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Börsenwoche 454: Editorial Neubewertung von Aktien: Der geheime Rendite-Rückenwind

Der Markt entscheidet, welche Bewertung eine Aktie verdient. Das kann sich radikal ändern, wenn die Wahrnehmung dreht. Oft im Guten, aber auch im Schlechten. Der Fall Apple ist besonders interessant. Ein Kommentar.

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Für steigende Aktienkurse braucht es höhere Gewinne. Mit ihnen wächst der Kuchen, den ein Unternehmen verteilen kann und so werden seine Anteile wertvoller. Allerdings entscheidet der Markt, wie er die Gewinne bewertet. Aus dieser Bewertung ergibt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), zu dem eine Aktie gehandelt wird. Das KGV kann über die Zeit extrem unterschiedlich ausfallen – etwa wenn es zu einer Neubewertung der Aktie kommt.

Eine solche Neubewertung kann großen Rückenwind für Aktionäre bedeuten. Manchmal werden Unternehmen als gestrig abgestempelt und mit einem knapp zweistelligen KGV bestraft, um später doch ein Comeback zu feiern. Bessere Aussichten und neues Vertrauen in das Geschäftsmodell können das KGV schnell vervielfachen und in den Bereich von 20 bis 40 heben. Der Aktienkurs steigt dann stark, ohne dass das Unternehmen auch nur einen Cent mehr Gewinn macht.

Herzstück der BörsenWoche sind zwei Musterdepots, bei denen die Geldanlage auf eigene Faust im Vordergrund steht.

Die Apple-Aktie ist das beste Beispiel dafür. Nach dem Tod von Steve Jobs im Jahr 2011 galt das Unternehmen als wenig innovativ. Der Smartphone-Markt wirkte hart umkämpft, es fehlte die nächste große Idee. Mitte des letzten Jahrzehnts wurde die Aktie deshalb lange bei einem KGV von 10 gehandelt. Aus heutiger Sicht klingt das absurd. Apple machte weiterhin hervorragende Geschäfte und bald so viel Gewinn wie kein anderes Unternehmen weltweit. Die Bewertung zog mit und verdreifachte sich (siehe Grafik).

Ähnlich erging es Microsoft, das jahrelang als verstaubt galt und dann plötzlich wieder cool wurde, dank Abos, Cloud und künstlicher Intelligenz. Zwischenzeitlich war das KGV unter zehn gefallen, heute liegt es bei fast 40.



Meta erlebte eine Neubewertung im Schnelldurchlauf. Sein Kernprodukt Facebook galt als unbeliebt, Social Media als bedenklich, die Video-App TikTok machte mächtig Konkurrenz und dann verrannte sich Gründer und Firmenchef Mark Zuckerberg auch noch mit teuren Investitionen in den vermeintlichen Zukunftsmarkt des Metaverse. 2022 fiel das KGV kurz auf unter 10, dabei nutzten immer noch drei Milliarden Menschen täglich einen von Metas Diensten. Auch die Börse sah irgendwann, dass das Unternehmen nach wie vor hochprofitabel ist und weiter wachsen kann – und das KGV der kurzzeitig abgeschriebenen Aktie kletterte rasch auf über 30. Geholfen beim neuen Börsenimage hat auch die diesjährige Ankündigung einer Dividende sowie eines großzügigen Aktienrückkaufprogramms.

Neu bewertet werden aber nicht nur Tech-Aktien. Ferrari etwa gelang seit seinem Börsengang 2015 ein Imagewandel, vom (Premium-)Autohersteller zum Luxusgüterkonzern. Die Aktie stieg viel schneller als der Gewinn, aktuell liegt das KGV mit 56 so hoch wie bei der Luxusikone Hermès.

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Natürlich kann eine Neubewertung auch in die andere Richtung gehen. Bei den Industrie-Riesen Bayer und 3M hat die Börse in den vergangenen Jahren neue Risiken entdeckt: Glyphosat und Ewigkeitschemikalien. Früher wurden die Aktien als verlässliche Qualitätswerte mit entsprechend hoher Bewertung gehandelt. Das ist vorerst vorbei.

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