COP Was beim Klimaschutz eigentlich geschehen müsste

Viele Worte, wenige Taten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres redet auf dem Klimagipfel in Dubai.  Quelle: AP

Klimaschutz kann nur gelingen, wenn alle wichtigen Länder dabei mitmachen. Der EU-Emissionshandel bietet sich hierbei als Nukleus eines technologieoffenen globalen Kooperationsregimes an. Ein Gastbeitrag.

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In Deutschland tun wir so, als sei das Klimaproblem eine nationale Angelegenheit. Deshalb fordert niemand, dass die globalen CO2-Emissionen zurückgehen sollen, sondern alle wollen nur, dass Deutschland klimaneutral wird. Dass wir dabei internationale Scheuklappen tragen und nicht wahrnehmen, dass der größte Teil unserer Maßnahmen eben nicht klimafreundlich ist, weil gar kein CO2 eingespart wird, interessiert wirklich niemanden. Aber so ist es. 

Der Europäische Emissionshandel führt beispielsweise dazu, dass die Dekarbonisierung der Stahlindustrie oder die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien zwar die deutschen Emissionen mindert, nicht aber die europäischen. Das gilt für den deutschen Kohleausstieg übrigens genauso.

Tatsächlich kann niemand das Klimaproblem national lösen. Selbst wenn wird die immensen Kosten für ein klimaneutrales Deutschland aufbrächten, was uns einen großen Teil unseres Wohlstandes kosten würde, wäre der Welt damit nicht geholfen. Ein Blick auf die globalen CO2-Emissionen zeigt das sehr deutlich. Die steigen unbeeindruckt von aller Klimapolitik weiter und wenn man die deutschen Emissionen abzieht, sieht man kaum einen Unterschied. 

Zur Person

Abgestimmtes Verhalten

Es gibt nur zwei Ausnahmen. In der Finanzkrise und der Pandemie gingen die globalen Emissionen nach unten. Das Einzige, was wirklich hilft, ist abgestimmtes internationales Handeln. Damit das möglich wird, muss ein internationales Kooperationsproblem gelöst werden, das den wahren Kern des Klimaproblems ausmacht. Worin besteht dieses Problem?

Stellen Sie sich zehn Menschen vor, die folgendes Spiel spielen. Jeder Einzelne kann 100 Euro in eine Maschine werfen. Tut er das, bekommt jeder der zehn zwanzig Euro ausbezahlt. Für den Einzelnen ist das ein schlechtes Geschäft. Er verliert dabei achtzig Euro. Es ist nicht rational, das zu tun. Aber wenn alle das nicht tun, behalten alle ihre 100 Euro und das war es. Wenn aber alle zahlen, was nicht rational ist, dann bekommt jeder zehn mal zwanzig Euro, also zweihundert Euro. Gerade dadurch, dass alle nicht ihre persönliche Auszahlung maximieren, kommen sie zu einer Lösung, bei der sie am Ende doppelt so viel Geld haben wie nach einer rationalen egoistischen Entscheidung. Das ist das Kooperationsproblem und dieses Problem stellt sich auch beim Klimaschutz. 



Aus der Sicht des einzelnen Landes ist es nicht vernünftig, Klimaschutz zu betreiben. Man hat nur extreme Kosten aber keinen Vorteil. Aber wenn alle Klimaschutz betreiben, profitieren alle von den Anstrengungen aller und dann haben alle einen Vorteil – wie die zehn Spieler in unserem Beispiel. Mit der Einführung des Emissionshandels hat die EU bewiesen, dass eine solche Kooperation möglich ist, denn dieser Handel verpflichtet alle beteiligten Länder. 

Aber kann es gelingen, diese Kooperation auf globaler Ebene zu installieren? Anhänger der nationalen Klimapolitik verneinen das und begründen damit, dass man zuhause handeln soll. Hätten sie Recht, wäre es allerdings besser, unsere Ressourcen dafür zu verwenden, uns an den Klimawandel anzupassen, denn der wäre dann unvermeidbar. Aber sie haben nicht Recht! 

Bundeskanzler Olaf Scholz will bei der COP28 in Dubai die treibende Rolle Deutschlands im Klimaschutz betonen. Berlin hält ungeachtet der Finanzlage an seinen Zusagen von insgesamt mehr als acht Milliarden Euro fest.
von Daniel Goffart

Technologieoffenheit und Diplomatie

Drei Dinge sind notwendig und sie alle müssten in Dubai ganz oben auf der Agenda stehen. Erstens müssen kosteneffiziente Instrumente wie der Emissionshandel oder eine CO2-Steuer zum Einsatz kommen. Der europäische Emissionshandel bietet sich als Kern an, den man ausbauen könnte. Aber dazu muss das Handelssystem territorial erweitert werden. Wo kann man darüber besser verhandeln als auf der COP? 

Zweitens brauchen wir eine ergebnisoffene technologischer Offensive, denn die bekannte Technik reicht nicht, um genug CO2-freie Energie bereitzustellen. Erfolgversprechend wäre eine internationale Initiative, die Kräfte bündelt und Synergien freisetzt. Drittens muss die Diplomatie in den Dienst der Kooperationssuche gestellt werden. Dazu muss das Kooperationsproblem als zentrales Problem in das Bewusstsein der nationalen Entscheidungsträger gehievt werden. Die COP 28 wäre dafür genau der richtige Ort. Klimakonferenzen dürfen nicht länger Orte sein, an denen es nur darum geht, wer wieviel CO2 vermeidet. 

Man muss viel mehr über wirksame und kosteneffiziente Instrumente und die Notwendigkeit einer internationalen Kooperationslösung reden. Schafft man dort ein gemeinsames Grundverständnis, kann auch die Klärung der Details gelingen und die Frage, wer wieviel bezahlt, beantwortet werden. 

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Abgesehen davon müssen wir unsere diplomatischen Hausaufgaben machen. Es gilt, Länder wie China und Indien zu gewinnen. Das geht nur, wenn wir aufhören, Außenpolitik als Werteexport zu begreifen und beginnen, Länder in ihrer Andersartigkeit zu akzeptieren – ohne dabei unsere eigenen Werte aufzugeben. Provokationen und moralische Überheblichkeit helfen niemandem, aber verhindern die so dringend notwendige Kooperation. 

Lesen Sie auch: Die Welt braucht einen neuen Plan gegen den Klimawandel

Hinweis: Dieser Beitrag wurde erstmals am 2.12.2023 veröffentlicht. Wir zeigen ihn aus aktuellem Anlass erneut.

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