Deutschland ist in diesen Adventstagen ganz bei sich: Wohin man blickt ist die Stimmung im Keller. Die Wahl des Begriffs „Krisenmodus“ zum Wort des Jahres bringt es auf den Punkt. Staatsfinanzen, Kriege, Migration und Inflation – und das Licht am Ende des Tunnels? Muss wohl ein entgegenkommender Bus sein...
Von außen betrachtet könnte man meinen, das Land stürze sich lustvoll in eine kollektive Depression. Dabei hat jede Zeit ihre eigenen Krisen, die allerdings, rückwirkend betrachtet, meist weniger bedrohlich erscheinen als die aktuellen. Die Finanzkrise 2008, die Flüchtlingskrise 2015 wurden schlussendlich gemeistert – trotz mahnender Stimmen, die seinerzeit den unmittelbar bevorstehenden Untergang des Abendlandes vorhersagten.
Und heute? Seit dem wegweisenden Spruch des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt Mitte November vermittelt die Politik in Deutschland den Eindruck, als sei jetzt die finale, ultimative Krise ausgebrochen. Diesmal wirklich.
Zum Autor
Harald Christ ist Unternehmer und ehemaliger FDP-Schatzmeister.
Zeit, um sich neu zu orientieren!
Der britische Historiker Harold James hat kürzlich in einem klugen Essay in der „FAZ“ auf den Zusammenhang zwischen der deutschen Lust an der Krise und den damit einhergehenden Stresstests für die parlamentarische Demokratie hingewiesen. Und es stimmt ja: Wenn der Eindruck nicht täuscht, dann stehen dem Land (wie auch einigen seiner Nachbarn) im kommenden Jahr politisch unruhige Zeiten bevor. Von drohenden Unwettern aus Übersee wie der US-Präsidentenwahl im November ganz zu schweigen.
Umso wichtige wäre es nun, die bevorstehende Zeit bis Neujahr einmal dazu zu nutzen, um sich neu zu orientieren: Wo steht dieses Land wirklich – abseits von allen Tatarenmeldungen und dem Alarm-Gekreische in den sozialen Medien? Denn blicken wir einmal vom Smartphone auf, nehmen wir die Kopfhörer ab, dann zeigt sich ein Bild, das neben allen Problemen durchaus auch optimistische Züge trägt.
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Deutschland steuert nämlich trotz KTF-Urteil aus Karlsruhe keineswegs auf einen Staatsbankrott zu! Die Gesamtverschuldung ist, verglichen mit der einzig hier relevanten Kennzahl, dem Bruttoinlandsprodukt, niedriger als in den meisten anderen Staaten. Die in der Etatplanung fürs kommende Jahr fehlende Summe von 17 Milliarden Euro sollte keine Regierung vor unüberwindbare Probleme stellen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die beteiligten Politiker der Ampelkoalition ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden – und der Versuchung widerstehen, um kleinlicher oder vermeintlicher parteipolitischer Geländegewinne willen das Ganze in Frage zu stellen. Willy Brandts Diktum „Erst kommt das Land, dann die Partei“ ist heute aktueller denn je!
Die Frage, ob die handelnden Politiker von SPD, Grünen und FDP über ihre jeweils unterschiedlich lange Schatten zu springen vermögen, ist dabei deshalb von so zentraler Bedeutung, weil sich erweist, wie viel Widerstands- und Bindungskraft die politische Mitte gegenüber den zerstörerischen, weil zentrifugalen Kräften hat, die sich derzeit vor allem im rechten Spektrum bündeln. Dabei geht es beileibe nicht darum, ob die Bürgerinnen und Bürger einem Haufen aus Rechtsradikalen, Verschwörungstheoretikern und völkischen Hetzern tatsächlich zutrauen, ein Bundesland oder sogar die Republik zu regieren, sondern darum, ob den Regierenden zugetraut wird, aktuelle Probleme zu lösen.
Erste Hilfe, wenn alles zu viel wird: 12 Tipps mit Sofortwirkung
Die negativen Begleiterscheinungen von Stress häufen sich oft unbemerkt über die Wochen an. Wenn Sie es merken, liegt häufig schon einiges im Argen. Mit kleinen Maßnahmen können Sie versuchen, wieder ein bisschen mehr ins Lot zu kommen.
