China hat einer Studie zufolge seinen Handel mit den Ländern des Globalen Südens in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet – zu Lasten Europas. Der Anteil der Volksrepublik am wirtschaftlichen Austausch mit 25 Schwellen- und Entwicklungsländern sei seit 2010 von etwa zwölf auf 20 Prozent gestiegen, wie der „Spiegel“ am Montag auf Grundlage der ihm vorliegenden Auswertung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) berichtet. Der Anteil der USA liegt unverändert bei etwa 18 Prozent, der EU-Anteil sank von 17 Prozent auf 14 Prozent.
Die Dominanz der Volksrepublik hat sich in den vergangenen Jahren dem Bericht zufolge weiter verstärkt. Trotz Corona-Pandemie stieg der Handel Chinas mit dem Globalen Süden zwischen 2019 und 2023 um 47 Prozent auf mehr als 1,9 Billionen Dollar. Deutschland konnte demnach den Warenaustausch mit den Südländern dagegen nur geringfügig steigern, weshalb der deutsche Handelsanteil in den vergangenen 15 Jahren nahezu stagnierte.
Ausgeführt hat China den Angaben zufolge vor allem Mikrochips, andere Elektronik sowie Fahrzeuge und Stahl. Importiert wurden Erdöl, Eisenerz und Soja. Daran zeige sich das „Muster chinesischer Wirtschaftspolitik, Wertschöpfungsketten ins Inland zu verlagern“ und „mehr Rohstoffe aus dem Ausland“ zu beziehen, wird aus der Analyse zitiert.
Schneller schlau: Die Seidenstraße
Die „Neue Seidenstraße“ ist ein weltweites Investitions- und Infrastrukturprojekt Chinas. Deutschland ist kein Teil davon. Die Initiative umfasst Projekte auf dem Landweg und auf dem Seeweg, die zur „Maritimen Seidenstraße“ gehören.
Die „Neue Seidenstraße“ leitet sich von der weltberühmten Seidenstraße ab, einer Handelsroute, die bis in die Antike zurückreicht und sich bis nach Europa erstreckte.
Heute investiert China mit der Initiative in Afrika, Zentralasien und anderen Teilen der Welt in Transportwege und baut etwa Schienen, Straßen, Brücken und Häfen oder kauft sie auf, wie den Hafen von Piräus in Griechenland. Peking schickt meist chinesische Firmen, die die Bauvorhaben vor Ort umsetzen, und tritt auch als Kreditgeber auf. Deshalb wird kritisiert, dass sich vor allem finanzschwache Länder durch die „Neue Seidenstraße“ in eine große Abhängigkeit von China begeben.
Stand: 15. Oktober 2023
Dass sich an der Entwicklung etwas ändert, erwartet das Institut nicht: „Anders als in China bleibt es in Deutschland der Privatwirtschaft überlassen, welche Handelspartner sie findet“. Ein geplanter Rohstofffonds in Deutschland sei den Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zum Opfer gefallen. Zudem fehle es der EU am politischen Willen, wichtige Handelsabkommen wie den Mercosur-Vertrag mit der südamerikanischen Staatengruppe abzuschließen.
Gewachsen an Bedeutung für die Länder des Globalen Südens ist auch Russland, das „aufgrund der Sanktionen des Westens den Handel mit der Staatengruppe deutlich ausweiten konnte“. Dadurch drohe Deutschland als Wirtschaftspartner der Ländergruppe – zu der unter anderem Mexiko, Brasilien, Thailand und die Türkei gezählt werden – nach und nach eingeholt zu werden, wie der „Spiegel“ aus der Untersuchung weiter zitiert.
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