Verkehrte (Finanz-)Welt
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Wie Förderbanken in Nachhaltigkeit investieren

Wer nachhaltig investieren will, muss auf Chancen verzichten. So heißt es häufig. Wer sich mit Anleihen ein wenig auskennt, sollte jedoch das zunehmende Volumen grüner und sozialer Finanzierungen von Förderbanken im Blick behalten. Eine Kolumne.

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Förderbanken investieren zunehmend in nachhaltige und klimaschutzbezogene Anlagen. Viele dieser Institute sind per Satzung dazu verpflichtet. Allein 49 Milliarden Euro an grünen Investitionen hat die Europäische Investitionsbank (EIB) im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Eine Zunahme von fast einem Drittel gegenüber dem Vorjahr.

Schauen wir allein auf den Markt für Anleihen mit explizit nachhaltiger Mittelverwendung, so zeigt sich, dass dieser von staatlichen Emittenten und Förderbanken nachgerade dominiert wird. Emissionen im Volumen von fast einer Billion US-Dollar wurden im Jahr 2023 von Marktteilnehmern begeben, wobei die Weltbank mit einem Anleihen-Gegenwert in Höhe von 55 Milliarden Euro auf Platz eins lag. Auch die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) spielt eine nicht unerhebliche Rolle: Zwölf Milliarden Euro flossen über Green Bonds des deutschen Förderinstituts in Klimaschutz-Projekte.

Motive für nachhaltige Anlagen

Die Absichten, die Emittenten und Anleger mit nachhaltigen Investments verfolgen, können sehr unterschiedlich sein. Grob geht es in vielen Fällen um eine Eindämmung ökologischen Raubbaus und eine Verringerung des weltweiten CO2-Ausstoßes zur Erreichung der Pariser Klimaziele. Auch Themen wie soziale Unterdrückung, die Produktion bestimmter Waffen oder auch Kinderarbeit sollen durch diese Ausrichtung ausgeschlossen werden.

Wer solche Projekte fördern möchte, dem bieten sich eine ganze Reihe verzinster Anlagen, also Anleihen, zur Auswahl. Für die Anlagestrategie stellen sich zwei erfolgskritische Fragen:

  1. Warum sollten – angesichts der breiten Palette unterschiedlicher ESG-Produkte (auch privater Banken) am Markt – ausgerechnet Anleihen von Förderbanken dem Portfolio beigemischt werden?
  2. Wie können – bei gleichzeitiger Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele – alle Vorteile der Assetklasse ertrags- beziehungsweise zinsseitig ausgereizt werden?

Vorteil Transparenz

Wichtig bei nachhaltigen Anlagen ist die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung. Bei nachhaltigen Anleihen nach dem Standard der ICMA, einem Branchenverband mit Sitz in der Schweiz, wird gesondert über die Mittelverwendung berichtet. Deren Standard ist zwar mit Blick auf Einheitlichkeit nicht unumstritten, wird aber von vielen Anlegern und Anlegerinnen weltweit anerkannt und für die Kennzeichnung von Green, Social und Sustainability Bonds genutzt. Die Transparenz von Förderbanken geht hier weit über diesen Standard hinaus und reicht bis hinunter auf die Projektebene.

Zinsprämien vereinnahmen

Wenn Anleihen in anderen Währungen als dem Euro ausgestellt sind, lassen sich oftmals höhere Zinsen als hierzulande erzielen. Die naheliegendste Umsetzung ist der Erwerb einer Staatsanleihe in der Landeswährung. Diese sind jedoch häufig nur kompliziert in Lagerstellen vor Ort mit damit verbundenen Kosten und Steuern zu verwahren. Anleihen, die von global tätigen Förderbanken begeben werden, werden hingegen oft an deutschen Börsenplätzen gehandelt beziehungsweise es wird kein lokales Depot für die Verwahrung benötigt. Konkret: Emissionen etwa der Weltbank-Gruppe werden gemeinschaftlich von den 189 Mitgliedsstaaten besichert und verfügen über eine erstklassige Bonität von AAA. Das Projektportfolio ist weltweit über mehr als 170 Länder verteilt und oftmals in lokaler Währung finanziert. Da die Weltbank selbst jedoch in US-Dollar bilanziert, werden nach Vergabe eines solchen Kredits entsprechende Partner gesucht, die bei Vergütung der Zinsdifferenz bereit sind, das Risiko der lokalen Währung zu übernehmen. In der Praxis werden hierzu eigene Anleihen nach standardisiertem internationalen Recht begeben, welche über die gängigen Lagerstellen wie Euroclear und Clearstream handelbar sind.

In diesem Zusammenhang ist eine weitere strategische Erwägung zu erwähnen: Obwohl die Förderbanken-Anleihen in den allermeisten Fällen eine bessere Bonität als lokale Staatsanleihen aufweisen, lässt sich mit ihnen in bestimmten Fällen ein Zinsaufschlag erzielen. Als Beispiel seien hier Staatsanleihen in indischen Rupien (Rating: BBB-) genannt, die bei einer Laufzeit bis 2029 eine Nachsteuerrendite von 5,75 Prozent in Aussicht stellen. Der entsprechende Green Bond der Weltbank (Rating AAA) bietet jährlich hingegen circa 1,5 Prozent mehr Rendite.

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Ausblick

Anleihen enthalten Risiken. Die Papiere können an Wert verlieren und im Falle des Zahlungsverzugs oder der -unfähigkeit des Emittenten kann ein Teil- oder Totalverlust des Kapitals drohen. Einige dieser Produkte sind auch für Kleinanleger zu erwerben – mit einer Mindeststückelung wie im obigen Fall bei circa 6.500 Euro. Wer sich mit den Chancen und Risiken von Anleihen näher beschäftigen möchte, der sollte Papiere weltweit agierender Förderbanken in die Recherche einbeziehen. Diese können - mit ihrem höheren Zinsniveau in lokalen Währungen - unter Umständen einen Weg bilden, um Gelder in nachhaltige Verwendungen zu führen und dabei Bonitätsrisiken zu umgehen.

Die Kolumne „Verkehrte Finanzwelt“ entsteht in Zusammenarbeit mit der CFA Society Germany.

Lesen Sie auch: Fünf Ansätze für nachhaltiges Investieren

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