Trotz des Urteils zum Klimafonds will der Bund weiter große Teile des niederländischen Stromnetzbetreibers Tennet übernehmen. „Die Bundesregierung verfolgt weiterhin die Absicht, den Übertragungsnetzbetreiber Tennet in das Eigentum des Bundes zu überführen“, sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Sonntag. „Die seit Monaten intensiv geführten Verhandlungen sind – trotz sehr weitgehender Fortschritte – noch nicht zu einem Ergebnis gelangt.“
Mit der Übernahme würde der Bund ein Unternehmen erwerben, das zentral für die Versorgungssicherheit und die Umsetzung der Energiewende sei. „Die Übernahme ist die Voraussetzung für den dringend notwendigen Netzausbau im Versorgungsgebiet von Tennet.“
60 Milliarden Euro durch KTF-Urteil gesperrt
Reuters hatte am Freitag berichtet, das Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds mache der Bundesregierung eine Kaufentscheidung erheblich schwerer. Mit den Gesprächen Vertraute sagten, zwar sei man sich beim milliardenschweren Kaufpreis für den deutschen Tennet-Teil mit der niederländischen Regierung bereits sehr nahe gekommen. Das Gerichtsurteil, wonach 60 Milliarden Euro aus dem Klimafonds gesperrt werden, mache den Schritt für die Bundesregierung aber erheblich schwerer. Der Preis von gut 20 Milliarden Euro solle zwar nicht aus dem Fonds, sondern über die KfW bezahlt werden. Wenn die Regierung aber andere Investitionsprojekte zusammenstreichen müsse, sei der Erwerb schwer vermittelbar. Tennet erklärte am Freitag dazu, die Gespräche liefen noch und man äußere sich nicht zum Verlauf.
Die Verhandlungen mit der niederländischen Regierung über deren Staatskonzern ziehen sich seit Jahren. Deutschland und besonders das Wirtschaftsministerium haben großes Interesse, da Tennet die wichtigen Nord-Süd-Stromautobahnen für die Energiewende baut und betreibt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist angesichts der Kosten zurückhaltender. Das Bundesfinanzministerium erklärte, man äußere sich nicht zu den Aussagen des Wirtschaftsressorts vom Sonntag.
Bereits im Oktober hatte Reuters über eine weitere Verschiebung des Kaufs berichtet, da man sich nicht über den Kaufpreis mit ausreichendem Abstand vor den Parlamentswahlen in den Niederlanden einigen konnte. Diese sind für den 22. November geplant. Die Regierung hat dort zugesichert, das Parlament eng in die Entscheidung einzubeziehen.
Die Niederlande wollen den deutschen Tennet-Teil verkaufen, denn sie scheuen die nötigen Investitionen von rund 100 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. Davon würde der größte Teil auf Deutschland entfallen.
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