Börsen-Roundtable Was Zulauf, Faber, Gross und Co. jetzt raten

Seite 3/9

"Es herrscht mehr Gier als Angst"

Gabelli: Das stimmt nicht. Gewöhnliche Amerikaner haben ihre Pensionspläne. Die Behauptung, dass nur ein Prozent der Bevölkerung das gesamte Aktienvermögen besitzt, gehört hinterfragt.

Faber: Der Aufwärts-Zyklus der Konjunktur befindet sich im fünften Jahr. Am 6. März jährt sich der Bullenmarkt bei Aktien zum fünften Mal. Historisch gesehen ist das lange. Irgendwann in diesem Jahr könnte der Aktienmarkt abstürzen, so wie 1987. Dann werden langfristige Anleihen im Kurs stark zulegen, und Bill Gross wird belohnt.

Warum wird die Börse abstürzen?

Hickey: Die gewaltige Aktienrally verdankt ihre Schubkraft der Politik des Gelddruckens. Nach vier sehr guten Jahren konnte der Dow Jones 2013 noch einmal 27 Prozent zulegen. Der Standard & Poor’s-500-Index kletterte 30 Prozent, der Nasdaq 38 Prozent. Amazon.com notiert zum 530-Fachen des Jahresgewinns. Die Marktkapitalisierung von Google ist im letzten Quartal 2013 um 90 Milliarden Dollar gestiegen. Das ist doch alles nicht normal.

Meryl Witmer: Es herrscht mehr Gier als Angst an den Märkten.

Hickey: Als QE1 beendet wurde, ging der Markt innerhalb weniger Monate um 13 Prozent zurück; deshalb beschloss die Fed eine zweite Phase quantitativer Lockerung, QE2. Als die zu Ende ging, gab der Markt 17,5 Prozent nach. Wenn Bill Gross recht hat und die Fed ihre Anleihekäufe bis Ende 2014 einstellt, fliegt uns die Börse binnen Jahresfrist um die Ohren. Derzeit liegen die Bewertungen weit über dem Niveau am Ende von QE1 oder QE2. Der Markt ist weit instabiler.

Gross: Die Aktienrückkäufe der Unternehmen haben ebenfalls zu der starken Rally beigetragen. Insgesamt hat der US-Unternehmenssektor – gestützt auf leicht verfügbares Geld – 2013 rund 500 Milliarden Dollar für den Rückkauf eigener Aktien aufgewendet; das entspricht zwei Prozent des Börsenwerts aller 500 Aktien im S&P 500.

Investmentideen von Marc Faber

Das sind 50 Prozent der Summe, welche die Fed im Vorjahr ausgegeben hat.

Gross: Wenn die Unternehmen keine Rückkäufe mehr tätigen, müssen die übrigen Anleger die Kurse hoch halten.

Hickey: Zahlreiche Unternehmen finanzieren die Rückkäufe über Kredite. Wenn die Zinsen steigen, werden Rückkäufe schwerer finanzierbar.

Gabelli: An den globalen Kapitalmärkten standen zu Jahresende 85 Billionen Dollar an Schulden 62 Billionen Dollar an Aktien gegenüber. Die Kredite zum Kauf von Wertpapieren stehen auf einem Allzeithoch. Die Regulierer sollten die Sicherheiten, die Anleger für Wertpapierkredite hinterlegen müssen, kräftig erhöhen und so das Risiko spekulativer Blasen senken, ohne der Wirtschaft zu schaden.

Gross: Da gebe ich Ihnen recht.

Hat die US-Notenbank eine Börsenblase aufgepumpt?

Cohen: Die Fed ist nicht perfekt, aber die Herausforderungen, mit denen sie sich mitten in der katastrophalen Wirtschaftslage weltweit konfrontiert sah, werden hier nicht genug gewürdigt.

Zulauf: Diese Lage hat sie selbst herbeigeführt.

Cohen: Entschuldigen Sie, jetzt rede ich. Wir müssen weit zurückblicken in der amerikanischen Geschichte, um einen Fall zu finden, in dem die Regierung eine tiefe Rezession durch Herbeiführung von Steuerverschärfungen noch verschlimmert hätte. Zusätzlich unter Druck geriet die Fed, weil andere nichts taten, um sich zu schützen. Die Europäische Zentralbank war zu Beginn der Finanzkrise um die Stabilität des Euro weit stärker besorgt als um das Wirtschaftswachstum in Europa. Die Fed holte die Finanzindustrie viel erfolgreicher aus der Krise als die Europäer. Die Bilanzen der US-Banken sind viel stärker als die der europäischen. Wir sind anderen Jahre voraus. Die Fed hat Lorbeeren verdient.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%