WWDC 2023 Ist die Welt reif für eine Datenbrille von Apple?

Apple-Chef Tim Cook bei einer früheren Produktvorstellung. Quelle: imago images

An diesem Montag wird Apple wohl sein sagenumwobenes Headset vorstellen, seinen Ausflug in die erweiterte Realität. Doch ist das auch ein guter Zeitpunkt? Was Apple-Chef Tim Cook von Google-Mitgründer Sergey Brin lernen kann.

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Mark Zuckerberg ist genervt. „Diese Geschichten, dass wir unseren Fokus auf das Metaverse aufgeben, stimmen einfach nicht“, wetterte der Meta-Chef jüngst bei der Vorlage der Quartalszahlen. Zuckerberg hatte zuvor im selbst ernannten „Jahr der Effizienz“ ein Viertel aller Stellen gestrichen. Aber seinen milliardenschweren Ausflug in virtuelle Welten gibt er nicht auf – obwohl längst alle Welt über die Möglichkeiten von generativer Künstlicher Intelligenz und Tools wie ChatGPT schwärmt.

Zuckerberg bekräftigte am vergangenen Donnerstag seine Entschlossenheit, mit der neuesten Version seiner Datenbrille Quest. Die dritte Version, rund vierzig Prozent schlanker als ihr Vorgänger, kommt im Herbst auf den Markt und soll 499 Dollar kosten. Damit ist sie deutlich teurer als der Vorgänger und wird Meta allein trotzdem keinen Gewinn bringen. Schon im ersten Quartal hat der Konzern mit seiner Sparte für erweiterte und virtuelle Realität knapp vier Milliarden Dollar verloren, bei Umsätzen von 339 Millionen Dollar.

Dass die Quest 3 fast vier Monate vor Verkaufsstart angekündigt wird, gilt als sicheres Zeichen für einen anderen Paukenschlag in der Branche: Apple wird wahrscheinlich auf seiner am Montag beginnenden Entwicklerkonferenz WWDC mit einem eigenen Headset in den Markt einsteigen. Gemunkelt wird von Preisen von bis zu 3000 Dollar. Ein Apple-Premiumprodukt.

Den Tränen nahe entschuldigte sich US-Moderator Jim Cramer wegen seiner Empfehlung der Meta-Aktie. Das war im Herbst. Seitdem hat sich ihr Wert mehr als verdoppelt. Was verursacht den Aufschwung – und kann er anhalten?
von Matthias Hohensee

Zuckerbergs Meta ist Marktführer bei Datenbrillen, seit es vor knapp zehn Jahren Oculus für zwei Milliarden Dollar erwarb, bekommt aber nun Konkurrenz mit finanziell ähnlich tiefen Taschen. Wobei Apple nicht dafür bekannt ist, bei seiner Hardware Geld zu verlieren. Es ist kein Geheimnis, dass Apple-Chef Tim Cook besonders vom Potential erweiterter Realität angetan ist. Seit Jahren schwärmt er davon.

Aber ist es auch eine gute Zeit, um in den Raum aus virtueller und realer Welt – inzwischen als Metaverse bezeichnet – einzusteigen?

Noch vor einem Jahr galt das Metaverse als das „nächste große Ding“ im Silicon Valley. Angefacht auch dadurch, dass Zuckerberg im Oktober 2021 seinen Konzern überraschend in Meta umbenannt hatte. Schon damals taten sich einige Personen in der Tech-Branche schwer mit dem Hype. Es wurde zwar viel darüber geredet, meinte Box-Chef Aaron Levie jüngst in einem Interview mit der WirtschaftsWoche: „Aber in meinem Bekanntenkreis von Silicon-Valley-Unternehmern, hat niemand so richtig ernsthaft dran gearbeitet.“ Der kanadische Milliardär Stewart Butterfield, Schöpfer von Flickr und Slack, war schon länger skeptisch. Natürlich könne es sinnvoll sein, über erweiterte oder virtuelle Realität Informationen einzuspielen, beispielsweise beim Zusammenarbeiten von Designern oder Produktionsexperten, so Butterfield. „Aber für normale Geschäftsmeetings kann ich mir nicht vorstellen, mir so ein Gerät stundenlang aufzusetzen, selbst wenn dieses leichter werden sollte“, meint er.

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Microsofts Technologiechef Kevin Scott versicherte wiederum gerade gegenüber der WirtschaftsWoche, dass Microsoft am Metaverse festhalten werde. „Es ist wie Quantencomputing eine dieser Technologien, die sich durchsetzen und viel Einfluss haben werden“, so Scott. Man werde deshalb dort keinen Schritt zurücktun, aber gleichzeitig die Ressourcen der Marktentwicklung anpassen. Microsoft hat eine Allianz mit Meta geschlossen, will sein Bürosoftwarepaket Microsoft 365 und seine Kommunikationssoftware Teams mit Fähigkeiten fürs Metaverse aufrüsten.

Spricht man mit Microsofts Entwicklern im Hauptquartier in Redmond, wird aber klar, dass diese mit dem gegenwärtigen Hype-Thema generative Künstliche Intelligenz wesentlich mehr anfangen können. Der Nutzen eines Copilot, wie ihn Microsoft gerade für sein Bürosoftwarepaket testet und der unter anderem aus Notizen automatisch PowerPoint-Präsentationen erstellen kann, ist einfacher zu erklären, als die Kombination von Datenbrille und Office.

Künstliche Intelligenz – Geschichte einer Idee

Und jetzt Apple? Tatsächlich hat der kalifornische Konzern schon immer auf seinem eigenen Tempo beharrt. Apple gilt zwar als eines der innovativsten Unternehmen der Welt. Aber das bezieht sich darauf, wie man bereits bestehende Produktkategorien dank neuer Technologien verbessern und nutzerfreundlicher machen kann.

Das war schon bei seinem Bestseller iPod so. Als Apple-Gründer Steve Jobs ihn im Oktober 2001 vorstellte, gab es schon seit Jahren tragbare MP3-Player auf dem Markt. Neu war, dass eine Mini-Festplatte von Toshiba es ermöglichte, erstmals 1000 Songs in guter Qualität auf so einem Gerät unterzubringen.



Auch das Smartphone wurde nicht von Apple erfunden, da waren Nokia und Blackberry früher dran. Aber das iPhone setzte sich mit seiner Form und Bedienung so ab, dass bei dessen Marktstart 2007 keiner der Wettbewerber das Wasser reichen konnte. Bei der Apple Watch war das schon wesentlich schwerer, weil Samsung und Google ähnliche Modelle herstellen konnten. Hier machte die besonders enge Verzahnung mit dem iPhone den Unterschied und dem Fokus auf Fitness und Gesundheit.

Was kann also Apple anders machen als Wettbewerber wie Meta, die seit zehn Jahren bei Datenbrillen aktiv sind? Auf welche Technologien hat es Zugriff, die kein anderer hat? Und welche Rolle wird das iPhone dabei spielen?

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