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Donald Trump Quelle: REUTERS

Diese fünf geopolitischen Risiken werden 2024 die Kapitalmärkte belasten

2024 wird auch ein geopolitisch dominiertes Jahr werden. Vieles ist unsicher, aber einige Termine sollte sich der Kapitalanleger schon heute markieren. Ich gebe ein paar Hinweise zur Kalenderpflege.

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Meine Top 5 geopolitischen Risiken für 2024 sind, das hatte ich auch schon in vergangenen Beiträgen ausgeführt, runtergezählt der Konflikt um Taiwan, das Risiko eines regionalen Krieges im Mittleren Osten, politische Fliehkräfte in Europa, der Krieg in der Ukraine und ganz oben, die US-Präsidentschaftswahlen. Heute möchte ich darauf fokussieren, zu welchen Zeitpunkten denn diese Risiken den Kapitalmarkt beeinflussen könnten.

Beginnen wir mit Platz 5, dem Konflikt um Taiwan. Taiwan ist eine Provinz Chinas, das ist nicht nur die Sichtweise Chinas, sondern zumindest die offizielle Politik sowohl der Bunderegierung als auch der USA. Jede Änderung dieses Status weg von der „Ein-China“-Politik birgt ein unmittelbares Kriegsrisiko, das sicherlich eine signifikante Belastung für die Kapitalmärkte mit sich bringen dürfte. Der wichtigste Termin war bereits am vergangenen Samstag: Zum dritten Mal hintereinander hat ein Kandidat der DPP die Präsidentschaftswahlen gewonnen, und die DPP ist nicht so öffentlich festgelegt auf die „Ein-China“-Politik, wie Peking es gerne hätte.

Allerdings hat die DPP dieses Mal die Mehrheit im Parlament verfehlt und nach den jüngsten Äußerungen, die eher besonnen klangen, scheint mir aber ein Taiwan-Konflikt eher ein „Tailszenario“ zu bleiben, also ein vor der Tür stehendes Risiko. Wichtiger Termin für den Kalender bleibt der 20. Mai, die geplante Amtseinführung des neuen Präsidenten.

Platz 4 nimmt die Situation im Nahen Osten ein. Hier kann ich keine Stichtage nennen, die man besonders monitoren müsste, aber von der Sequenzierung der letzten Monate ist für mich klar, dass die Ausweitung des Konfliktes um Gaza zu einem regionalen Krieg das größte Risiko in den nächsten drei Monaten hat – seit Oktober schreitet die Eskalation hier sozusagen in täglichen Schritten voran. Generell gilt, je länger der Konflikt dauert, desto gefährlicher wird er, desto höher ist das Risiko einer räumlichen Ausdehnung.

Wir haben das Ende vergangener Woche mit den Bombardierungen im Jemen gesehen, wir sehen das mit dem Risiko eines Übergreifens des Konfliktes auf den Libanon. Erste kleinere Implikationen für den Kapitalmarkt sehen wir durch höhere Güterpreise infolge der Einschränkung der Schifffahrt am Bab al-Mandab, richtig kapitalmarktrelevant wird er aber erst, wenn es um eine Einbeziehung Irans und damit auch das Risiko einer Schließung der Straße von Hormus für Ölexporte geht. Aber im Kalender für solche Risiken sind es eher die nächsten drei Monate, die zu markieren sind.

Das geopolitische Event des Jahres für die Kapitalmärkte: Die US-Wahl

Platz 3 meiner Liste der geopolitischen Risiken, es geht um die Fliehkräfte in der europäischen Union, liefert ganz klare Termine, die in der Planung zu berücksichtigen sind. Der erste Block ist zu setzen vom 6. bis zum 9. Juni, wenn die Europawahlen stattfinden. Geht es nach den jetzigen Umfragen, dürften eher die national orientierten, europakritischen Parteien als Sieger hervorgehen, was den weiteren Verlauf nicht einfacher gestaltet. Der zweite wichtige Termin in dieser Frage ist der 1. Juli, dann geht die turnusmäßige Ratspräsidentschaft von Belgien an Ungarn über. Damit kommt Ungarn in der Findung der neuen Kommission allein durch die Herrschaft über die Termine eine wichtige Rolle zu.

Und nachdem der derzeitige EU-Präsident Charles Michel bei den Europawahlen antritt, wird er im Falle seiner Wahl zurücktreten. Wird kein Nachfolger vor dem 1. Juli bestimmt, geht die Rolle dann automatisch an den Vertreter der Ratspräsidentschaft, in diesem Falle also an Viktor Orban. Der dritte Termin, den ich markieren würde, ist der 1. September, an dem in Deutschland in den beiden ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen Landtagswahlen stattfinden und nach jetzigem Umfragestand nur ein erfolgreiches Abschneiden der neuen Wagenknecht-Partei BSW einen Durchmarsch der AfD verhindern würde. Zudem könnten diese Wahlen weniger als 20 Prozent der Stimmen für die derzeit die Bundesregierung tragenden Parteien bringen und das Ende der aktuellen Koalition in Deutschland einläuten. Also, 3 Termine markieren: 6. - 9. Juni, 1. Juli und 1. September – das Sommertheater ist ganz groß auf dem Spielplan: „Europäische Fliehkräfte, 2024 Edition“.

