Vor Wahl in Russland Drohen, werben, taktieren: Das sind die wichtigsten Punkte aus Putins Rede

Quelle: AP

Die Rede an die Nation nutzt Putin traditionell um sich selbst, dem russischen Volk und dem Ausland Stärke zu beweisen. Auch 2024 lässt der Kremlchef die Muskeln spielen. Vier Punkte sind besonders bemerkenswert.

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Große Bühne, große Worte: Zum 19. Mal stellte Wladimir Putin am Donnerstag die entscheidenden politischen Leitlinien für die russische Gesellschaft in seiner Rede zur Lage der Nation vor. Mehr als 1000 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion saßen im Publikum. Zuletzt hatte sich Putin im Februar 2023 in dieser Form an das russische Volk gewandt und dabei die Aussetzung des Atom-Abrüstungsvertrags New Start verkündet. Im ersten Jahr des Ukrainekriegs fiel die Rede aus.

Die wichtigsten Punkte aus Putins Rede im Überblick:

1. Drohung mit Atomwaffen

Wladimir Putin nutzte seine Rede, um klarzustellen, wer aus seiner Sicht Aggressoren und Feinde sind: der Westen, die USA, die Nato, die anstreben, „uns zu vernichten“. Einmal mehr warnte der russische Präsident vor der Schlagkraft der Waffen der Atommacht. Putin erinnerte daran, dass die „Atomwaffen bereitstehen“, zählte eine lange Liste an Rüstungssystemen auf, die das Land vor dem Westen schützen. Bald wolle man öffentlich eine Reihe neuer Waffen vorstellen und die westliche Flanke des Landes weiter stärken.

Dass die USA Russland vorwerfen, sie würden Atomwaffen im Weltraum stationieren, sei taktische Demagogie vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. „Das ist eine Taktik, um uns an den Verhandlungstisch zu bekommen“, kommentierte der 71-Jährige. Sobald die USA aufhörten, es auf eine strategische Niederlage Moskaus abzusehen, sei man bereit für einen erneuten Dialog zur Sicherheit in der Welt.

Konkret warnte Putin die Nato-Staaten davor, Truppen in die Ukraine zu entsenden. Die Folgen eines solchen Schrittes könnten tragisch sein, mahnte er. „Erinnert euch an das Schicksal der letzten Truppen, die auf unser Gebiet geschickt wurden“. Zugleich wies der Präsident Behauptungen, dass Russland den Westen angreifen wolle, als „Blödsinn“ zurück.

2. Neue alte Verbündete

In seiner Rede machte Wladimir Putin klar, wo er seine stärksten Verbündeten sieht. Afrika, Südostasien und die arabischen Länder seien schon immer wichtig für Russland gewesen. Mit ihnen sitze man am Verhandlungstisch. Außerdem verglich er die wirtschaftliche Stärke der BRICS-Staaten mit der der G7-Staaten, dessen Finanzminister sich am Donnerstag in Sao Paulo treffen. „Die wirtschaftlichen Stärken des Westens werden vergehen“, prophezeite er.

3. Zusammenhalt der Russinnen und Russen

Russlands Krieg gegen die Ukraine wird nach Darstellung von Kremlchef Wladimir Putin von der „absoluten Mehrheit der Bevölkerung“ unterstützt. Er dankte in seiner Ansprache vor der Föderalen Versammlung den Bürgern und den Unternehmern für die Unterstützung bei der „militärischen Spezialoperation“. Das Volk arbeite in drei Schichten, um die Bedürfnisse der Front zu decken. Für die Gefallenen rief er eine Schweigeminute aus.

Damit versuchte Putin zwei Wochen vor den Präsidentschaftswahlen für ein Gefühl des Zusammenhalts im Volk zu sorgen. „Zusammen können wir alles schaffen“, sagte er, „und gemeinsam können wir unsere Freiheit verteidigen“. So hätte die Regierung Milliarden Rubel an Hilfszahlungen überwiesen.

Außerdem erinnerte Putin an den zehnten Jahrestag der Krim-Annexion, als Russland sich 2014 die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel einverleibte. Das Land schaue mit Stolz auf das Ereignis und das Erreichte.

4. Soziale Versprechen und der Kampf mit der Demografie

Putin sprach auch über Russland selbst. Über Wohnungsbau, bessere Infrastruktur, Armut und Gesundheit. So sei der Alkoholkonsum im Land gesunken, die durchschnittliche Lebenserwartung solle von 73 auf 78 Jahre gesteigert werden. Und damit ging er zu einem Problem über, mit dem viele Teile der Welt zu kämpfen haben: den demografischen Wandel. Die Geburtenrate müsse dringend steigen, denn „die Familie ist Grundlage für alles“. Schon vorher hatte Putin öffentlich an Familien appelliert, mindestens zwei, wenn möglich sogar drei Kinder zu zeugen. Sollte jede Familie nur ein Kind haben, bemerkte Putin, ginge das Land das Risiko eines massiven Bevölkerungsverlustes ein.

Zu diesem Zweck rief er ein neues nationales Unterstützungsprogramm für Familien aus. Für die Modernisierung des Gesundheitswesens sagte der russische Präsident zugleich eine Billion Rubel (rund 10 Milliarden Euro) an neuen Haushaltsmitteln zu.

Als Maßnahmen zur Stützung der Familien stellte Putin soziale Hypothekenprogramme, höhere Steuerfreibeträge für Kinder und regionale Sozialprogramme vor, die aus dem föderalen Haushalt gestützt werden sollen. Der Mindestlohn solle von 19.000 Rubel (190 Euro) im Monat bis 2030 auf 35.000 Rubel (350 Euro) steigen.

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Fazit

Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl nutzte Wladimir Putin die Rede zur Lage der Nation als Bühne für seine Propaganda – und um Front gegen den Westen zu machen. Der Kremlchef wirkte wütend, während er über den „Aggressor“ sprach, schien mit seiner Beherrschung zu kämpfen. Stillschweigen ist bei dem Thema Transnistrien angesagt, wo prorussische Separatisten Russland um „Schutz“ vor der Republik Moldau gebeten haben. Das berichteten russische Nachrichtenagenturen wie die Ria Nowosti am Mittwoch. Demnach wolle Moskau diese Bitte prüfen, hieß es. Als Grund für ihr Anliegen nannten die Separatisten eine „wirtschaftliche Blockade“ durch Moldau.

Gleichzeitig gibt er große soziale Versprechen für die Bevölkerung ab, die helfen könnten, Stimmen zu generieren. Die Bestätigung des Präsidenten bei der Abstimmung am 17. März gilt als sicher, denn zur Wahl ist keine Opposition zugelassen.

Mit Material der dpa.

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