Berufseinstieg So sichern sich Praktikanten einen Arbeitsvertrag

Quelle: imago images

Das Praktikum kurz vor Ende des Studiums kann der Einstieg ins Berufsleben sein. Welche Studenten besonders gute Chancen haben und wie sie ihre Zeit im Unternehmen gestalten sollten.

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Eben noch Praktikant, jetzt schon Angestellter – so schnell kann das in Zeiten von Personalmangel gehen. „Es gibt Unternehmen, die legen Studierenden bereits während des Bachelorstudiums unterschriftsreife Arbeitsverträge vor“, berichtet Robindro Ullah, Geschäftsführer des Trendence Instituts. Laut einer Umfrage seines Marktforschungsunternehmens erhält mittlerweile mehr als jeder dritte Werkstudent oder Praktikant (35 Prozent) ein verbindliches Jobangebot für die Zeit nach dem Abschluss. „Arbeitgeber haben das Praktikum längst als Recruitingkanal erkannt“, sagt er. 

Die meisten Jobofferten gab es laut der Trendence-Umfrage unter 1839 Studierenden für Praktikanten, die bereits dabei waren ihre Abschlussarbeit zu schreiben (37 Prozent). Besonders begehrt waren der Erhebung zufolge angehende Ingenieure (44 Prozent) und IT-Experten (41 Prozent). Ullah stellte allerdings fest: „Richtig schlecht sieht es vor dem Hintergrund des allseits aktuellen Personalmangels eigentlich in kaum einem Studiengang aus.“ Als niedrigsten Wert nannte er bei den Jobangeboten für Praktikanten die Naturwissenschaften. Doch auch dort habe fast jeder Dritte (30 Prozent) eine Offerte erhalten. 

Arbeitsvertrag für Praktikanten

Im Vorteil sind manche Studienrichtungen allein schon deshalb, weil die Universitäten dort Pflichtpraktika vorschreiben. Für das Probearbeiten in Unternehmen gibt es entsprechend große Freiräume im Studienplan. Außerdem sind Firmen in diesen Branchen eher auf die ständige Rotation an Praktikanten eingestellt.

von Jannik Deters, Konrad Fischer, Artur Lebedew

Das erleichtert es, unter den Nachwuchskräften systematisch auf die Suche nach Talenten zu gehen. Allen anderen Studierenden empfiehlt Helmut Suchrow , Berufs- und Studienberater der Arbeitsagentur Hamburg, sich diese Chance auf den direkten Jobeinstieg nicht entgehen zu lassen. Das Praktikum sei wertvoller als noch vor zehn Jahren, sagt der Experte. 

Suchrow sieht hier insbesondere eine Chance für Studierende aus Fachrichtungen, bei denen ein Job noch nicht auf der Hand liegt. „Ein Praktikum bietet Geisteswissenschaftlern sehr oft die Möglichkeit, eine lukrative Branche zu erobern“, sagt er. Komplexe Themen erfassen, widersprüchliche Ergebnisse verständlich darstellen – all das seien Fähigkeiten, die für Unternehmen interessant seien. „Der Geisteswissenschaftler im Vertrieb oder die Sportwissenschaftlerin im Marketing sind sicher absolut denkbar“, ergänzt Ullah. „Die Zeit für Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen war noch nie so günstig wie derzeit.“ 

Die Furcht, dass ein Praktikum auf der Suche nach einem späteren Arbeitgeber Zeitverschwendung sein könnte, ist laut Ullah unbegründet. „Die Zeiten der 'Generation Praktikum', die in erster Linie Kaffee kocht oder Kopien anfertigt, gehören seit langem der Vergangenheit an“, sagt er und sieht auch wegen eines gesteigerten Selbstbewusstseins der Studierenden einen entgegengesetzten Trend. So würden Praktikanten eine Bezahlung von durchschnittlich 1140 Euro pro Monat erwarten. „Arbeitgeber, die das Praktikum als Akquisemöglichkeit erkannt haben, sollten bereit sein, in dieser Größenordnung zu bezahlen“, rät der Experte. 

Alternative zum Praktikum 

Gerade in Studiengängen ohne Pflichtpraktikum kann der Einblick ins Berufsleben für Studierende aber zeitaufwändig sein und damit auch teuer werden – weil beispielsweise währenddessen der Nebenjob ruhen muss. Zwar kann der perfekte Praktikant laut Suchrow auch schon nach drei Wochen eine Jobofferte bekommen. Beide Experten finden aber: Drei Monate sind realistischer, damit eine Firma sich bei einem Nachwuchstalent derart festlegt. Nicht jeder aber kann in einem Studiengang ohne Pflichtpraktikum so viel Zeit investieren, weil die Lehrpläne eng sind.

