Modulares Bauen Halbe Bauzeit, 20 Prozent weniger Kosten

Von der Fabrik direkt auf die Baustelle. Das spart Zeit und Kosten. Quelle: Daiwa House, Cojan van Toor. Quelle: PR

Schneller, günstiger, intelligenter: Modulares Bauen könnte dem darbenden Neubau in Deutschland neuen Schwung verleihen. Vor allem politisch muss sich dafür aber noch einiges ändern.

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Was wohl mit den vielen USB-Sticks in den Bauämtern passiert, fragt eine Architektin aus Baden-Württemberg. Noch immer muss sie jeden Bauantrag in dreifacher Ausfertigung in Papier- und digitaler Form verschicken. Ein PDF per Mail ist nicht zulässig. Um sicherzugehen, dass die USB-Sticks auf dem Amt nicht verloren gehen – was bereits mehrfach vorkam –, klebt sie die Dinger einfach auf die vorderste Seite des Antrags. So viel zum Stand der Digitalisierung.

Das ist aber wohl das Geringste aller Probleme, mit denen sich die Architektin und alle anderen in der Immobilienbranche herumschlagen. Die Immobilienbranche leidet bekanntlich noch immer unter hohen Zinsen, schlechter Stimmung und rapide gestiegenen Bau- und Handwerkerkosten. Das Ergebnis: Immer weniger Wohnungen und Häuser werden gebaut. Eine Trendwende ist nicht absehbar.

Eine Gruppe von Unternehmen hat nun genug von dieser Tristesse am Bau. Wenn herkömmliche Häuser nicht mehr rentabel sind, dann muss man eben anders bauen, lautet ihr Motto. Anders heißt: schneller, standardisierter, industrieller. Modular Bauen heißt die Methode, die schon vor Jahren als Heilsversprechen der Branche gehandelt wurde. Der Unterschied zu damals: Dieses Mal könnte es stimmen.  

Eine japanische Firma aufs Gaspedal

Im Berliner Bezirk Lichtenberg baut etwa die Firma Daiwa House gerade aus 3000 Modulen mehr als 1500 Wohnungen für ein Quartier der landeseigenen Gewobag. Weitere Wohngebäude sind geplant, in Düsseldorf, Magdeburg und Dortmund. Das niederländisch-japanische Unternehmen ist eigenen Angaben zufolge der siebtgrößte Baukonzern weltweit und größter Anbieter modularer Gebäude. Erst seit Kurzem engagiert sich Daiwa auch in Deutschland – und drückt dabei aufs Gaspedal.

In Zusammenarbeit mit dem Immobilienmanager Capital Bay dreht Daiwa ein großes Rad. Bei der Anfertigung der Holzrahmenwände kommen Roboter zum Einsatz, die Fensterelemente werden halbautomatisch montiert. Für die Fassade der Module stehen mehrere Materialien zur Auswahl, Bäder und Küchen werden bereits in der eigenen Werkshalle eingebaut.

Jedes dritte Haus in Deutschland müsste saniert werden. Mit neuen und pragmatischen Konzepten ginge es schneller und günstiger.
von Martin Gerth, Felix Petruschke

„Wir denken unsere Wohnungen wie ein Schweizer Taschenmesser“, sagt George Salden, CEO von Capital Bay. Für ihn bedeutet das mehr Gemeinschaftsflächen wie Hobby- und Waschräume – und kleinere Wohnungen. „Eine Familienwohnung lässt sich damit auf 65 Quadratmetern realisieren, ein Single-Apartment auf 20 bis 25 Quadratmetern“, sagt Salden. Das Ergebnis: 50 Prozent weniger CO2-Emissionen als bei einem herkömmlichen Bau, halbierte Bau- und Planungszeiten und vor allem: 20 Prozent weniger Kosten.

Auch die Bundesarchitektenkammer, die Bauträger und sogar die Bundesregierung betonen die Vorteile des modularen Bauens. „Wir sehen eindrucksvolle Potenziale bei dieser Bauweise, mit der Wohnraum schneller und kostengünstiger errichtet werden kann. Durch die Vorfertigung gibt es überdies Ressourceneinsparungen, weil mit dem Material effizienter umgegangen wird“, sagt Professor Guido Spars von der Bundesstiftung Bauakademie. Bundesbauministerin Klara Geywitz betonte jüngst auf einer Investorenkonferenz: „Der seriellen, modularen und systemischen Bauweise gehört die Zukunft.“

Ein Modul – 800 Baugenehmigungen

Damit es so kommt, muss aber noch einiges passieren, vor allem auf Ebene der Bundesländer. Denn Normen und Vorschriften konnten mit den Entwicklungen am Bau nicht mithalten. Jetzt blockieren sie häufig innovative Vorhaben. Um ein neues Modul bauen zu dürfen, benötigt Daiwa nach eigenen Angaben zum Teil bis zu 800 einzelne Baugenehmigungen. „Modulbauten gelten als Sonderbauten und durchlaufen einen noch komplexeren Genehmigungsprozess, als er ohnehin schon für Deutschland üblich ist. Das ist, als müsste ein Auto in jeder Stadt, die es durchfahren will, extra zugelassen werden“, sagt Salden.

Der „Beschleunigungspakt“ zwischen Bund und Ländern, beschlossen im November 2023, wollte diesem Bürokratie-Irrsinn eigentlich ein Ende bereiten und für eine Harmonisierung der Vorgaben sorgen. Aber noch dauern die Beratungen an. Manche Teilnehmer sprechen mittlerweile eher von einem Verzögerungs- als von einem Beschleunigungspakt. Niedersachsen akzeptiert beispielsweise noch immer keine Typengenehmigungen für neue Module aus anderen Bundesländern. Sachsen hat seine Bauordnung dagegen schon angepasst und Baden-Württemberg ist gerade dabei.

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Wann eine bundesweite Lösung da sein wird? Wagt niemand zu sagen. Vielleicht ist der USB-Stick mit dem Lösungsvorschlag ja irgendwo verschütt gegangen?

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