Glasfaserausbau Diese Watsche für die Telekom sollte nur der Anfang sein

Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Bundesnetzagentur spricht erstmals ein Machtwort im Glasfaserausbau: Die Telekom darf für den Zugang über ihre Leerrohre von anderen Anbietern bis zu 90 Prozent weniger verlangen, als gefordert. Ein Kommentar.

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Um bis zu 90 Prozent billiger als die Telekom verlangt – so niedrig will die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Preise für den Zugang zum Leerrohr festlegen. Damit wagt sich Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller erstmals mit einer starken Position in die Gemengelage beim Glasfaserausbau, seit seine Behörde die Regulierungsverfügung gegen die Telekom ausgesprochen hatte. Noch vor drei Wochen hatte er tiefenentspannt beim Branchentreffen in Berlin geäußert, er sehe sich eher als Moderator denn als Regulierer: „Ziel ist, dass alle am gleichen Strang in die gleiche Richtung ziehen.“

Der Glasfaserausbau in Deutschland ist ein Haifischbecken. Da gewinnt der Stärkste, wenn es keine Regeln gibt. Und die Telekom genießt im Kupfernetz mit VDSL 80 Prozent Marktanteil. Unternehmerisch muss es ihr erstes Ziel sein, diese Dominanz auch ins Glasfaserzeitalter herüberzuretten. Wenn die Telekom alle Haushalte bis 2030 anschließen könnte, wäre es herrlich. Doch sie schafft gerade einmal 450.000 Haushalte im Jahr.

Ausländische Finanzinvestoren kündigten Milliardeninvestments an – die teils wegen veränderter Zinslage und höherer Kosten auf dem Spiel stehen; teils aber auch, weil die Telekom ihre Muskeln sehr geschickt spielen lässt – und teils sogar durch mit Steuergeldern gefördertem Ausbau. Verlassen die alternativen Glasfaserausbauer Deutschland aber unverrichteter Dinge, müssen dann wieder Steuergelder herhalten, um den Ausbau an allen Ortsrändern zu stemmen. Und wer weiß, ob ausländische Investoren wieder geduldig bereitstehen, wenn es darum geht, in deutsche Energienetze zu investieren – sie könnten dann gebrannte Kinder sein. Deshalb ist Regulierung durch die BNetzA jetzt so wichtig.

Srini Gopalan hat beste Chancen auf die Nachfolge von Tim Höttges bei der Deutschen Telekom. Vorher muss er das komplizierteste Projekt des Konzerns stemmen: den Glasfaserausbau.
von Nele Husmann

Schon mehr als drei Monate überfällig ist der hochbrisante Bericht der Bundesnetzagentur zum strategischen Überbau. Die Telekom spielt das Problem herunter und sagt, dass maximal in 2,5 Prozent der Fälle mehr als ein Anbieter ausbaut – und in der Hälfte der Fälle sogar ein Wettbewerber sie überbaut. Doch das Thema bedarf des genaueren Hinsehens: Denn wer ein Ausbauversprechen doch nicht einhält, weil die Telekom sich zusätzlich ankündigt, hinterlässt keinen messbaren Fußabdruck. Ist die Konkurrenz erst in die Flucht geschlagen, hat der Ausbau dann auch für die Telekom womöglich wieder viel Zeit.

Die Bundesnetzagentur könnte die Telekom zum Beispiel verpflichten, ihre Projekte in Ausbaulisten zu erfassen. Projekte, die nicht auf der Liste stehen – die darf die Telekom dann auch nicht ausbauen. Mit dieser Vorgehensweise hat Glasfaser Nordwest, ein Joint Venture der Telekom mit der EWE AG, die Bedenken des Kartellamts ausgeräumt – und sie scheint zu funktionieren.

Ein weiteres Thema mit viel Gestaltungsfreiraum für den Regulierer ist die zeitnahe Abschaltung des Kupfernetzes dort, wo Orte voll mit Glasfaser versorgt sind. Per Gesetz sitzt hier die Telekom als Besitzer des Netzes stets am Schalter. Und könnte das Abschalten strategisch so steuern, dass ihre Kunden von VDSL auf ihre Glasfaser migriert sind und der Wettbewerb keine Chance hat. Die Telekom kassierte schon 2021 ein Missbrauchsverfahren, weil sie die Migration von Geschäftskunden von einer Nokia-Plattform zu vorteilhaft für sich selbst betrieben hatte.

Eine Regulation ist nötig, die eine faire Abschaltung regelt. Zum Beispiel, indem die Telekom das Kupfernetz in einem von ihr voll ausgebauten Gebiet nur dann abschalten darf, wenn sie proportional auch da, wo die Konkurrenz 100 Prozent Glasfaser verlegt hat, den Stecker zieht.

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