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Was wurde aus…? AirBerlin: Vom Aufstieg und Fall der deutschen Promi-Airline

Air Berlin startet in den Nullerjahren mächtig durch, punktet mit Schokoherzen für alle und Gratisflügen für Prominente. Der unternehmerische Absturz zieht sich lange hin.

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Air Berlin – eine deutsche Fluglinie? Nicht wirklich. Der amerikanische Pilot Kim Lundgren gründet Air Berlin 1978 im US-Bundesstaat Oregon, um Flüge von und nach West-Berlin anbieten zu können. Der Hintergrund: Nur Flugzeuge der Siegermächte dürfen von 1945 bis 1990 die geteilte Stadt ansteuern. Weniger überraschend ist das Ziel des Jungfernflugs 1979: Mallorca, schon damals die Lieblingsinsel der Deutschen.

Mit der deutschen Einheit fällt die Lufthoheit der Alliierten. Lundgren holt den ehemaligen LTU-Manager Joachim Hunold an Bord und gründet mit ihm die Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs KG. Hunold wird geschäftsführender Gesellschafter, später CEO. Bis 2003 steigt Air Berlin, gemessen an der Passagierzahl, zur zweitgrößten Fluggesellschaft Deutschlands nach Lufthansa auf. Vom Erfolg beflügelt, schickt das Management die Airline 2006 an die Börse. Noch ahnt niemand, dass die Aktie zehn Jahre später mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren haben wird.

Die PR ist perfekt. Es gibt Schokoherzen für alle. Hunderte Prominente dürfen umsonst fliegen. Aber Air Berlin übernimmt nicht nur die Fluggesellschaften dba (2006) und LTU (2007) sowie eine 49-prozentige Beteiligung an Belair Airlines. Sondern Air Berlin übernimmt mit den Zukäufen auch sich selbst.

2008 rutscht das Unternehmen in die roten Zahlen und legt das erste Sparprogramm auf. Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert.

Hunold wirft 2011 das Handtuch. Es folgen Ex-Bahn-Manager Hartmut Mehdorn und das nächste Sparprogramm. Mehdorn agiert als Chef glücklos. Auch seine drei Nachfolger bis 2017 können das Ruder nicht herumreißen.

2012 erhöht Etihad, die nationale Airline der Vereinigten Arabischen Emirate, ihren Aktienanteil von knapp 3,0 auf 29,2 Prozent, stützt Air Berlin mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Der Plan: Um Etihads Wachstum zu treiben, soll Air Berlin mehr Passagiere zum Drehkreuz Abu Dhabi bringen.

2015 schreibt Air Berlin Rekordverluste, die Schulden belaufen sich auf eine Milliarde Euro. Anfang 2017 sichert Etihad weitere finanzielle Unterstützung zu. Doch als diese tatsächlich benötigt wird, ziehen die Emiratis ihr Angebot zurück. Ohne das Geld aus Abu Dhabi ist Air Berlin pleite. Im August 2017 meldet das Unternehmen Insolvenz an. Mithilfe einer Bundesbürgschaft in Höhe von 150 Millionen Euro kann der Flugbetrieb zeitweise fortgeführt werden.

Am 27. Oktober 2017 um 23:45 Uhr verabschiedet die Crew ihre Fluggäste in Berlin-Tegel ein letztes Mal mit „Take care, tschüss und bye-bye“. War es das mit Air Berlin? Im Herbst 2023 kauft Sundair-Chef Marcos Rossello die Markenrechte und lässt das Unternehmen ins Handelsregister eintragen. Seine Pläne sind bisher unklar.

Dieser Artikel erscheint in unserer Reihe WiWo History.

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