Punkt 2 ist wieder einer, der keine festen Termine bietet: es ist der russisch-ukrainische Krieg. Zwar sieht es aus, als ob die Kapitalmärkte sich auf diesen Konflikt eingestellt haben, aber beides ist möglich – eine weitere Eskalation oder aber eine Verhandlungslösung. Allerdings spricht vieles dafür, dass zunächst eine Intensivierung der Kampfhandlungen bevorsteht. Wir haben seit Kriegsbeginn immer wieder gesehen, dass die schweren Kampfhandlungen in der Ukraine auf den Winter und den Sommer konzentriert sind, weil wetterbedingt die Bodenverhältnisse in der anderen Zeit die Beweglichkeit der Kriegsparteien begrenzen. Man sollte aber auch die Erschöpfung der Beteiligten nicht unterschätzen. Am 24. Februar dauert der Krieg zwei Jahre.

Zum Vergleich: Der Koreakrieg dauerte 3 Jahre und 1 Monat. Würde ich erwarten, dass der Krieg in der Ukraine länger dauert als der Koreakrieg? Nein, eher nicht. Das spricht für ein Ende in diesem Jahr. Und die Ukraine muss damit rechnen, dass schon nach den Europawahlen, in jedem Fall aber, wenn Trump US-Präsident wird, auch ohne sie verhandelt wird. Insofern spricht vieles für eine Lösung vor den US-Wahlen. Ob da der Zeitpunkt des Gipfels zum 75-jährigen Bestehen der NATO eine Rolle spielt (9. - 11. Juli), bezweifle ich eher. Was mir aber wahrscheinlich erscheint, ist eine kurzfristige Eskalation: Es ist Winter, es wird de facto die Ausgangssituation für Verhandlungen festgelegt, und das dürfte militärisch und politisch (Sanktionen/Eigentumsrechte) erfolgen Also leider: eher Eskalation in den nächsten Monaten, eventuell Deeskalation danach. Kapitalmarktrelevant dürften eher Sanktionen, Eigentumsrechte und der Energiefluss als der Frontverlauf sein.

Das geopolitische Event des Jahres für die Kapitalmärkte dürften aber die US-Präsidentschaftswahlen, oder besser, Donald Trump und seine Chancen, eine zweite Amtszeit als US-Präsident zu bekommen, sein. Hier scheint „großes Kino“ garantiert. Die Wahl findet dieses Jahr am 5. November statt. Dank der speziellen Situation geht es heuer nicht nur um die üblichen Vorwahlen, sondern es geht auch um die Frage, ob der aussichtsreiche Kandidat Donald Trump überhaupt antreten darf. Und mit allem Respekt vor dem amtierenden Präsidenten, aufgrund dessen Alters auch um die Frage, gegen wen als Kandidaten der Demokratischen Partei Trump denn antreten würde.

Für den Kalender gibt es zwei Terminserien: die politische, da haben wir bei den Republikanern Iowa gerade gesehen, am 23. Januar kommt New Hampshire, am 5. März ist „Super Tuesday“, vom 15. bis zum 18. Juli ist die „Republican Convention“, für die Demokraten ist meines Erachtens nur die Convention vom 19. bis zum 22. August wichtig, denn wenn Biden im Zuge des Jahres zurückzieht, wird der Kandidat wahrscheinlich durch Akklamation dort gekürt. Für den Kalender gibt es aber eine zweite Reihe von Terminen, die relevant sind, nämlich, ob Trump denn überhaupt antreten darf.

So ist am 4. März, also einen Tag vor dem „Super-Tuesday“, der Beginn des Bundesverfahrens wegen der 2020 Wahlen gegen ihn angesetzt, am 25. März das „Schweigegeld-Verfahren“ in New York, am 5. August das Verfahren über mögliche Wahlintervention in Georgia 2020. Der wichtigste Zeitpunkt dürfte aber nach dem jetzigen Kalender der 8. Februar sein, dort ist nun die Anhörung vor dem Supreme Court, dem höchsten US-Gericht, angesetzt über die Entscheidung in Colorado, Trump von dem Stimmzettel zu verbannen – eine Entscheidung wird noch vor dem Super-Tuesday am 5. März erwartet.

Eine Wiederwahl Trumps muss nicht schlecht für US-Börsen sein, für die europäischen eher schon. Aber die Spaltung in den USA in Zeiten des Wahlkampfs ist sicher keine Unterstützung für die Kapitalmärkte. Risiken können auch für solche Tech-Unternehmen bestehen, die Trump verdächtigt, unlauter die Demokraten unterstützt zu haben.

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Generell kann man den Terminkalender für die geopolitischen Risiken in drei Blöcke unterteilen: Zuerst ein temporärer „Höhepunkt“ in den nächsten Wochen mit Kriegshandlungen in der Ukraine, dem Mittleren Osten auf der einen Seite und der Frage, ob Trump Kandidat wird/werden kann. Dann die europäische „Sommerpause“ mit dem krönenden Finale der US-Wahlen zum Jahresende. Mit anderen Worten: Der Terminkalender ist voll mit geopolitischen Effekten.

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