Handelsstreit um Chips Chip-Sanktionen: Bloß nicht von Amerika lernen!

Umkämpftes Gut: Eine sogenannte „Maske“ zur Herstellung von Halbleiterstrukturen. Quelle: dpa

Die USA verschärfen ihre Chip-Sanktionen. Das belegt: Als Mittel gegen die chinesische Marktmacht sind Handelsbeschränkungen weniger wirksam, als es scheint. Ein Kommentar.

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Ach, machten wir es doch einfach wie die Amerikaner! In Abwandlungen formuliert hat dieser Wunsch Eingang ins Standardvokabular der Wirtschaftsverbände gefunden, seinen Platz neben „Bürokratieabbau jetzt!“ und „Steuerlast senken!“ eingenommen. Die deutsche Solarindustrie kommt nicht an gegen die Konkurrenz aus China? Machen wir es wie die USA, subventionieren wir die heimische Produktion! Die E-Autos aus dem Fernen Osten ruinieren Volkswagen, Bosch und den Rest der deutschen Vorzeigebranche? Machen wir es wie Amerika, erheben wir Zölle! Chips sind knapp, weil China den Markt leerkauft und uns dann auch noch mit neuen Innovationen abhängt? Machen wir es wie Joe Biden, schneiden wir den Chinesen den Zugang zum Markt ab!

Die Forderung verfängt. In diversen Bereichen hat Europa zuletzt Subventionsprogramme der USA kopiert, erwägt eigene Zollbarrieren nach dem Vorbild Amerikas. Dabei beweisen ausgerechnet die härtesten Sanktionen der USA gegenüber China, wie zweifelhaft der Nutzen solcher Barrieren ist.

Gerade tritt eine weitere Verschärfung der amerikanischen Ausfuhrbeschränkungen auf Halbleiter in Kraft – dabei gelten die ursprünglichen Sanktionen erst seit wenigen Monaten. Unter anderem sollen auch Computer mit Hochleistungschips ab sofort nicht mehr nach China ausgeführt werden dürfen; zudem gibt es nun eine Liste von Institutionen, die grundsätzlich nicht mehr beliefert werden dürfen.

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von Matthias Hohensee, Michael Kroker, Jörn Petring, Konrad Fischer

Nächste Sanktion, nächster Schleichweg

Man kann diese Verschärfung nun als Beleg dafür deuten, wie knallhart die Amerikaner ihren Kurs durchziehen. Zutreffender ist wohl eine andere Auslegung: Die Verschärfung beweist, wie kompliziert der Handelskampf mit Sanktionen ist – und wie selten er gelingt. Dass die USA so schnell nachbessern müssen, liegt vor allem daran, dass die Probleme der ersten Sanktionsrunde schon nach kurzer Zeit offensichtlich wurden. So häuften sich zuletzt Berichte, China nutze zunehmend die etwa in PCs verbauten Gamingchips, um seine Industrie zu versorgen. Zudem wurden wohl Forschungsinstitute genutzt, um über Umwege Hochleistungschips für die Industrie zu organisieren. Gegen diese Schleichwege gehen die USA nun vor. Wie die neue Sanktionsrunde wirkt, ist noch unklar. Sicher ist nur: Auch danach werden sich Wege finden, sie zu umgehen.

Die Bilanz vieler Subventionen ist nicht besser. Zwar fördern die USA Ansiedlungen neuer Chipfabriken mit viel Geld – nach Brancheneinschätzungen genügen aber selbst diese nicht, um den Wettbewerbsnachteil gegenüber Taiwan auch nur ansatzweise auszugleichen. Schlimmer noch: In einer Branche, mit deren Produkten sich derzeit beste Margen erzielen lassen, werden die Subventionen vor allem von den Firmen genutzt, die ohne kaum wettbewerbsfähig wären. Gerade erst hat der Intel-Konzern, großer Nutznießer der Subventionen, verheerende Geschäftszahlen vorgelegt. Wirklich besser werden soll es erst im nächsten Jahrzehnt. Auch mit den massiven staatlichen Förderungen aber, so bilanzierten jüngst Analysten des Finanzkonzerns Citigroup, werde es dem einstigen Marktführer nicht gelingen, den Rückstand zum Marktführer TSMC aufzuholen. Das Geld ist dann trotzdem weg.

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Wer dem entgegenhält, dass China mit seinen Maßnahmen höchst erfolgreich sei – siehe Solarindustrie –, der hat natürlich recht. Und verkennt doch den Unterschied der Systeme. Protektionismus ist für einen autoritären Staat ein wirksames Instrument. Für demokratische Marktwirtschaften aber sind sie mit wenigen Ausnahmen nur eines: teure und unwirksame Marktverzerrungen.

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