Zweifel an raschen Zinssenkungen und enttäuschende Wirtschaftsdaten aus China haben die europäischen Aktienmärkte am Mittwoch belastet. Dax und EuroSToxx verloren am Vormittag je 0,9 Prozent auf 16.415 und 4404 Punkte. An den chinesischen Börsen gerieten Immobilien- und Technologiewerte besonders stark unter Druck.
Die chinesische Wirtschaft verfehlte im vierten Quartal mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von Oktober bis Dezember um 5,2 Prozent knapp die Erwartungen der Analysten. „Auch im neuen Jahr plagen die chinesische Wirtschaft Deflation und eine scheinbar nicht mehr enden wollende Schwäche des Immobiliensektors“, sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst von CMC Markets. Anleger fürchten im Zuge dessen eine Nachfrageschwäche des zweitgrößten Rohölverbrauchers weltweit. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,1 Prozent auf 76,67 Dollar je Barrel. Der Preis für US-Leichtöl West Texas Intermediate (WTI) fiel um ein Prozent auf 70,74 Dollar.
Zweifel an Zinssenkungen
Zudem plagten die Anleger Zweifel, ob die Europäische Zentralbank die Zinswende wie erhofft bereits im Frühjahr einläuten könnte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht die Zentralbank auf einem guten Weg, die Inflation im Euro-Raum auf zwei Prozent zurückzubringen. Der Kampf gegen die Teuerung sei aber noch nicht gewonnen. EZB-Ratsmitglied Klaas Knot sagte am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, die Finanzmärkte gingen mit ihren Erwartungen schneller Zinssenkungen zu weit. Neben weiteren Reden in Davos warteten Anleger auf US-Daten zu Importen und Einzelhandelsumsätzen und den Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed, das sogenannte Beige Book.
Der Euro trat bei 1,0875 Dollar auf der Stelle, während die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe leicht auf 2,235 Prozent anzog.
Drohendes Standort-Aus zieht Meyer Burger nach unten
Am Aktienmarkt gerieten europäische Luxusfirmen nach den enttäuschenden Wirtschaftszahlen aus China unter Druck. Aktien des Gucci-Mutterkonzerns Kering sowie des italienischen Luxusjacken-Herstellers Moncler fielen jeweils um mehr als zwei Prozent. Bei den Dax-Werten hielten Zalando die rote Laterne. Die Titel des Mode-Versenders rutschten um bis zu 5,1 Prozent und markierten bei 16,31 Euro ein Allzeittief. Seit Jahresbeginn haben sie damit knapp 20 Prozent eingebüßt. Die schwache Konsumlaune hatte den Dax-Titeln bereits im Jahr 2023 zugesetzt und einen Verlust von rund 35 Prozent eingebrockt.
Im Solarsektor verbreitete das drohende Aus für den deutschen Produktionsstandort der Firma Meyer Burger düstere Stimmung. Die Aktien des Schweizer Solarausrüsters brachen in Zürich um bis zu 46,7 Prozent ein. Papiere des deutschen Rivalen SMA Solar büßten knapp sechs Prozent ein. Den Schweizern machen eigenen Angaben zufolge der starker Anstieg chinesischer Produktionsüberkapazitäten sowie die von Indien und den USA verhängten Handelsbeschränkungen zu schaffen.
Die Aktien der italienischen Telecom Italia (TIM) stiegen hingegen um bis zu drei Prozent, nachdem die italienische Regierung grünes Licht für den Verkauf des Festnetzes an den US-Finanzinvestor KKR gegeben hat. „Der Startschuss für den Verkaufsprozess war das, was der Markt erwartet und erhofft hatte“, sagte ein Händler in Mailand. Die Sparte wird mit bis zu 22 Milliarden Euro bewertet.
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