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Börsenwoche 455: Editorial Der US-Aktienmarkt hat kein Tech-Problem

Immer wieder wird dem amerikanischen Aktienmarkt eine gefährliche Abhängigkeit von seinen Tech-Giganten zugeschrieben. Das ist völlig überzogen. Deutschland und andere Länder stehen viel schlechter da. Ein Kommentar.

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Vor elf Jahren feierte die Börse einen Viererclub mit dem Namen FANG. Die Aktienkurse von vier großen Technologieunternehmen aus den USA stiegen immer weiter: Facebook, Amazon, Netflix und Google. Dieser Name ist längst hinfällig, allein da Facebook mittlerweile Meta und Google nun Alphabet heißt. Es mussten also neue Akronyme und andere Titel her.

Dabei kam oft eine Auswahl von amerikanischen Tech-Giganten heraus. Die Magnificent Seven sind gerade die bekannteste Variante. Netflix flog seit FANG raus, dafür kamen Apple, Microsoft, Nvidia und Tesla neu hinzu. Diese sieben Aktien haben sich 2023 sehr stark entwickelt und damit einen großen Anteil zu den Kursgewinnen in den USA beigetragen.

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Auch global sind sie von enormer Bedeutung: Im Index FTSE All-World, der den weltweiten Aktienmarkt abbildet, sind neun der zehn größten Posten Technologieaktien aus den USA. Deshalb ist die Sorge um eine zu große Abhängigkeit der Börsen von den Tech-Schwergewichten zunächst berechtigt. Könnte eine schwache Phase bei Technologieaktien die Märkte heftig treffen?

Das könnte sie, aber es gibt auch Grund zur Entwarnung. Der amerikanische Aktienmarkt hat nämlich sehr viel mehr als die Magnificent Seven zu bieten. Bei näherer Betrachtung sind US-Märkte sogar überraschend wenig von ihren Großunternehmen abhängig. Im amerikanischen Leitindex S&P 500 machen die zehn größten Unternehmen ein Drittel des Index aus. In Frankreich, Deutschland und Italien ist der Anteil doppelt so hoch (siehe Grafik) – was jedoch nicht an der vergleichsweise geringen Gesamtzahl von 40 Werten in deren führenden Aktienindizes liegt.



Die Kluft bei der Anzahl der Indextitel fällt nämlich kaum ins Gewicht. Auch wenn nicht nur Indizes, sondern gesamte Aktienmärkte verglichen werden, schneiden die USA gut ab. Das UBS Global Investment Returns Yearbook findet in einem stichprobenartigen Vergleich sieben Länder, in denen die zehn wertvollsten Unternehmen ein mindestens doppelt so hohes Gewicht am nationalen Aktienmarkt haben wie in den USA: in Australien, Deutschland, Frankreich, Kanada, der Schweiz, Südkorea und Taiwan ist das der Fall. Viel eher als den USA könnte man also den meisten anderen Industrieländern ein schlechtes Zeugnis über die Ausgeglichenheit ihrer Aktienmärkte ausstellen.

Die Ausnahme ist Japan, das ein wenig besser abschneidet als der amerikanische Markt. Die Japaner nehmen die Börse ernst, mit grob 4000 börsennotierten Unternehmen gibt es dort ähnlich viele Werte wie in den USA. Außerdem verhindert dort ein harter Wettbewerb, dass nur eine Handvoll Unternehmen sehr groß werden.

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In Japans Leitindex Nikkei 225 kommt nur das Unternehmen Tokyo Electron auf einen Anteil von über fünf Prozent. Im ebenfalls wichtigen Topix-Index schaffen es nur Toyota und Sony auf etwas über drei Prozent Gewicht. Das sind sehr niedrige Werte. Dennoch zeigt der Blick auf die weltweiten Aktienmärkte, dass die wertvollsten Unternehmen eine dominante Rolle spielen. Die Lage in den USA ist also ziemlich normal.

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