Zum Glück gibt es eine naheliegende Alternative: eine Stelle als Werkstudent, also ein bezahlter Nebenjob für Studenten. Der kann genauso gute Chancen für den übergangslosen Jobeinstieg eröffnen, sagt Ullah. Weiterer Vorteil: Man lernt das Unternehmen besser als im Praktikum als tatsächlichen Arbeitgeber kennen. „Vielfalt macht´s!“, rät Suchrow bei der Suche nach Praktikum und Nebenjob. „Je mehr unterschiedliche Unternehmen mich kennenlernen, je größer mein Netzwerk ist, um so mehr steigen meine Chancen auf ein Jobangebot.“

Wenn der Traumarbeitgeber gerade keine Praktikanten sucht, kann sich laut Suchrow eine Initiativbewerbung lohnen. Das beweise auf jeden Fall schon mal Engagement. Bewerber könnten mit besonderen Fähigkeiten auf sich aufmerksam machen. Als Beispiele nennt er ausgefallene Sprachkenntnisse, Affinität zu sozialen Medien oder Nischenwissen. Das könnten etwa  Kenntnisse zum Thema KI sein, da viele Unternehmen hier noch am Anfang stehen. Wichtig sei, den konkreten Nutzen für die Firma aufzuzeigen. „Das erfordert Mut und etwas Übung. Aber die Erfahrung zeigt, dass es sich lohnt“, sagt Suchrow. 

Auch für Studierende mit Pflichtpraktikum gilt es, aus der Masse der Bewerber hervorzustechen. „Unternehmen achten bei wenigen beruflichen Qualifikationen besonders auf Schulnoten, Hobbys, besondere Interessen, gesellschaftliches Engagement, Freiwilligendienste und vor allem auf die Persönlichkeit“, erklärt Suchrow. Je weniger Nebenjobs und Praktika ein Bewerber vorweisen könne, desto wichtiger sei es, im Gespräch mit Wissen über die Branche, das Unternehmen und die eigene Motivation zu glänzen. 

Besonders gute Aussichten auf ein Jobangebot haben laut Suchrow abgesehen von der fachlichen Qualifikation Praktikanten, die sich gut ins Team einfügen, flexibel und belastbar sind, Engagement beweisen und gut mit Kritik umgehen können. „Nicht zuletzt kann ein gutes Organisationstalent einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, hat der Karriereberater festgestellt.

Seiner Meinung nach lohnt sich trotz der hohen Gehaltsvorstellungen vieler Praktikanten auch ein unbezahlter Einblick ins Berufsleben. Das dort vermittelte Wissen sei bereits eine Art „geldwerter Vorteil“ – bei aller Vorsicht, nicht als billige Arbeitskraft ausgenutzt zu werden. 

Tipps für Praktikanten 

Besonders wertvoll ist das Praktikum für Suchrow allein schon deswegen, weil das Studium heutzutage oft teilweise virtuell abläuft. Ein Praktikum könne da für den fehlenden Einblick in die Praxis sorgen. Umgekehrt bieten hybride Arbeitsmethoden neue Chancen beim möglicherweise karrierefördernden Praktikum – etwa für junge Menschen, die zeitlich flexibel sein müssen oder nicht mal eben für einige Wochen in eine fremde Stadt oder gar ein anderes Land ziehen können. 

Aber wie viele Praktika sollten es in einem Studium sein? Beide Experten raten in den ersten Semestern zu einem Praxistest, um generell die Wahl des Fachs zu überprüfen. Ein zweites Praktikum gegen Ende des Studiums könne dann für die konkrete Suche nach einem Arbeitgeber genutzt werden, sagt Ullah. Suchrow empfiehlt wenn möglich zusätzlich ein Praktikum in der Mitte des Studiums. Das könne Sicherheit geben, ob der fachliche Schwerpunkt gut gewählt wurde. 

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Je länger der Abschluss bei einem begehrten Praktikanten in der Zukunft liegt, desto mehr kommt es für Unternehmen darauf an, das gefragte Talent bei der Stange zu halten. Hier gebe es neben dem unterschriftsreifen Arbeitsvertrag eine Reihe von Möglichkeiten, sagt Ullah: Weiterbildungsmaßnahmen, ein Alumninetzwerk, eine Stelle als Werkstudent oder das Angebot, die Abschlussarbeit im Unternehmen zu schreiben.

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