Tun Sie sich etwas Gutes und konzentrieren Sie sich vollkommen darauf, zum Beispiel eine Tasse Tee trinken, ein Stück Schokolade genießen, einen angenehmen Geruch wahrnehmen.
Denken Sie ganz konkret an etwas besonders Schönes wie Ihren bevorstehenden Urlaub. Was werden Sie einpacken, welches Lieblingskleid werden Sie tragen, welche Sonnencreme ist am besten?
Kritzeln Sie etwas auf Papier, das Ihnen gerade einfällt, ob Strichmännchen oder Blumen, oder malen Sie Kästchen oder ein Logo aus.
Stellen Sie Ihren Blick auf unendlich – schauen Sie in die Ferne, in den Himmel oder zum Horizont, möglichst ohne etwas zu fixieren.
Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Spüren Sie an Ihren Nasenflügeln, wie er hinein- und hinausströmt, ohne dass Sie etwas dafür tun müssen.
Atmen Sie mehrmals tief ein und länger aus – gern mit einem Seufzer. Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, den sogenannten Erholungsnerv.
Legen Sie eine Hand auf Ihr Herz; das aktiviert das Entspannungshormon Oxytozin.
Lächeln Sie. Finden Sie den Grund dafür in Ihrer Umgebung, vielleicht Blumen, Ihre Kleidung, die nette Kollegin, einen interessanten Menschen, der vorübergeht.
Bewegen Sie sich. Schütteln Sie sich, als seien Sie ein Wackelpudding, steigen Sie Treppen, hüpfen Sie zu Ihrem Lieblingssong.
Sprechen Sie mit einem lieben Menschen. Besuchen Sie ihn oder rufen Sie an und sagen Sie ihm/ihr, dass Sie ihn/sie mögen und einfach mal auftanken wollen.
Schreiben Sie zehn Dinge auf, die Sie an sich mögen. Auch vermeintliche Nichtigkeiten zählen.
Schreiben Sie zehn Dinge und Menschen auf, die Sie lieben.
Verzichtet auf populistischen Zirkus!
Der Blick auf die gegenwärtige Opposition erweist, dass die Brisanz dieser Frage auch bei den Unionsparteien noch nicht begriffen worden ist. Wo staatspolitische Verantwortung gefragt ist, muss auf populistischen Zirkus verzichtet werden. Denn wem der nützt, ist nun hinlänglich bekannt: Denen, die noch lauter schreien können. Aber nicht nur die Politik, auch die Bürgerinnen und Bürger sind in der Pflicht. Es ist ihnen zuzumuten, sich der Erkenntnis zu stellen, dass Deutschland – trotz aller Probleme – ein starkes, stabiles und lebenswertes Land ist. Dass der permanente, vermeintliche Krisendruck auch durch soziale Medien getriggert wird – und sich das Leben außerhalb der eigenen Echokammer möglicherweise ganz anders anfühlt als es das Geschrei aus dem Internet ihnen suggeriert.
Schließlich gibt es immer auch die Alternative im Umgang mit Krisen: Den Mut zum Aufbruch, die Lust, Probleme zu lösen und Hürden zu überwinden. Gemäß dem weisen Satz von Franz Müntefering: „Wir müssen die Welt nehmen wie sie ist – aber wir dürfen sie nicht so lassen...“ Damit dürfte die größte Herausforderung für das Jahr 2024 beschrieben sein: Es gilt, die Krisendepression zu überwinden, eine Aufgabe, der sich die gesamte Gesellschaft stellen muss. Die allermeisten Probleme sind für sich genommen eher lösbar als wenn sie mit anderen verknüpft werden.
Der Begriff „Krisenmodus“, den die Gesellschaft für deutsche Sprache nun mit dem Titel „Wort des Jahres“ quasi geadelt hat, beschreibt einen Zustand, der vor allem reaktives, kurzfristiges und gelegentlich auch improvisiertes Verhalten erfordert. Vergleichbar mit einem Tennisspieler, der vom aggressiven Spiel seines Gegners gezwungen ist, von der eigenen Grundlinie aus die auf ihn zufliegenden Bälle zu retournieren. Mit Blick auf das neue Jahr sollte damit die Marschroute klar sein: Wir müssen raus aus diesem Modus. Der Jahresanfang 2024 ist dafür der richtige Zeitpunkt!
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