Tracking der Energiewende #2 Biomasse und Co: Bayern enttäuscht mit Windkraftalternativen

Energiewende in Deutschland: Der Rückstand wächst. Quelle: imago images

Um mehr Windkraft in Bayern zu verhindern, will Markus Söder die Spitzenstellung bei Geothermie, Biomasse und Wasserkraft stärken. Einen echten Beitrag zur Energiewende bliebe sein Bundesland so schuldig.

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Auch in der dritten Woche des Jahres setzt sich der Trend der Vorwoche beim Ausbau der Erneuerbaren Energien fort: Von niedrigem Niveau geht es weiter abwärts. Nachdem in der Vorwoche noch 59 Megawatt Leistung hinzugekommen waren, sind es in dieser Woche nur noch 57.

Damit bleibt der Ausbau erneut deutlich hinter dem zurück, was wöchentlich notwendig wäre, um das von der Bundesregierung ausgerufene Jahresziel zu erreichen.



Schuld an der weiteren Abschwächung des Ausbaus ist nicht die Fotovoltaik, hier fiel der Ausbau mit 53 Megawatt deutlich größer aus als in der Vorwoche – und blieb dennoch um mehr als die Hälfte unter dem eigentlich notwendigen Wert.



Besonders viel Leistung kam in der vergangenen Woche aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und insbesondere Mecklenburg-Vorpommern, wo ein einziger großer Solarpark (17 Megawatt) den Schnitt des gesamten Landes merklich anhob.

Dass die Zahlen dennoch unter dem schon schwachen Wert der Vorwoche blieben, lag am mangelnden Ausbau der Windkraft: In der vergangenen Woche ist nur eine einzige Windkraftanlage ans Netz gegangen: Sie steht in Thüringen.



Insofern hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sein Reiseziel gut gewählt. Am Donnerstag kam er nach Bayern, das zusammen mit Baden-Württemberg einzige Bundesland, in dem bis heute kein nennenswerter Ausbau der Windkraft stattgefunden hat. In Bayern wird dieser vor allem durch die sogenannte 10H-Regelung verhindert, die einen so großen Abstand der Anlagen zur Wohnbebauung vorschreibt, dass faktisch kaum noch Standorte für den Ausbau übrig bleiben. Prinzipiell könnte Habeck diese Regelung einfach kassieren: Bund sticht Land. Und so mühte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Treffen eifrig, ihn davon abzuhalten. Mehr Anlagen im Wald etwa könne man sich vorstellen, auch ein Ausbau von Geothermie, Wasserkraft und Biomasse sei gut denkbar, hier sei Bayern ohnehin bereits führend. Und natürlich Sonne. Schaut man sich diese Versprechen im Detail an, so zeigt sich, dass an den Aussagen durchaus etwas dran ist – zum Erreichen der Energiewende aber sind sie kaum geeignet.

Zunächst ist festzuhalten, dass Söders Aussagen zutreffen: Nirgendwo stehen mehr Fotovoltaikanlagen als in Bayern, auch in den drei Wochen dieses Jahres entstand hier mit 35 Megawatt mehr Leistung als überall sonst. Auch bei den anderen von Söder genannten Energieträgern liegt Bayern vorn. Gut 80 Prozent der geothermischen Leistung stammen aus Bayern, mehr als die Hälfte der Wasserkraft und gut 20 Prozent der Energie aus Biomasse. Es folgt das große Aber: So beeindruckend der Ausbau der Solarenergie sein mag, so sehr gilt es diesen zu relativieren. Da die Anlagen ihre Spitzenleistung deutlich seltener abrufen als Windräder, ist jedes Megawatt nominale Leistung hier deutlich weniger wert.



Bei der Geothermie wiederum gehört zur Wahrheit dazu, dass diese als Energieträger bisher schlicht keine Rolle spielt. Die gesamte verfügbare Leistung liegt bei gut 51 Megawatt – weniger als der Zubau an Solaranlagen allein in der vergangenen Woche.

Die Wasserkraft wiederum trägt mit 4,5 Gigawatt durchaus ihren Teil zur Energieversorgung bei. Für den Ausbau, um den es jetzt geht, spielt sie dennoch kaum eine Rolle. Zum einen sind die nutzbaren Gewässer dafür begrenzt, zum anderen wird schon die Idee jedes weiteren Projekts rabiat von lokalen Bürgergruppen bekämpft. Das Ergebnis: Im gesamten vergangenen Jahr kamen gerade einmal 4,5 Megawatt Leistung hinzu. Ähnlich, wenn auch auf einem etwas höheren Niveau, stellt sich das Problem bei der Biomasse dar, wo das Potenzial im Land mehr oder weniger ausgeschöpft zu sein scheint. Insgesamt stammen 8,7 Gigawatt Leistung aus den Anlagen, seit 2021 kamen jedoch nur weitere 180 Megawatt hinzu.

Mehr zum Thema: Kaum ein Vorhaben aus dem Haus von Robert Habeck ist so umstritten wie der Plan, zwei Prozent des Landes mit Windkraftanlagen zu bebauen. In Bayern sind die Widerstände besonders groß – obwohl es dort sogar „Windkümmerer“ gibt. Kampf um die Windkraft: Ein Sturm zieht auf

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