Bürgergeld-Debatte Neue Berechnung: Lohnt sich Arbeiten in Deutschland noch?

Neue Berechnungen zeigen, warum Arbeiten trotz der Bürgergeld-Erhöhung attraktiver bleibt. Quelle: imago images

Mit der Anhebung des Bürgergeldes um 12 Prozent entfachte die Diskussion darüber, ob Arbeiten noch attraktiv sei. Das Ifo-Institut hat diese Frage untersucht – und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis.

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Es war eine stolze Erhöhung: 61 Euro mehr erhalten alleinstehende Bürgergeldempfänger seit Jahresbeginn. Insgesamt beträgt das Bürgergeld nun 563 Euro. Doch es gibt Kritik: Aufgrund der zurückgehenden Inflation sei die Anhebung um zwölf Prozent nicht gerechtfertigt. Die Attraktivität der Arbeit leide darunter, heißt es von Seiten der FDP und der CDU. Doch fehlt durch das Bürgergeld wirklich der Anreiz, arbeiten zu gehen?

Eine neue Berechnung des Münchener Ifo-Instituts kommt zu dem Schluss: Arbeiten lohnt sich weiterhin. „Die von manchen Politikern aufgestellte Behauptung, wer nur Sozialleistungen beziehe, bekomme netto mehr als ein Geringverdiener, ist schlicht falsch“, sagt Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. Denn um das zu verhindern, gäbe es „die Freibeträge für Erwerbstätige bei der Anrechnung auf die Sozialleistungen“, heißt es in der Mitteilung des Instituts.

Um der Frage nachzugehen, ob das sogenannte Lohnabstandsgebot eingehalten wird, berechnete das Ifo Beispiele anhand typischer Haushaltskonstellationen. Das Lohnabstandsgebot stellt sicher, dass Sozialhilfeleistungen nicht die Gehälter bei geringen Lohnsätzen übersteigen – damit ein Anreiz zur Erwerbsaufnahme besteht. Wie hoch der Abstand sein muss, ist nicht definiert. Laut der Berechnung der Münchener Forscher werde dieses Gebot 2024 eingehalten. Sie kommen zu dem Schluss: Arbeiten führt in Deutschland immer zu einem höheren Einkommen. Wie diese Tabelle zeigt:



Ein Beispiel für das Ergebnis des Instituts: Ein alleinstehender Mensch lebt in einer Stadt mit einem mittleren Mietniveau und verdient 1000 Euro brutto. Nach den Abzügen von Steuern und Sozialabgaben erhält er schließlich 357 Euro netto. Jedoch besitzt er das Anrecht auf Sozialleistungen wie beispielsweise Wohngeld. Mit allen Sozialhilfen, die er erhalten kann, bekommt er 891 Euro. Wer nur Bürgergeld empfängt, erhält nur 563 Euro. Bei 2000 Euro brutto sind es für einen Alleinstehenden mit Sozialleistungen netto 1020 Euro, ohne 965 Euro; beide Beiträge sind wesentlich höhere als das Bürgergeld von 563 Euro.

Bei Alleinerziehenden ist der Effekt noch größer. Wer 1000 Euro brutto verdient, bekommt mit Sozialleistungen wie Kindergeld 2033 Euro heraus. Jemand ohne Arbeitseinkommen erhält 1553 Euro. „Wer allerdings keinerlei Sozialleistungen beantragt, der landet mit 1000 Euro brutto nur bei 622 Euro“, sagt Ifo-Forscherin Lilly Fischer

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Auch Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, vertritt die Meinung, dass sich Arbeiten trotz höherem Bürgergeld lohne. Der Grund: die Anhebungen des Wohngelds, der Kinderzuschläge und des Kindergeldes sowie ein höherer Grundfreibetrag. Doch nicht nur das höhere Einkommen spricht dafür weiterhin zu arbeiten, auch aus psychologischer Sicht bringt Arbeit positive Effekte mit sich.

Lesen Sie auch: Das sind die positiven Effekte von Arbeit

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