Schlechte Umfragewerte Scholz und die SPD: Da kippt gerade etwas

Der Kanzler

Die SPD hat einen Olaf Scholz. Mit Vernunft und klarem Kompass. Im Kanzleramt. Das klang für Sozialdemokraten mal wie eine Verheißung. Lange her. Ein Kommentar.

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Als die SPD noch in Form des Juniorpartners in der großen Koalition regierte, war das Klagen groß: Ach, was für einen Unterschied es doch machen würde, wenn im Kanzleramt endlich mal wieder ein Sozialdemokrat säße! Das hörte man immer wieder. Jemand mit Ambitionen und Entscheidungslust, Fortschritt statt Raute! Wäre das schön.

Vorsicht vor Wünschen, die in Erfüllung gehen könnten, möchte man den Genossen heute zurufen. Auf den Kanzler kommt es an? Ja, tut es, nur ganz anders als einst erhofft. Olaf Scholz steckt in einer derart gravierenden Krise, politisch, persönlich, demoskopisch, dass es derzeit wirklich viel Fantasie bedarf, sich vorzustellen, wie er und seine Partei da wieder herauskommen wollen.

Da kippt gerade was. Die ersten zwölf, achtzehn Monate seiner Regierungszeit konnte man in der SPD noch eine Grundimmunisierung gegen politische Panik feststellen. Hatten nicht schon im Wahlkampf 2021 so ziemlich alle (Journalisten eingeschlossen) über die Kanzlerambitionen von Scholz gelächelt? Es kam bekanntlich anders – und das hat nicht nur beim heutigen Regierungschef das Selbstbewusstsein weiter genährt, es besser zu wissen und zu können als alle anderen. Es hat auch bei notorisch nörgeligen Sozialdemokraten lange Zeit für Zufriedenheit und Unerschütterlichkeit gesorgt: Am Ende wird schon alles gut, und wenn es noch nicht gut ist, dann war es eben noch nicht das Ende.



Was hat uns bloß so ruiniert?

Aus und vorbei. Dass gerade in der Bundestagsfraktion mittlerweile doch die Nervosität üppige Blüten treibt, ist zunächst nicht weiter verwunderlich. Bei 15, 16 Prozent in jüngsten Umfragen kann sich jede und jeder der Abgeordneten ausrechnen, ob es 2025 für den Wiedereinzug in den Bundestag reichen wird. Spoiler: Kannste Dir abschminken. Dazu kommt die Aussicht auf ein desaströses Landtags- und Europawahljahr 2024, mit womöglich historischen Niederlagen im Osten.

Das ist das eine. Das andere ist die nicht mehr zu leugnende Erkenntnis, dass in dieser Ampel nicht mehr zusammenwächst, was wohl nie zusammengehörte. Es gibt keinen rot-gelb-grünen Mehrwert, den man politisch verteilen und inszenieren könnte. Aus Sollbruchstellen werden Risse. Das nicht enden wollende Gezerre um die Schuldenbremse ist ein typisches Beispiel. Und überhaupt hat das Karlsruher Haushaltsurteil den Nimbus des Kanzlers, ein Meister der Details und des sauberen Handwerks zu sein, nachhaltig ramponiert. Auch und gerade in den eigenen Reihen.

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All das verbindet sich mit Scholz' eklatanter Rhetorik-Mangellage. Angeblich soll er bei der Fraktionsklausur in diesen Tagen versprochen haben, dass der intern durchaus emotional und gewinnend auftretende Olaf künftig auch öfter da draußen zu hören und sehen sein wird. Das muss er aber erst beweisen. Bisher redet der Kanzler, aber er spricht nicht. Er dringt nicht durch. Er behandelt Themen, aber er berührt nicht. Aber gerade auch Sozialdemokraten wollen nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen erreicht werden. 

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Auf den Kanzler kommt es also an? Leider ja, sagen die Genossen.

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