Bildungslücke Was Schüler über Finanzen lernen – und was nicht

Viele Eltern und Schüler wünschen sich eine bessere Finanzbildung an deutschen Schulen. Quelle: imago images

Unterricht über Aktienmärkte, Geldpolitik oder Steuerwissen fehlt an vielen deutschen Schulen. Eine Umfrage zeigt jetzt, wie groß der Nachholbedarf ist – und welche Themen bereits im Unterricht behandelt werden.

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Wie bekomme ich einen Kredit? Wie eröffne ich ein Aktiendepot? Oder der Klassiker: Wie mache ich meine Steuererklärung? Auf diese Fragen finden Schüler im Unterricht oft keine Antworten. Fehlender Platz im Lehrplan oder Lehrermangel lassen oft wenig Zeit für finanzielle Bildung in der Schullaufbahn.

Eine Umfrage des Civey-Instituts im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung zeigt nun, wie viele Deutsche sich Finanzbildung in der Schule gewünscht hätten – und wie groß der Nachholbedarf ist. An zwei Tagen im Dezember 2023 wurden insgesamt über 5000 Personen ab 18 Jahren zu ihrer Finanzbildung in der Schulzeit befragt.

Das Ergebnis: Insgesamt haben fast 80 Prozent der Befragten das Gefühl, in der Schule zu wenig über finanzielle Entscheidungen gelernt zu haben. Nur knapp 13 Prozent geben an, dass der Lernstoff genau richtig war. Vor allem Befragte zwischen 30 und 39 Jahren sehen eine große Lücke in ihrer Schulzeit, was das Wissen über wirtschaftliche Themen und finanzielle Entscheidungen betrifft.



Viel Lernstoff zu Zinsen, kaum was zu Schulden

Trotz einer bestehenden Empfehlung der Kultusministerkonferenz (KMK) werden Verbraucherthemen in den Schulen noch nicht flächendeckend umgesetzt. Doch gerade in Zeiten, in denen die Rente im Alter nicht ausreichen wird, ist eine finanzielle Grundbildung wichtig, um früh den Umgang mit Geld zu lernen.

Doch bei nicht allen Finanzthemen fühlten sich die Befragten in der Schule schlecht informiert. Rund 41 Prozent der Befragten haben in der Schule das Thema Zinsen und Zinseszinsen behandelt, knapp 30 Prozent haben im Unterricht über Inflation gesprochen. Wichtige Themen wie der Umgang mit Schulden oder Aktien wurden kaum behandelt. Fast die Hälfte der Befragten konnten sich nicht an bestimmte Themen aus dem Unterricht erinnern.



Auch im Erwachsenenalter ist es nicht einfach, das fehlendes Wissen über Steuern und Aktien schnell nachzuholen. Dass mangelnde Finanzbildung später nur schwer auszugleichen ist, belegt eine Umfrage der IU Internationale Hochschule Erfurt. So schätzten vier von fünf Befragten (79,7 Prozent) ihre eigene Finanzbildung als „eher gut“ bis „sehr gut“ ein. Ein anschließender Wissenstest offenbarte jedoch große Lücken. Gerade im späteren Leben kann mangelndes Finanzwissen Kauf- und Geldanlageentscheidungen stark und teils negativ beeinflussen.

Das muss nicht sein: Denn die Umfrage der Friedrich-Naumann-Stiftung zeigt, dass der Wunsch nach Wissen über die Finanzwelt da ist. Mehr als 75 Prozent der Befragten hätten in der Schule gerne mehr über Wirtschaft und Finanzen gelernt. Am größten ist der Wunsch bei den 18- bis 39-Jährigen.

Entgegen der häufig geäußerten Vermutung, Frauen hätten ein geringeres Interesse an wirtschaftlichen Themen: Der Unterschied zwischen den Geschlechtern spielt keine Rolle. Frauen und Männer nehmen die Lücken im schulisch vermittelten Finanzwissen in der Regel ähnlich wahr.

„Schule ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft“

Seit Jahren klagen Eltern und Schüler über mangelnde Finanzbildung in den Schulen. Zu Unrecht, sagt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung. „Immer wenn die Gesellschaft der Meinung ist, dass manche Kinder etwas nicht können, soll Schule es lösen. Aber Schule ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft“, hält Brand dagegen.

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Schule habe nicht nur die Aufgabe, Basiskompetenzen zu vermitteln, das System dürfe aber auch nicht mit immer neuen Anforderungen überfordert werden. Es müsse definiert werden, so Brand, was zur finanziellen Bildung gehört und wie dieser Kanon in der Schule verankert werden kann. Vor allem auch: Was dafür wegfallen kann und wer dafür zuständig ist.

Lesen Sie auch: Wir brauchen eine bessere ökonomische Bildung!

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