Lufthansa Seid ehrlich, es ist doch eher Abzocke

Die Lufthansa bietet auch aus Kostengründen weniger innerdeutsche Flüge an. Quelle: dpa

Die Lufthansa fährt ihr innerdeutsches Flugprogramm langsamer hoch als den Rest. Doch das liegt wohl weniger an den hohen Gebühren, wie Konzernchef Carsten Spohr sagt. Es bringt einfach mehr Geld. Dabei sollte die Linie vor den Preisen zunächst ihre Zuverlässigkeit erhöhen. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wer die Flugbranche schon länger verfolgt, konnte sich dieses Wochenende auf den Arm genommen fühlen. Da erzählte Lufthansa-Chef Carsten Spohr, er würde gerne mehr innerhalb Deutschlands fliegen lassen und so vor allem den genervten Geschäftsreisenden mehr Auswahl bieten. Doch leider scheitere das an den deutschen Flughäfen und ihren „hohen Gebühren, die unsere Gäste sowohl am Start- als auch am Zielflughafen in Deutschland bezahlen müssen“. 

Das ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz nachzuvollziehen und riecht nach künstlich verknapptem Angebot zum Abschöpfen der Konsumentenrente, vulgo: Abzocke. Wer sich die Gebührenordnungen der großen Flughäfen ansieht, erkennt fast keine nennenswerten Anhebungen gegenüber der Zeit vor Corona, als die Lufthansa geschätzt ein Drittel größer war. Einzige Ausnahme ist der neue Berliner Flughafen. Der hat gegenüber seinen Vorgängern Tegel und Schönefeld kräftig aufgeschlagen – und kommt trotzdem nicht aus den roten Zahlen. Und die ach so hohen Gebühren gelten auch auf Auslandsflügen. Doch die sind bei Lufthansa für die meisten Ziele in Europa wieder auf Vorkrisenstand.

Was sich neben dem geringeren Angebot seit Corona deutlich geändert hat, sind drei Dinge. Da ist erstmal der Wettbewerb. Vorher flogen zwischen den hiesigen Großstädten noch Easyjet und Ryanair – und sogar mal die Air France-KLM-Billigtochter Transavia. Da hielten Lufthansa und ihr Billigarm Eurowings nach Kräften dagegen, trotz aller Gebühren der „Wegelagerer“, wie führende Lufthanseaten die Airports gern halb scherzhaft nannten. Heute ist Lufthansa allein und macht sich nur auf Routen wie Köln-München „Konkurrenz“ – wie in den neunziger Jahren.

Wie damals mutet auch die zweite Änderung zur Vor-Pandemie-Ära an: der höhere Preis. Auch wenn Lufthansa mit einem Preis von 44 Euro pro Strecke und Eurowings gar mit knapp 20 Euro werben: In der Praxis kosten Flüge, die in weniger als drei Wochen starten, meist dreistellige Summen. Und spontane Geschäftsreisende zahlen für Ende der Woche auch mal gut 300 Euro – pro Strecke. Das ist auch leichter als früher. Die Lufthansa flog etwa zwischen Düsseldorf und Berlin bis zu zehnmal am Tag. Nun startet sie nur etwa halb so oft und muss die Flieger nicht mit Kampfpreisen voll machen.

Doch leider gibt es noch eine Veränderung seit der Covid-Zeit: die Zuverlässigkeit. „Die Maschinen, die fliegen könnten, fallen aus oder werden zu unmöglichen Zeiten verschoben – da geht dann der Rückflug schon mal eher als der Hinflug. Ätzend!“, klagt ein prominenter Firmenkunde. Darum, liebe Lufthansa, verbessert doch bitte erstmal eure Zuverlässigkeit und erhöht dann die Preise. Und seid doch bitte ehrlich. Ihr kappt die innerdeutschen Flüge doch, damit die endlich alle Geld abwerfen. Wenn ihr das zugebt, würde ich mich eher ernst genommen fühlen als beim Spruch mit den Gebühren.

Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen des Tages. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%