Bildung Die Gen Z bezieht ihr Finanzwissen aus sozialen Medien

Viele junge Menschen beziehen ihre Informationen aus den sozialen Medien. Quelle: imago images

An deutschen Schulen ist die Finanzbildung unzureichend. Viele Schülerinnen und Schüler holen sich ihr Wissen über Aktien und Immobilien deshalb aus den sozialen Medien. Doch kann das die Lücke im Lehrplan füllen?

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Bitcoins, Aktien und ETFs: Darüber klären sogenannte Finfluencer in den sozialen Medien auf. Für viele Jugendliche der Generation Z sind die Informationen auf Instagram und Co. oft die erste Anlaufstelle, wenn es um Finanzbildung geht. Laut einer Studie der Medienanstalten nutzen rund zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen Social Media als Informationsquelle. Eigentlich trockene Themen wie Altersvorsorge, Steuern und Aktien werden in kurzen Videos interessant verpackt.

Hinzu kommt, dass der Zugang zum Kapitalmarkt durch Online-Broker wie Trade Republic einfacher geworden ist. Das ist eine Chance für junge Anleger, birgt aber auch Gefahren. In der Schule dagegen nimmt der Umgang mit dem eigenen Geld kaum Platz ein. Reichen die sozialen Medien aus, um die große Lücke im Lehrplan zu füllen?

Der Social-Media-Experte Felix Beilharz erkennt welche große Rolle Instagram und Co. bei der Finanzbildung spielt: „Manche Finanzinfluencer haben dort sehr große Followerzahlen, überwiegend aus der jüngeren Generation.“ Beilharz begrüßt, dass diese Plattformen das Interesse vieler junger Menschen weckten. Er sieht aber auch die Risiken. Besonders kritisch sieht er die Vermarktung unseriöser Geschäftsmodelle aus den Bereichen Multi-Level-Marketing, Krypto und Trading: „Der Wunsch nach schnellem Geld wird über Social Media stark gefördert.“

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Unterschied zwischen spekulieren und investieren

Um vor solchen Tricks zu warnen und über die eigene Finanzplanung aufzuklären, haben Jürgen Neitzel und seine Kollegen die ehrenamtliche Initiative FinChamp gegründet. Sie besuchen regelmäßig Schulen im Raum Baden-Württemberg und beantworten Fragen rund um die Finanzwelt. 90 Minuten lang sprechen die Ehrenamtlichen über Kaufkraftverlust, Altersarmut, Budgetierung und ETF-Sparpläne.

Ziel der Initiative: Junge Menschen sollen ermutigt werden, sich selbst um ihre Finanzen zu kümmern. Dabei benennen sie in ihren Vorträgen laut Neitzel auch klar den Unterschied zwischen Spekulieren und Investieren. „Soziale Medien können die Lücke im Lehrplan derzeit noch nicht schließen“, stellt der Leiter der Initiative, Jürgen Neitzel, fest. Aspekte wie Eigenwerbung für Finanzprodukte im Netz sieht FinChamp kritisch und versucht, den Schülern das nötige Basiswissen zu vermitteln, um eigene Finanzentscheidungen treffen zu können.

Soziale Kluft bei Finanzbildung

Die fehlende Qualitätskontrolle im Netz sieht auch der Verband Bildung und Erziehung kritisch. Der Bundesvorsitzende Gerhard Brand weist zudem auf eine soziale Kluft hin: „Wo im Elternhaus Finanzbildung kein Thema ist und wo dies in der Schule nicht ausgeglichen werden kann, gibt es eine niedrigere Affinität zu solchen Themen.“ Wer hingegen regelmäßig mit Finanzthemen in Berührung komme, suche auch eher nach qualitativen Quellen und bemühe sich, keinen dubiosen Ratschlägen zu folgen.

Für Brand kommt es auf den richtigen Mix an: „Eine bessere Finanzbildung entsteht an der Schnittstelle zwischen der Vermittlung grundsätzlicher Kenntnisse, die zum Beispiel im Elternhaus vermittelt werden, Kenntnissen, die in der Schule vermittelt werden, und Kenntnissen, die durch den Konsum seriöser Medien erworben werden.“

Um einer sozialen Spaltung vorzubeugen, geht die Initiative FinChamp bewusst auch in Realschulen und andere Schulformen. „Finanzwissen darf nicht von der sozialen Herkunft abhängen“, sagt Neitzel. Die Vorträge richten sich an Schüler ab der neunten Klasse bis zur Oberstufe.

Gerade diese Jahrgänge sind die Zielgruppe vieler Finfluencer. Social-Media-Experte Felix Beilharz stellt klar: „Eine fundierte Finanzbildung ersetzen Influencer-Videos nicht. Wer 20 bis 30 TikTok-Videos gesehen hat, ist einfach noch kein Immobilienexperte, hat aber schnell dieses Gefühl.“ Wenn Social-Media-Inhalte den Einstieg bilden, sei das fantastisch. Wer allerdings glaubt, sein BWL-Studium oder seine Banklehre durch Reels ersetzen zu können, wird schnell enttäuscht.

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