Rüstungsdebatte Iris-T-SLM und 12 weitere Waffensysteme für die Ukraine – das sind die Probleme

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Panzer BMP-1, Marder, Gepard

Schützenpanzer BMP-1

Panzer BMP1 (wie Pbv 501) aus russischer Produktion wurde von der NVA (Nationale Volksarmee) der DDR in die Bundeswehr übernommen. Quelle: imago images

Was kann das System?
Der auch PbV-501 genannte Schützenpanzer ist schwimmfähig und kann neben der dreiköpfigen Besatzung acht Soldaten befördern. Der Transporter wehrt sich mit seiner Panzerabwehrrakete 9M14, einem Maschinengewehr und der 73-Millimeter-Kanone, deren panzerbrechende Hohlladungsgranaten über eine Distanz von bis zu 1300 Metern treffen. Durch das Einspritzen von Diesel in den Auspuff kann sich das Fahrzeug in einen dichten Nebel hüllen und für Gegner unerkennbar machen.

Wann und von wem gebaut?
Vom BMP-1 bauten ab 1966 staatliche Hersteller in Russland, Tschechien und später auch China angeblich 55.000 Exemplare – mehr schaffte bislang kein anderer Schützenpanzer.  

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Der Panzer ist mit gut 13 Tonnen Gefechtsgewicht relativ leicht. Das macht ihn trotz des nur 300 PS starken Motors wendig und als Truppentransporter immerhin besser als geschützte Lkw. Dazu ist der BMP-1 wegen seiner flachen Bauweise vergleichsweise unauffällig im Feld. Doch im Vergleich zu modernen Waffen ist für die Besatzung die Sicht begrenzt. Und weil er vor allem von hinten schlecht geschützt ist, eignet er sich kaum für Rückzugsgefechte. Das zeigte sich in den vielen Konflikten, in denen der Kampfwagen in den vergangenen gut 50 Jahren aktiv war. So ist er eher eine Zwischenlösung, bis die Ukraine bessere Systeme bekommt wie den Marder.

Kann die Ukraine es nutzen?
Als langjährige Standardwaffe des roten Armee und dank der relativ einfachen Technik ist der BMP-1 für die Streitkräfte schnell einsetzbar und einfach zu warten. Doch weil die Kampfwagen länger nicht ungenutzt waren, könnte es wegen der nötigen Überholung bis zum ersten Einsatz noch etwas dauern.

Schützenpanzer Marder

Schützenpanzer Marder Quelle: imago images

Was kann das System?
Wie alle deutschen Panzer der Nachkriegszeit trägt auch der Marder einen Raubtiernamen, als Zeichen dafür, dass er flink, gefährlich und hart im Nehmen ist. Dazu ist er extrem vielseitig, denn er kann als Schützenpanzer Truppen transportieren und durch bis zu zwei Meter tiefes Wasser fahren. Mit Abwehrwaffen wie der Milan-Rakete und seiner 20-Millimeter-Maschinenkanone bekämpft das 35 Tonnen schwere Fahrzeug mit dem 600-PS-Motor feindliche Infanterie und geschützte Fahrzeuge bis zum Kampfpanzer. Dank mehrerer Verbesserungen bei Waffen und Schutzsystemen ist er vielen russischen Systemen überlegen.

Wann und von wem gebaut?
Den Marder kam 1971 zur Bundeswehr und wurde von Rheinmetall und ihren Vorgängerunternehmen gebaut. Weil sich die Auslieferung des Nachfolgers Puma verzögerte, ist er bis heute im Dienst und wird immer noch durch „Kampfwertsteigerungen“ verbessert. 

Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Wegen der relativ hohen Sicherheit, seiner Flexibilität, den starken Waffen und der vergleichsweise einfachen Bedienung ist der Kalte-Kriegs-Panzer eine ideale Ergänzung für die Armee der Ukraine in den erwarteten Feldschlachten im Osten des Landes.

Kann die Ukraine es nutzen?
Als altmodisches und vergleichsweise undigitales Fahrzeug ist der Umgang mit dem Marder laut Experten für routinierte Soldaten leicht zu lernen. Die Ausbildung an seinen Kampfsystemen dauert bis zu sechs Wochen. Doch auch die könnte schnell gehen, weil die Ukraine wahrscheinlich die ausgemusterten Fahrzeuge der älteren Generationen bekommen würde. 

Flugabwehrpanzer Gepard

Flugabwehrpanzer Gepard Quelle: imago images

Was kann das System?
Während moderne Flugabwehr auf genau platzierte Schüsse setzt, arbeitet der knapp 48 Tonnen schwere Gepard mit dem 830-PS-Motor vergleichsweise analog und einfach. Seine Kanonen bauen in einem genau definierten Sektor am Himmel vor jedem Angreifer quasi eine dichte Wolke von Schwermetallsplittern auf, der kein Fluggerät entkommt. Weil sich diese anders als Lenkwaffen nicht durch Täuschkörper, Störsender oder schnelles gegensteuern ablenken lassen, gilt er als Pilotenschreck. Dazu wirkt der Gepard nicht nur gegen Tiefflieger, sondern sogar noch besser gegen die vergleichsweise langsamen Drohnen, denen bislang fast keine Armee etwas entgegenzusetzen hat. Darum schützt Katar während der kommenden Fußball-WM seine Stadien mit Geparden von Angriffen durch Tiefflieger oder Drohnen, ebenso wie zuvor andere, etwa Brasilien bei seiner Fußball-WM oder der Olympiade.

Wann und von wem gebaut?
Nach mehreren Fehlversuchen bekam 1973 die Münchner Krauss-Maffei (damals noch ohne Wegmann) den Auftrag und kombinierte im Grunde den Unterbau des Leopard-1-Kampfpanzers mit einer 35-Millimeter-Zwillingskanone der Schweizer Oerlikon (heute Teil von Rheinmetall). Wegen der vergleichsweise teuren Weiterentwicklung stellte die Bundeswehr das Projekt ab 2010 ein, was mangels eines bis heute fehlenden Systems zur Drohnenabwehr heute als Fehlentscheidung gilt.



Was bringt es der Ukraine und hilft es?
Wegen seiner einzigartigen Arbeitsweise und der im Vergleich zu klassischen Flugabwehr-Systemen extrem hohen Mobilität gilt der Gepard als ideale Abwehr von tieffliegenden Angreifern und Drohnen, die sich in allen Konflikten der jüngeren Zeit zu einer der größten Bedrohungen der Landstreitkräfte entwickelt haben.

Kann die Ukraine es nutzen?
Das wird schwierig. Die Ausbildung galt in der Bundeswehr seinerzeit als die schwierigste in der Truppe, auch weil die nötige Treffsicherheit viele Übungsschüsse erforderte. Dazu fehlt derzeit Munition für einen längeren Kampf. Wie mehrere Kenner der Materie berichten, gibt es in Deutschland wohl nur rund 30.000 Schuss Munition. Weil die Zwillingskanone pro Salve 14 der großen Patronen verwendet, könnte jeder der 50 Geparden somit nur gut 40 Salven feuern – und dann wäre erstmal Schluss. Denn für das verwendete Kaliber 35 Millimeter gibt es nur wenige Hersteller.  

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