Leben mit Aktien Johnson & Johnson: Babypuder wiegt schwer wie Blei

Quelle: imago images

Johnson & Johnson verliert die Gunst der Anleger. Das Unternehmen ist zu komplex, sein Babypuder steht unter Verdacht, mit Asbest verunreinigt zu sein. Aber der Konzernumbau läuft und die Aktie ist günstig.

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Am Ende war es das Schlankheitsversprechen zweier Konkurrenten, der zur Wachablösung führte und Johnson & Johnson (J&J) den Titel als wertvollstes Parmaunternehmen der Welt abrang. Das war im vergangenen Jahr. Heute ist das Unternehmen aus New Brunswick im US-Bundesstaat New Jersey nur noch die Nummer Drei, Eli Lilly und Novo Nordisk haben J&J nicht zuletzt dank ihres Erfolgs mit Abnehmspritzen überholt. Beide sind jetzt ungefähr doppelt so viel wert wie J&J. Das zeigt, wie sehr die Börse nach vorn blickt: Denn aktuell fährt J&J noch immer einen fast doppelt so hohen Umsatz wie Eli Lilly und Novo Nordisk ein.

Die Größe ist für den Konzern aber nicht nur ein Vorteil. Sie macht ihn gleichzeitig komplex und behäbig. Anleger können die Zukunftsaussichten der vielen Geschäftsbereiche schwer einschätzen. Die Aktie leidet darunter und ist heute genau so viel wert wie Anfang 2018. Im selben Zeitraum hat sich der Wert des amerikanischen Leitindex S&P 500 fast verdoppelt.

Johnson & Johnson will mehr Fokus

„Der Vergleich mit Eli Lilly und Novo Nordisk ist unfair, weil das Unternehmen nicht so fokussiert ist“, stellt Christian W. Röhl in der neuen Ausgabe des WirtschaftsWoche-Podcasts Leben mit Aktien fest. Immerhin arbeitet J&J schon daran, sich stärker zu konzentrieren. Seine Konsumgütersparte hat es vergangenes Jahr unter dem Namen „Kenvue“ abgespaltet. Anleger können sich nun direkt an bekannten Marken wie Neutrogena und Listerine beteiligen.

Die Medizintechniksparte soll hingegen gestärkt werden. Für das börsennotierte Medizintechnikunternehmen Shockwave Medical wurde ein Übernahmeangebot in Höhe von 13,1 Milliarden Dollar abgegeben. Shockwave Medical ist auf die Behandlung von Herz-Kreislauf-Leiden spezialisiert. Mit seiner innovativen Technologie können Kalkablagerungen in Gefäßen und Arterien mithilfe von Stoßwellen zertrümmert werden.

Die Übernahme ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern, die Aktionäre von Shockwave müssen ihr noch zustimmen. Auf den Umsatz hat die Übernahme ohnehin kaum Einfluss: J&Js hatte vergangenes Jahr hundertmal mehr Einnahmen als Shockwave Medical. Die Richtung stimmt aber, denn das junge Unternehmen wächst schnell.

Im Podcast sprechen Horst von Buttlar und Christian W. Röhl darüber, welche Treiber hinter steigenden Aktienkursen stecken, wer im exklusiven Ranking ganz oben steht – und wie Kanada Investoren verschreckt.
von Horst von Buttlar, Christian W. Röhl

Im Zentrum von J&J steht das Geschäft mit Arzneimitteln. Dort hat J&J eine breite Produktpalette. Allerdings läuft bei einigen wichtigen Arzneimitteln bald der Patentschutz ab. J&Js Kassenschlager Stelara darf bereits seit letztem Jahr nachgeahmt werden. Das Mittel gegen Schuppenflechte erzielte bisher jährlich Einnahmen von 10 Milliarden Dollar und gehörte damit zu den umsatzstärksten Medikamenten weltweit. Der absehbare Umsatzrückgang wird eine Lücke hinterlassen. J&J kann also den erwarteten jährlichen Cashflow von über 20 Milliarden Dollar nicht einfach an die Aktionäre ausschütten. Es muss sich für die Zukunft rüsten. Und dort lauert noch ein weiteres großes Risiko.

Schwere Anschuldigungen

In Nordamerika ist das Babypuder des Konzerns in Verruf geraten. Verbraucher vermuten eine gesundheitsschädliche Verunreinigung mit Asbest. Zehntausende haben Klage eingereicht. Was J&J der Rechtsstreit am Ende kosten wird, ist noch offen. Anleger sind besorgt, denn mit der Abspaltung von Kenvue war J&J das Problem nicht los. Obwohl das Produkt mittlerweile ausgelagert ist, hat sich J&J für zukünftige Kosten zuständig erklärt, die mit den Babypuder-Klagen in den USA und Kanada noch ins Haus stehen könnten. Die Lage ist schwer einzuschätzen. Erst vergangene Woche hat J&J einen Rechtsstreit gewonnen und einen anderen verloren. Bei Letzterem wird eine Entschädigung in Höhe von 45 Millionen Dollar fällig. Vergangenes Jahr nahm J&J bereits eine Rückstellung in Höhe von 400 Millionen vor, um auf solche Kosten vorbereitet zu sein.

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Bei allen Risiken macht die Skepsis die Aktie auf der anderen Seite auch recht preiswert. Anleger bekommen eine Dividendenrendite von über drei Prozent. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei überschaubaren 17. Aktien im S&P 500 kommen im Schnitt auf einen Wert von 23. J&J wirkte die letzten Jahre etwas behäbig, aber die Umsätze bleiben riesig und die Bewertung ist fair. Anleger sollten die Aktie nicht so schnell abschreiben.

Mehr zum Thema Johnson & Johnson, Aixtron, den aktuellen Börsenturbulenzen sowie den besten Aktien der Welt hören Sie in der neuen Ausgabe unseres Podcasts „Leben mit Aktien“.

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