lacht) Unser Teil sind Design und Bau des AESA-Feuerleitradars, die DAS-Luftraumüberwachung, die Kommunikationssysteme, die Warnsysteme gegen angreifende Raketen, die Software für die Einsatzplanung und so weiter.

Zur Person

Wie groß ist Ihr Anteil insgesamt?
Das ist schwer in Zahlen zu fassen. Sagen wir: erheblich.

Aber in Deutschland fertigt Rheinmetall nach Ihren Vorlagen das zentrale Rumpfteil. Ist das nicht eine vergleichsweise einfache Arbeit?
Oh nein. Die Sektion ist technisch ein komplexes System aus 10.000 Teilen, denn sie enthält unter anderem die Waffensysteme und die Triebwerke. Dazu bestehet sie aus Hightechmaterial, denn sie muss sehr leicht sein und trotzdem auch bei sehr extremen Flugmanövern absolut stabil bleiben. Das ist ein zentrales und anspruchsvolles Bauteil.

Warum geben Sie die dann an Rheinmetall ab?
Weil die Nachfrage nach der F35 so groß ist, das wir die Produktion hochfahren müssen. Aber wir haben bislang für das Rumpfmittelteil nur das Werk in Palmdale in Kalifornien. Es gab mal eines in der Türkei. Aber das gibt es nicht mehr.

Lesen Sie auch: Der Rüstungs-Boom geht am deutschen Mittelstand vorbei

Warum?
Das war eine Entscheidung der amerikanischen Regierung.

War der Grund nicht, dass die Türkei das russische Flugabwehrsystem S-400 gekauft hat? Und das ging nicht, weil diese Aufklärungsplattform eingesetzt werden könnte, um die Fähigkeiten der F35 zu erkunden.
Das kann ich nicht kommentieren.

Warum brauchen Sie jetzt ein zweites Werk in Weeze?
Wir können in Palmdale aus Platzgründen im Jahr nicht viel mehr als 150 Rumpfmittelteile herstellen. Aber die Nachfrage ist höher nach den verschiedenen weltpolitischen Ereignisse der jüngeren Zeit. Und die Kunden wollen ihre Flugzeuge schneller als bisher erwartet. Also brauchen wir eine zweite Fertigung und da erschien uns ein Werk in Deutschland als der richtige Weg.

Wie fiel die Wahl auf Rheinmetall? Das Unternehmen hat bisher wenig Geschäft in der Luftfahrt.
Die Entscheidung haben wir nach einer gründlichen Prüfung getroffen, bei der wir uns die Fähigkeiten sehr genau angesehen haben. Dabei war ich beeindruckt von deren Fähigkeiten in der Fertigungstechnologie und der Fähigkeit zum Bau komplexer System mit großen Stückzahlen sowie mit hoher Qualität in kurzer Zeit. Die kriegen das hin.

Wird das Werk in Weeze eine echte Rheinmetallfabrik oder haben da nicht doch Lockheed und Sie die Fäden in der Hand, weil es ja um sicherheitsrelevante Technologie geht?
Das ist und bleibt eine Rheinmetallfabrik. Ich glaube nicht, das da überhaupt Leute von Lockheed Martin sind. Und auch von uns werden vielleicht am Anfang ein Dutzend Experten für Fertigung und Qualitätskontrolle da sein. Auf Dauer ist da maximal eine Handvoll unserer Leute vor Ort.

In Deutschland ist die Entscheidung zum Kauf der F35 bis heute umstritten, vor allem weil die heimischen Hersteller davon technologisch nicht haben und die Flugzeuge im Alltag von den USA abhängen.
Die Frage zum Betrieb müssen Sie an die jeweiligen Regierungen richten. Aber als Hersteller kann ich sagen, Deutschland profitiert vom Bau der F-35.



Und wie?
Das neue Werk bringt Deutschland bis zu 400 Hightechjobs und einen Anteil am derzeit modernsten Kampfflugzeug der Welt. Dazu bekommen Rheinmetall und damit auch Deutschland und Europa die Erfahrung beim Betrieb einer Fabrik für ein Kampfflugzeug der fünften Generation. Solche Fabriken gibt es nur sehr wenige und der Bau eines Kampfflugzeug der fünften  Generation unterscheidet sich deutlich von einem Jet der vierten Generation.

Worin genau?
Wenn ich das sage, wären wir sehr schnell im vertraulich eingestuften Bereich (lacht). Aber der Bau der F35 bringt Rheinmetall bringt Rheinmetall High-Wissen, das sie bei künftigen Rüstungsprojekten nutzen können, wenn sie das wollen.

