Viele Jahre sucht Johann Maria Farina nach diesem Duft, der ihn an seine Kindheit im Norden Italiens erinnerte. Nun, im Jahr 1708, nach Jahren des Ausprobierens, hat der 23-Jährige mit der feinen Nase ihn endlich kreiert. In einem Brief beschreibt der damals noch unbekannte Parfumeur stolz sein Produkt: „Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüten und Kräuter meiner Heimat.“
Ein Jahr später gründet Farinas Bruder in Köln eine Firma und verkauft unter anderem Johanns „Duftwässerchen“, das schnell zum Erfolgsschlager unter Adligen und reichen Kaufleuten avanciert. Johann Wolfgang Goethe zählt angeblich zu den frühen Kunden, auch Napoleon, von dem man sich erzählt, er verbrauche täglich zwei Flaschen.
Dass Farinas Duftwasser über Jahrzehnte und Jahrhunderte so gut ankommt im (Geld-)Adel, liegt auch an einem verfahrenstechnischen Durchbruch Farinas. Zum einen schafft er es als einer der Ersten, den Alkohol so zu destillieren, dass dessen Eigengeruch nicht mehr wahrnehmbar ist. Zum anderen gelingt es ihm, sein „Eau de Cologne“ mit einem gleichbleibenden Duft auszustatten, ganz gleich, wie die Ernte der Inhaltsstoffe ausfällt. Darüber hinaus nutzt er neue Rohstoffe wie Bergamotte und Citrus. Sie besorgen einen für damalige Verhältnisse leichten, erfrischenden Duft, der den späteren Wahlkölner zum wichtigsten Parfumeur des 18. Jahrhunderts krönt – und das „Eau de Cologne“ als neue Duftgattung etabliert.
Ab 1714 steigt Farina als Teilhaber in die Kölner Firma des Bruders ein, die sich in der Folgezeit mit Hunderten, teils dreisten Nachahmern rumschlagen muss. Der berühmteste Hersteller der zirkulierenden Parfumgenerika ist die Firma „4711“, die sogar offensiv mit der Bezeichnung „Farina“ im Firmennamen wirbt – und sich erst nach langem Streit im späten 19. Jahrhundert umbenennt.
Der Markenname „4711“ ist mittlerweile bekannter als die Firma Farina, die heute vor allem ein Nischenanbieter für hochpreisiges „Eau de Cologne“ ist. Auch so kann es gehen.
Die „Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz GmbH seit 1709“ wird heute in achter Generation von den Nachfahren Farinas geführt – und produziert exakt den Duft, der Farina einst an einen italienischen Frühlingsmorgen in der Heimat erinnerte.
Dieser Artikel erscheint in unserer Reihe WiWo History.