Urteil in Colorado Noch ein Problem mehr für Donald Trump

Selbst der neue Rückschlag aus Colorado dürfte Trumps Siegeszug - hier die Deko einer seiner Wahlkampfveranstaltungen - kaum stoppen Quelle: imago images

Ein US-Landesgericht hält den Ex-Präsidenten für einen Aufrührer, der nicht mehr zur Wahl antreten darf. Ob es den Republikanern bald zu viel wird mit dem Mehrfach-Angeklagten Donald Trump?

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Eigentlich schien klar vorgezeichnet, was jetzt kommt: In weniger als einem Monat wird endlich gewählt. Dann, am 15. Januar, beginnen die Republikaner im US-Bundesstaat Iowa den Prozess, einen Präsidentschaftskandidaten für die Wahl am 5. November des kommenden Jahres zu bestimmen. Alle vier Jahre spielt sich in den USA dieser oft Monate dauernde Prozess ab, der 2024 ausgesprochen kurz ausfallen könnte. Denn mit Ex-Staatsoberhaupt Donald Trump gibt es diesmal einen haushohen Favoriten, der alle seine Herausforderer in den Umfragen weit hinter sich lässt. Doch nun könnte eine Gerichtsentscheidung aus Colorado den Wettbewerb noch einmal durcheinanderwirbeln.

Es ist eine dramatische Entscheidung, die der Supreme Court des Bundesstaates da gefällt hat. Trump, so die Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof des Centennial States, sei von der Teilnahme an der Vorwahl in Colorado disqualifiziert. Der Grund: Aufgrund seiner Rolle während des Sturms aufs Kapitol sei der Ex-Präsident an einem Aufstand gegen die Vereinigten Staaten beteiligt gewesen. Und der 14. Zusatzartikel der US-Verfassung verbiete es Teilnehmern an einer Rebellion, wieder öffentliche Ämter zu bekleiden. Das gelte auch für Trump.

Ein solches Urteil ist nicht gerade die Regel. Die Stelle, auf die sich die Richter berufen, wurde nach dem Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert in die Verfassung aufgenommen, um ehemalige Konföderierte aus Staatämtern fernzuhalten. In modernen Wahlkämpfen kam sich bislang nicht zur Anwendung. Im Sommer argumentierten gleichwohl zwei konservative Juristen in einem Beitrag für das Magazin „The Atlantic“, dass die Vorgabe auch auf Trump zutreffe. In mehreren Bundesstaaten gingen daraufhin Anträge ein, den Ex-Präsidenten vom Wahlzettel fernzuhalten. In Minnesota, New Hampshire und Michigan etwa liefen entsprechende Initiativen ins Leere. Colorado ist nun der erste Staat, in dem die Gerichte den Antragsstellern zustimmten.

Abschließend geklärt ist die Frage damit gleichwohl noch nicht. Trumps Wahlkampfteam hat angekündigt, die Frage vor den US Supreme Court in Washington zu bringen. Und dort verfügen konservative Richter über eine deutliche Mehrheit. Zwar hat auch das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten immer wieder gezeigt, dass es Trump nicht alles durchgehen lässt. Doch Verbündete des ehemaligen Staatsoberhaupts rechnen sich gute Chancen aus, dass die Entscheidung aus Denver revidiert wird. Und selbst wenn nicht: Für den Wahlausgang wäre sie in ihrer bisherigen Form kaum entscheidend. In der Vorwahl kann es sich Trump angesichts seines meilenweiten Vorsprungs erlauben, auf einen Bundesstaat zu verzichten. Und selbst wenn das Urteil ihn auch für die Wahl im Herbst Bestand haben sollte, dürfte es Trumps potenzielle Rückkehr ins Weiße Haus kaum behindern. Colorado gilt mittlerweile als verlässlicher Blue State. Seine zehn Electoral Votes dürften in den Kalkulationen des Republikaners ohnehin keine Rolle gespielt haben.

Trotzdem: Dass in einem Bundesstaat nun höchstrichterlich festgestellt wurde, dass Trump an einem Aufstand gegen die Vereinigten Staaten beteiligt war, dürfte ihm im Wahlkampf kaum helfen. Zumindest bis der Supreme Court entscheidet, hängt die Gefahr in der Luft, dass weitere Staaten Colorado folgen könnten.

Vor allem aber ist das Urteil für Trump ein Problem, weil es im Wahlkampf seine größte Schwäche herausstellt: die Unberechenbarkeit. Der Großteil seiner republikanischen Konkurrenten versucht angesichts seiner enormen Beliebtheit an der Parteibasis zwar, weitgehend auf Kritik an dem ehemaligen Staatoberhaupt zu verzichten. Doch die – wenigen – Kandidaten, die sich offen gegen ihn stellen, verweisen immer wieder auf die Risiken, die eine erneute Trump-Nominierung beinhalten. Schließlich muss sich der Ex-Präsident mit einer ganzen Reihe an juristischen Problemen herumschlagen – mit vier Strafverfahren, mehreren Zivilprozessen und nun eben auch mit der Frage, ob sein Name im November überhaupt auf allen Wahlzetteln stehen wird. Seine innerparteilichen Gegner hoffen nun, dass den Wählern das ganze Drama irgendwann zu viel wird. Und dass sie sich dann nach einer Alternative umschauen.

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Bislang deutet gleichwohl wenig darauf hin, dass es so kommen wird. Zumal Trumps Gegenkandidaten betont bemüht bleiben, seine Anhänger nicht zu verärgern. Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley und Florida-Gouverneur Ron DeSantis, die Trump in Umfragen noch am nächsten kommen, kritisierten das Urteil aus Denver umgehend. Unternehmer Vivek Ramaswamy kündigte gar an, aus Solidarität mit Trump seinen Namen ebenfalls vom Wahlzettel in Colorado entfernen zu lassen. Und selbst erklärte Trump-Gegner wie Chris Christie distanzierten sich von der Entscheidung. Die Wähler sollten entscheiden, erklärte der Ex-Gouverneur von New Jersey, nicht die Gerichte.

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