Vorstandsspitze Männlich, Ende 40 – mit diesen Eigenschaften werden Sie CEO

Der Weg an die Spitze: Diese Eigenschaften sollten heutige Chefs haben. Quelle: Getty Images

Mit dem Streben nach Macht allein kommen Manager heute nicht mehr weit. Wer also hat das Zeug zum CEO – und wie heben sich die erfolgreichsten Werdegänge in Deutschland von anderen Ländern ab?

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Um herauszufinden, wer für den Job als Vorstandschef prädestiniert ist, könnte man auf die nackten Zahlen blicken. In Deutschland etwa: Ende 40, möglichst männlich, acht Jahre im Unternehmen, schon etwas Erfahrung auf C-Level – gute Chancen.

So zeigen es exklusive Daten der Personal- und Managementberatung Heidrick & Struggles. Im Durchschnitt sind die Chefs von Dax- und MDax-Unternehmen zum Zeitpunkt ihrer Berufung 50 Jahre, nur drei Prozent sind Frauen, die Neulinge sind seit acht Jahren in der Firma und 87 Prozent haben irgendeine Art von Vorstandserfahrung. Wer so ein Amt anstrebt, kann damit planen.

Heidrick & Struggles untersucht seit Jahren die Karrierepfade von Vorstandsvorsitzenden auf der ganzen Welt. Aktuelle CEOs in den USA sind im Durchschnitt fünf Jahre älter als ihre Kollegen in Deutschland. Die jüngsten Firmenlenker unter den betrachteten Staaten gibt es in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Bei Amtsantritt sind sie dort gerade einmal 44 Jahre. Rund drei Viertel der deutschen Chefs haben mindestens einen Masterabschluss, ein Viertel einen Bachelor. So weit die Zahlen.

Der Weg an die Spitze sei jedoch „mehr als ein Satz Daten“, betont Heidrick-Deutschlandchef Nicolas von Rosty. Und so hat das Unternehmen seine Analyse „Route to the Top“, die es seit 2011 regelmäßig veröffentlicht, erstmals erweitert – und sich der Frage gewidmet, welche Eigenschaften und Fähigkeiten in einer von vielen Unwägbarkeiten geprägten Welt Topmanagerinnen und -manager befähigen, den Chefposten zu erklimmen.

Vier Merkmale stechen heraus, auf die Aufsichtsräte und Headhunter im Bewerbungsprozess achten: Eigenmotivation, Charakter, Führungsvermögen und die Fähigkeit, Grenzen und Silos zu überwinden.

Die Eigenmotivation
Nicolas von Rosty sagt, die effektivsten CEOs seien „jene, die ihre Rolle nicht mit Macht angestrebt haben. Der moderne Typ des Vorstandsvorsitzenden ist seit seiner ersten beruflichen Station von seiner Arbeit selbst motiviert“.

Der Charakter
Kontrollgremien beobachten sehr genau, wie sich potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten im Prozess der CEO-Nachfolge verhalten. Es lassen sich zwei grundsätzliche Typen dabei unterscheiden, so Nicolas von Rosty: Held und Wegweiser. Im wirtschaftlich schwierigen Umfeld seien die effektivsten CEOs „jene, die erkennen, dass sie keine Helden sein sollten, aber immer voranschreiten müssen. Sie wissen, dass sie einem größeren Ganzen, nicht aber sich selbst, verpflichtet sind“.

von Jannik Deters, Angela Maier, Kristin Rau, Volker ter Haseborg

Lernen, zu führen
Macht als Instrument der Durchsetzung ist weitgehend nutzlos. Der Personaler bemüht das Bild eines Orchesters, um die Funktion des Chefs zu veranschaulichen. Die effektivsten Anführer arbeiteten „wie Dirigenten. Sie müssen die richtigen Mitarbeiter zusammenbringen, die in ihren Abteilungen selbstständige Entscheidungen treffen“.