Sie meinen, Programme wie FCAS in Europa?
Bei jedem künftige Programm.

Wie werden diese neuen Luftkampfsysteme aus Ihrer Sicht aussehen? Oder ist das auch geheim?
Es ist eher noch ein wenig zu früh. Denn zuerst wird sich die F35 als fünfte Kampflugzeug-Generation nochmal weiter entwickeln. Aber mit unserem neuen Tarnkappenbomber B21 entsteht schon die sechste Generation. Darum arbeiten wir an vielen neuen Technologien, bemannte und unbemannte Technik am Himmel und auf der Erde, die digital verbunden agieren. Aber das ist nicht die größte Herausforderung.

Sondern?
Diese Systeme, die wir ja zu einem großen Teil schon bauen, so zu verbinden, dass sie auch sicher sind und für Piloten und alle anderen Beteiligten leicht zu bedienen sind. Und das alles auch finanzierbar bleibt.

Eine Möglichkeit die steigenden Kosten für einzelnen Länder zu senken, sind weniger nationale und mehr internationale Programme. Sehen das auch als einen Weg für die USA, die ja bisher vor allem alles allein entwickelt?
Wie künftige Programme gestaltet sind, ist wieder eine politische Frage, die ich nicht beantworten kann. Aber die F35 ist bereits ein sehr internationales Programm. Dazu erweitern wir bei Northrop Grumman bereits ständig unsere weltweite Aufstellung. Wir setzen hier auf für jedes Land maßgeschneiderte Kooperationen mit vertrauenswürdigen Partnern in der Industrie und den Streitkräften als unseren Kunden. Denn die Fähigkeit mit unseren Verbündeten zusammen zu arbeiten und schnell neue Systeme einzuführen ist der zentrale Punkt jeder Abschreckung. Darum kooperieren wir eben mit Rheinmetall wie auch mit Kongsberg aus Norwegen oder PGZ aus Polen. Wir glauben daran, dass gerade in unsere Branche Diversity, also Vielfalt und weltweite Aufstellung, ein Vorteil sind.

Das spiegelt sich auch in Ihrem Management mit deutlich mehr Frauen und Angehörigen ethnischer Minderheiten als im Rest der Rüstungsbranche. Was ist der Grund?
Weil wird daran gearbeitet haben. Diversity ist für uns keine Mode, sondern ein Weg durch einen Wettbewerb verschiedener Denkweisen innovativer zu werden. Darum wollen wir, dass unsere Führung möglichst ein Spiegelbild der Belegschaft ist. Wenn das in einem Unternehmen nicht der Fall ist, hat es wahrscheinlich nicht nach Leistung befördert und damit nicht die besten Mitarbeiter in führende Positionen geholt. Aber keine Diskriminierungen oder die besten Mitarbeiter finden und fördern ist für uns nur ein Teil von Diversity.

Goldhandel Bekommt das Finanzamt vom Goldverkauf etwas mit?

Können Privatanleger ihr Gold auch steuerfrei verkaufen, wenn es keinen Nachweis zum Kauf gibt? Würde das Finanzamt überhaupt etwas mitbekommen? Das rät ein Experte.

Klage gegen Erwin Müller Ein Drogerie-Milliardär, seine Jagdfreunde und der große Streit ums Millionen-Erbe

Vor fast zehn Jahren hat der Ulmer Unternehmer Erwin Müller drei Jagdfreunde adoptiert. Sie hatten ursprünglich auf ihren Pflichtteil beim Erbe verzichtet – jetzt ziehen sie dagegen vor Gericht. 

Jobwechsel Wenn das hohe Gehalt zum Fluch wird

In seinem aktuellen Job verdient unser Leser zwar gut, ist aber unglücklich. Vergleichbare Stellen sind deutlich schlechter bezahlt. Wie kann er dieser Zwickmühle entkommen?

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Was ist der Rest?
Vielfalt heißt für uns, im Unternehmen auch unsere Gesellschaft in allen Teilen abzubilden und keinen auszugrenzen. Damit die besten Leute uns kennen und zu uns kommen, arbeiten wir auch mit unseren Heimatgemeinden und allen Ebenen des Schulsystems zusammen. Jeder soll das Gefühl haben, dass er sich bei uns weiter entwickeln kann.

Lesen Sie auch: Rheinmetall-Boss Armin Papperger will sein Unternehmen in Berlin als alternativlosen Ausrüster der Zeitenwende positionieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%