Von Rosty nennt ein Beispiel: Der frühere Volkswagen-Chef Martin Winterkorn habe sehr stark von oben nach unten geherrscht. Der amtierende Vorstandsvorsitzende Oliver Blume sei bekannt dafür, „in der Sache mindestens so hart zu restrukturieren, aber emotional näher an den Leuten und empathischer“ zu sein. Unter Winterkorn seien viele Dinge „in vorauseilendem Gehorsam gemacht“ worden, um nicht mit ihm anzuecken. „Diese Fehlervermeidungskultur ist tödlich heutzutage“, sagt von Rosty. „Ich muss den Mitarbeitern mehr Autonomie geben und ihnen vertrauen.“

Führen über Grenzen hinweg
Damit sind nicht lediglich geografische Grenzen gemeint, sondern auch die unterschiedlichen Hintergründe und Einstellungen von Mitarbeitern, Kunden und Eigentümern. Diese Grenzen können sich über Geschäftseinheiten und Funktionen innerhalb einer Organisation erstrecken, aber auch über Sektoren, Wettbewerber und geopolitische Einflussbereiche. „Wer diese Unterschiede nicht berücksichtigt, kann Kultur, Zweck und Leistung eines Unternehmens beschädigen“, sagt von Rosty.

Von Rostys Positivbeispiele: Blume, Birnbaum, Busch

Wenn er die Dax-Vorstände auf diese Fähigkeiten abklopft, stellt der Heidrick & Struggles-Manager fest, dass sie auf den „deutlich überwiegenden Prozentsatz der Neubesetzungen“ zuträfen. „Die Kandidaten, die nicht in der Lage sind, transparent zu kommunizieren, scheitern in der Regel.“ Neben Oliver Blume nennt er Eon-Chef Leonhard Birnbaum und Roland Busch von Siemens als Beispiele für solch transparentes Sich-Mitteilen.

In den USA und Frankreich ist dieser alte Typus des Chefs noch verbreiteter. In den Vereinigten Staaten haben CEOs, weil sie als President meist auch Teil des Kontrollorgans sind, automatisch mehr Macht. Französische Unternehmen seien oftmals noch sehr zentralistisch aufgestellt, sagt von Rosty.

Klar ist: Der Typ Mensch, der schon immer CEO werden wollte und dies zum Karrierezweck auserkor, hat in Deutschland ausgedient. Von Rosty, der lange für die Führungskräfteentwicklung bei Siemens verantwortlich war und direkt an den Vorstandschef berichtete, sagt sogar, es sei ein Mythos, dass reine Karrieretypen, die vor allem ans eigene Vorankommen denken, es an die Spitze von Unternehmen schaffen. „Die Leute, die wir befördert haben, haben ihre Arbeit alle wichtiger genommen als sich selbst.“

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Heutige Chefs müssen aber nicht nur abgeben und zutrauen können, sondern auch anpassungsfähig und gelassen sein. Denn die ständigen Veränderungen und unvorhergesehenen Ereignisse wie der Ukraine-Krieg erfordern flexibles Denken und Handeln. „Leute, die in der Ungewissheit nicht eine gewisse Gelassenheit bewahren und Souveränität ausstrahlen, sind die schlechtesten Anführer.“ Cool bleiben lautet die Devise.

Klar kommunizieren, aber bloß nicht der Belegschaft die geschäftlichen Unsicherheiten dauernd vor Augen führen. Und schon gar nicht die eigenen als Chef. „Das ist eines der schwierigsten Dinge“, sagt von Rosty: „Man ist teilweise selbst unsicher, darf es aber nicht zeigen, weil das das ganze Unternehmen verunsichern kann.“ Jeder CEO habe „extreme Unsicherheiten“. Wenn er nach außen kommuniziere, müsse er aber eine „klare Botschaft“ haben. Wer Angst habe, werde „zum Kontrollfreak. Damit macht man Unternehmen und Menschen kaputt“.

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Und wie bekommt er bei der Suche nach neuen Vorstandsvorsitzenden heraus, ob diese taugen? Professionelles Interview und Referenzen, sagt von Rosty. Er spreche nicht nur mit den unmittelbaren Vorgesetzten des Kandidaten, sondern auch mit Arbeitnehmervertretern und Mitarbeiterinnen. „An der Art und Weise, wie sie in der Vergangenheit geführt haben, erkennen wir, wie sie wohl auch in Zukunft führen werden.“

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